Die Tochter der Tryll Verborgen Band 1
sein würdest. Wenn man nicht daran gewöhnt ist, kann es ziemlich verstörend sein, die Stimme einer anderen Person in seinem Kopf zu hören. Und bisher war es noch nicht nötig.«
»A ber bei dir war es nötig?« Ich verlangsamte meine Schritte, und er tat es mir nach. »S ie hat mit dir über mich geredet, stimmt’s?« Finn zögerte, und ich sah, dass er überlegte, ob er mich anlügen sollte.
»M anchmal«, gab er dann zu.
»K ann sie Gedanken lesen?« Entsetzliche Vorstellung.
»N ein. Das können nur sehr wenige.« Er sah mich an und lächelte schief. »D eine Geheimnisse sind sicher, Wendy.«
Wir gingen ins Esszimmer und Finn begann, mich für das Dinner vorzubereiten. Wie sich herausstellte, war ich kein kompletter Sozialkrüppel, sondern hatte sogar ein paar Manieren mitbekommen. Finns Instruktionen entsprachen nur dem, was der gesunde Menschenverstand ohnehin geboten hätte: immer »B itte« und »D anke« sagen und nur sprechen, wenn ich angesprochen wurde.
Ich glaube, seine Aufgabe bestand weniger darin, mich auf das Dinner vorzubereiten, als mich im Auge zu behalten. Elora hatte ihm wahrscheinlich telepathisch mitgeteilt, er solle den Babysitter spielen.
Das Abendessen begann am nächsten Abend um acht Uhr, und die Gäste wurden um sieben erwartet. Eine Stunde vorher schaute Rhys in meinem Zimmer vorbei, wünschte mir viel Glück und sagte, er sei jetzt bei Rhiannon, falls es irgendjemanden interessieren sollte. Kurz nachdem ich geduscht hatte, kam Finn ins Zimmer, und er sah noch besser aus als sonst.
Er war zum ersten Mal, seit er die Schule verlassen hatte, glatt rasiert, trug eine schwarze Hose, ein schwarzes Hemd und eine schmale weiße Krawatte. Das ganze Schwarz hätte eigentlich übertrieben wirken müssen, aber ihm stand es, und er sah unglaublich sexy aus.
Ich trug nur meinen Bademantel und fragte mich, warum niemand es unangebracht fand, dass ständig Jungs in mein Zimmer kamen, solange ich nicht vollständig angezogen war. Wenigstens tat ich gerade etwas, das mit gutem Willen als sexy zu bezeichnen war: Ich saß auf meinem Bett und cremte mir die Beine ein. Das machte ich nach jeder Dusche, aber da Finn im Zimmer war, versuchte ich, es als sinnliche Massage zu verkaufen, was es nun wirklich nicht war.
Aber Finn bemerkte meine Mühe gar nicht. Er klopfte einmal, öffnete dann die Tür, warf nur einen flüchtigen Blick auf mich und ging dann zu meinem Schrank. Ich seufzte frustriert und cremte mich schnell fertig ein, während Finn das Schranklicht einschaltete und meine Kleider durchwühlte.
»I ch glaube, in deiner Größe habe ich nichts«, sagte ich und beugte mich auf meinem Bett vor. Was machte er denn da drin?
»W itzig«, murmelte er abwesend.
»W as machst du denn da?«, fragte ich und beobachtete ihn. Er schaute nicht einmal auf.
»D u bist eine Prinzessin und solltest auch so aussehen.«
Er betrachtete meine Kleider und zog dann ein langes, weißes, ärmelloses Abendkleid heraus. Es war wunderschön und viel zu elegant für mich. Er kam aus dem Schrank und reichte mir das Kleid. »D as wird gehen. Probier es an.«
»I ch dachte, ich hätte nur meinem Status angemessene Kleider in diesem Schrank.« Ich warf das Kleid neben mich aufs Bett und schaute ihn an.
»S timmt, aber nicht jedes Kleid passt zu jeder Gelegenheit.« Er kam zum Bett, strich das Kleid glatt und überprüfte es auf Falten und Knicke. »D as ist ein sehr wichtiges Abendessen, Wendy.«
»W arum? Was macht es denn so wichtig?«, fragte ich.
»D ie Stroms sind sehr gute Freunde deiner Mutter, und die Kroners sind sehr wichtige Leute. Sie haben großen Einfluss auf die Zukunft.« Finn war offenbar mit dem Zustand des Kleides zufrieden und sah mich an. »M ach dich am besten fertig.«
»W ie beeinflussen sie die Zukunft? Was soll das heißen?«, drängte ich.
»D as erzähle ich dir ein andermal.« Finn nickte in Richtung Badezimmer. »D u musst dich beeilen, wenn du rechtzeitig fertig sein willst.«
»O kay«, seufzte ich und stand auf.
»T rag dein Haar offen«, befahl Finn. Meine Haare lagen nass und brav auf meinem Rücken, aber ich wusste, sie würden sich in ein wildes Lockendickicht verwandeln, sobald sie trocken waren.
»D as geht nicht. Ich habe unmögliche Haare.« Ich fuhr mit den Fingern durch meinen dunklen Schopf.
»W ir haben alle störrisches Haar. Sogar Elora und ich auch. Das ist der Fluch der Tryll«, sagte Finn. »D u musst lernen, es zu bändigen.«
»D ein Haar ist ganz
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