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Die Tochter der Suendenheilerin

Die Tochter der Suendenheilerin

Titel: Die Tochter der Suendenheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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Bauch.
    »Fromme, standesbewusste Leute«, ergänzte Alexander, und für einen Augenblick glaubte Antonia, in seinen Augen denselben scherzhaften Ausdruck wie in denen ihres Vaters zu entdecken.
    »Wie auch immer«, sagte Philip, »wenn wir keinen Fehler begehen, haben wir nicht viel zu befürchten. Möglicherweise gelingt es uns sogar, unsere Stellung vor den Augen des Bischofs gegenüber der der Regensteiner zu verbessern.«
    Lena horchte auf. »Du meinst, Hugo vom Waldsee könnte sich zu einem unserer Fürsprecher entwickeln?«
    »Das wäre vermutlich zu viel verlangt, aber er wird sehen, dass unser Lebenswandel weitaus solider ist als der des Grafen von Regenstein. Zumindest habe ich keine Bastarde in die Welt gesetzt.«
    »Ich glaube nicht, dass man dir das hoch anrechnen wird. Soweit ich weiß, hat der Bischof von Halberstadt selbst welche«, bemerkte Lena trocken.
    Zur Vesper, dem Abendgebet, traf sich die gräfliche Familie gemeinsam mit ihren Gästen in der kleinen Kapelle der Burg. Der neue Kaplan kam seiner Aufgabe gewissenhaft nach und begann das Abendgebet.
    »Iucunda lux tu gloriae, fons luminis de lumine,
    beate Iesu caelitus a Patre sancto prodiens.
    Fulgor diei lucidus solisque lumen occidit,
    et nos ad horam vesperam te confitemur cantico.
    Laudamus unicum Deum, Patrem potentem, Filium cum Spiritu Paraclito in Trinitatis gloria.
    O digne linguis qui piis lauderis omni tempore,
    Fili Dei, te saecula v itae datorem personent.
    Amen.« 1
    Nach jedem Halbsatz unterbrach er kurz, damit die gräfliche Familie die Worte nachbeten konnte. Antonia kniete zwischen ihrer Mutter und Sachmet und erheiterte sich über den inbrünstigen Gesichtsausdruck, den Sachmet zur Schau trug.
    Nachdem das Gebet gesprochen war, folgten fünf Psalme. Dann wollte der Kaplan sich erheben, doch Philip blieb auf den Knien.
    »Wir beenden die Vesper stets mit dem Sub tuum praesidium «, erklärte er dem Geistlichen. »Haltet Ihr es etwa anders?«
    Sofort kniete der Kaplan wieder nieder und stimmte das Gebet an. Antonia warf ihrer Mutter einen Blick zu.
    »Jetzt übertreibt Vater aber«, raunte sie ihr zu.
    »Ein wenig«, flüsterte ihre Mutter lächelnd zurück.
    Dem Kaplan war deutlich anzusehen, dass er sich nach dem Ende des Gebets sehnte. Vermutlich hatte er den ganzen Tag lang nichts gegessen, und auch wenn er von hagerer Gestalt war, so besagte dies längst noch nicht, dass er den Genüssen der Tafel tatsächlich abgeneigt war.
    Doch hier erwartete ihn die zweite Überraschung. Zunächst verlangte Antonias Vater das Tischgebet in einer Ausführlichkeit und Länge, wie sie es noch nie erlebt hatte. Und dann wurden auch noch die salzigen Heringe, das Brot vom Vortag und Krüge mit gesäuertem Wasser aufgetragen. Das Gesicht des Kaplans wurde immer länger.
    »Mir ist nicht bewusst, dass heute ein Fastentag wäre«, bemerkte er.
    »Nein«, antwortete Philip. »Wir fasten am Mittwoch und Freitag, so wie es in Ägypten Brauch ist. Dann gibt es keinerlei tierische Erzeugnisse, denn wir wollen der Zeit des Paradieses gedenken, als Löwe und Lamm noch im Einvernehmen lebten. Greift zu! Heute gibt es Hering, eine Speise, die in ihrer Demut jenen angemessen ist, die auf Gottes Beistand in schweren Zeiten hoffen. Ihr wisst sicher, dass mein ältester Sohn und meine jüngste Tochter auf Burg Regenstein gefangen gehalten werden. Wie könnten wir hier im Überfluss leben, während sie darben müssen?«
    Der Kaplan räusperte sich. »Mir ist bislang nicht bekannt geworden, dass die Regensteiner ihre Geiseln hungern ließen.«
    »Dennoch üben wir uns in Demut, bis uns Recht widerfahren ist.« Philip musterte den Kaplan scharf. »Man sagte mir, Ihr seid ein frommer Mann und wir könnten uns glücklich schätzen, Euren Beistand zu erhalten. Ihr seid doch meiner Meinung, nicht wahr?«
    »Es ist wichtig, Maß zu halten«, bestätigte der Kaplan. »Doch es muss das rechte Maß sein.«
    »Wollt Ihr meine Auffassung der Demut tadeln?«
    Hugo räusperte sich. »Das steht mir nicht zu.«
    »Sprecht ruhig frei von der Seele weg, Herr Hugo! In Ägypten lernte ich von meinen Eltern, dass Zeiten der Not besondere Demut erfordern, um Gott gefällig zu sein und sich seines Beistands zu versichern.«
    »Das ist lobenswert«, bekannte Hugo. »Und ich will gewiss nicht am ersten Abend an Eurem Lebensstil Tadel üben. Aber Gott ist mehr als Askese. Er ist das Leben.«
    Antonias Vater runzelte die Stirn, während ihre Mutter den Geistlichen aufmerksam

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