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Die Tochter der Tibeterin

Die Tochter der Tibeterin

Titel: Die Tochter der Tibeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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aus den Taring-Brüdern?«, flüsterte ich.
    »Die sind auch erledigt.«
    »Und die Mönche? Was können sie tun?«
    Chokra lachte erstickt auf. Sein Lachen klang wild und fast hysterisch.
    »Keine Sorge! Die werden sich schon bemerkbar machen. Und wenn die mal wirklich was vorhaben, kümmern sie sich nicht um das Blei, das gegen sie geschleudert wird.«
    »Wie du gesagt hast«, Atan antwortete wie ein Mann, der im Schlaf spricht und seine eigene Stimme nicht hört, »das Fest ist vorbei. Und morgen haben wir einen Volksaufstand.«
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33. Kapitel

    D ass Lithang eine hässliche Stadt war, brauchte mir keiner zu sagen. Das Leben der Bewohner verlief zwischen Baggern und Kränen, Schutthaufen und Scherben. Überall wurde gebaut, im chinesischen Stil natürlich, phantasielos und effizient. Bohren und Hämmern, Klirren und Scheppern, das waren die Geräusche, die täglich durch die Straßen hallten. Die urtümlichen Häuser, die Lithang früher ihre Eigenart verliehen, gab es kaum noch.
    »Sie wurden abgerissen oder im Stich gelassen, in aller Eile, wie bei einer Epidemie oder Überschwemmung«, sagte Atan. »Es ist eine neue Zeit, in der sich alles verändert und verschiebt. Eine chinesische Zeit, die sich ausdehnt und wächst, weil die Chinesen etwas entdeckt haben, das sie zusammenhält: ein politisches Gesicht.
    Ein Gespenstergesicht.«
    Es war die Wahrheit, dass nur noch einige alte Häuser standen, zugesperrt zumeist und verkommen. Und für mich, die ich ihre Geschichte kannte, war es, als hörte ich die alten Häuser murmeln und sprechen.
    Atan bewohnte noch ein solches Haus. Es gehörte eigentlich nicht ihm, sondern seiner Tante Dolma. Sie hatte früh ihren Mann verloren und keinen zweiten genommen. Ihr Sohn, der in Lhasa lebte, schickte ihr Geld. Nicht viel, aber Dolma kam damit aus. Sie war, obwohl sie anspruchslos lebte, eine Frau mit Geschmack.
    »Das Haus war stark beschädigt«, erinnerte sich Atan. »Ein paar Jahre lang nahm Dolma mit dem vorlieb, was vorhanden war. So nach und nach habe ich das Haus instandgesetzt. Jetzt sagt Dolma, es sei mein Haus. Aber das stimmt nicht. Ich wohne bei ihr nur im Winter.«
    »Wird sie mich mögen, Atan?«
    »Sie ist resolut, wie man es von einer Frau erwartet. Stark in der Tradition verwurzelt. Sie redet nie über andere Menschen, es sei denn, sie hat etwas Gutes zu berichten. Sie wird dich mögen, denke ich. Nach einer gewissen Zeit bestimmt.«
    »Du warst dreimal verheiratet…«
    »Dolma verteilte ihre Zuneigung sehr gleichmäßig. Sie wusste zwar, dass manche Dinge mich nie richtig berührten, glaubte jedoch, es sei besser, als wenn ich den anderen Weg gehen würde. Den Weg zur Flasche, meine ich.«
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    Atan hatte drei erwachsene Söhne, von denen er wenig sprach.
    Einer war Bahnangestellter, der andere Elektriker. Beide lebten in Lhasa. Sie hatten mit chinesischen Kindern gemeinsam die Schule besucht und sprachen perfekt Chinesisch. Das bedeutete, dass sie einen wesentlich höheren Lebensstandard als die durchschnittlichen Tibeter genossen.
    »Ich habe für jeden das Schulgeld gezahlt«, sagte Atan trocken.
    »Später gab man ihnen ein Stipendium. Man kann gut vorwärtskommen, unter der Bedingung, man denkt wie die Chinesen. Meine Söhne haben viele nette Freunde und setzen sich durch. Sie fühlten nie eine Erschütterung unter ihren Füßen. Sie leben zufrieden mit ihrer eigenen Wahrheit.«
    A tan besaß nicht einmal ein Photo von ihnen. Außer vom Jüngsten – Nambol –, der zwanzig Jahre alt war und in Neu-Delhi lebte. Ich betrachtete das Bild: Der junge Mann hatte ein nachdenkliches, redliches Gesicht. Die gerade Nase war wohlgeformt, der Mund zeigte weder Vorsatz noch Eifer. Er hatte etwas Ruhiges, fast Kaltes an sich, nicht wie Atan, der rastlos, erdverwurzelt und voll wilden Lebens war.
    »Er ist kein Draufgänger wie ich. Nein. Phantasie hat er auch nicht. Er ist ein Mensch mit Vernunft.«
    Atan zögerte, dann sprach er weiter.
    »Er redete nie zuviel, zeigte wenig Ehrgeiz. Ich machte mir Gedanken über seine Zukunft. Da er nichts freiwillig preisgab, sah ich mich gezwungen, ihn eines Tages zu fragen. Er zögerte, bevor er sagte, er wolle Naturforscher werden. Er sagte es mir beim Umblättern einer Seite. Naturforscher? Ich muss ihn grimmig angestarrt haben, denn er wurde verlegen. ›Und das Studium?‹, fragte ich, ›was wird es kosten?‹ Er sagte: ›Mach dir keine Sorgen deshalb, Pala!‹ Ich wollte aber doch den Preis wissen. Nambols Mutter

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