Die Tochter der Tryll Bd. 3 - Vereint
müde. »A ber ich muss jetzt los. Ich will die anderen nicht warten lassen.«
»O h, entschuldige.« Ich wich zur Seite und machte ihm Platz. Sein Arm streifte mich, aber es fiel ihm gar nicht auf. Als er an mir vorbeiging, sagte ich: »S ei vorsichtig.«
»T u doch nicht so, als sei ich dir wichtig«, murmelte er.
»N atürlich bist du mir wichtig«, sagte ich verletzt. »I ch habe nie etwas anderes behauptet. Das ist unfair.«
Er blieb stehen, drehte mir aber weiter den Rücken zu. »V or ein paar Tagen hast du noch ganz anders geredet.«
»D u aber auch«, sagte ich, und er wirbelte herum. »U nd du hast deine Wahl getroffen.«
Er hatte sich wieder und wieder für seine Pflicht entschieden und dafür mich geopfert.
»I ch hatte nie eine Wahl, Wendy«, sagte Finn frustriert.
»D u hattest immer die Wahl. Jeder hat die Wahl. Du hast dich entschieden, Finn.«
»U nd du auch«, sagte er schließlich.
»J a, ich auch.«
Er starrte mich noch einen Moment lang an, drehte sich dann um und ging.
Das hätte eigentlich nicht unser letztes Gespräch vor seiner Abreise sein sollen. Ein Teil von mir fürchtete immer noch um sein Wohlergehen, aber gleichzeitig wusste ich, dass Finn gut auf sich aufpassen konnte.
Es würden bald Überlebende bei uns eintreffen und ich musste den Palast vorbereiten. Da ich keine besonders gute Hausfrau war, würde ich Matt und Willa bitten, mir zu helfen. Die beiden hatten mehr Sinn fürs Häusliche.
Ich fand die beiden in Matts Zimmer, wo Willa gerade versuchte, Matt zu erklären, was in Oslinna passiert war, ohne ihn zu sehr zu verstören. Auf diese Art erzählten wir Matt meistens, was hier vor sich ging. Wir wollten ihn nicht komplett außen vor lassen, aber wenn er wüsste, gegen wen wir wirklich kämpften, würde er komplett durchdrehen.
»D ie Vittra haben Leute getötet?«, fragte Matt. Er saß auf seinem Bett und schaute zu, wie Willa ihr Haar glättete. Wir befanden uns zwar mitten in einer Krise, aber das bedeutete noch lange nicht, dass man es ihrem Haar ansehen musste.
»S ie haben Tryll getötet? Tatsächlich?«
»J a, Matt.« Willa stand vor dem Wandspiegel neben ihm und fuhr mit dem Glätteisen durch ihr langes Haar. »S ie sind die Bösen.«
»U nd sie machen das nur, weil sie hinter dir her sind?«, fragte Matt an mich gewandt.
»S ie machen es, weil sie kein Gewissen haben«, antwortete Willa an meiner Statt.
»U nd dieser Loki gehört zu ihnen, richtig?«, fragte Matt.
»N icht ganz«, sagte ich vorsichtig. Ich lehnte mich gegen die Wand.
»E r hat aber zu ihnen gehört«, sagte Matt. »E r hat dich entführt. Warum hängst du also dauernd mit ihm rum?«
»D as tue ich doch gar nicht.«
»D och, das tust du«, beharrte Matt. »U nd wie du mit ihm bei deiner Hochzeit getanzt hast? So benimmt sich keine verheiratete Frau, Wendy.«
»I ch habe gestern Abend mit hundert Typen getanzt.« Ich verlagerte mein Gewicht und starrte zu Boden.
»L ass sie in Ruhe, Matt«, sagte Willa. »S ie hatte ein bisschen Spaß auf ihrer eigenen Hochzeit. Das kannst du ihr nun wirklich nicht vorwerfen.«
»I ch werfe ihr doch gar nichts vor. Ich will sie nur verstehen.« Er kratzte sich am Hinterkopf. »W o ist dein Mann eigentlich?«
»E r ist unten und verabschiedet das Team«, sagte ich. »M it Instruktionen und aufmunternden Worten.«
»W olltest du sie nicht selbst verabschieden?« Willa drehte sich halb um und schaute mich an.
»N ein.« Ich dachte an mein Gespräch mit Finn und schüttelte den Kopf. »N ein. Tove kriegt das hin. Er ist jetzt der Prinz und kann auch Verantwortung übernehmen.«
»M oment mal.« Matt runzelte die Stirn. »E ine ganze Trollstadt wurde gerade von Kobolden verwüstet. Warum läuft da s nicht in den Nachrichten? Warum weiß niemand davon?«
»O slinna liegt abgelegen und versteckt in einem Tal«, erklärte Willa. »G enau wie alle anderen Tryll-Siedlungen. Wir leben verborgen und halten uns so weit wie möglich von Menschen fern.«
»A ber eine so große Schlacht muss doch jemand mitbekommen haben«, wunderte sich Matt. »W ir Menschen mögen ja begriffsstutzig sein, aber wenn vor unserer Haustür ein Krieg stattfindet, merken wir es bestimmt.«
»G elegentlich stoßen Menschen auf unsere Spuren und finden mehr heraus, als sie sollten«, sagte Willa. »A ber dafür gibt es die Überzeugungskraft. Falls Menschen gesehen oder gehört haben sollten, was in Oslinna vor sich ging – was wegen der isolierten Lage sehr unwahrscheinlich
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