Die Tochter der Tryll Verborgen Band 1
hier warten müssen, bis besseres Wetter ist.«
»O h, ja, richtig, richtig.« Der Kanzler schaute auf die Regenwand und wurde ein bisschen blass. Er wendete sich wieder Elora zu, verneigte sich tief und küsste ihr die Hand. »M eine Königin, ich stehe zu Euren Diensten.«
Sie lächelte ihn gezwungen an und Finn wünschte ihm eine gute Fahrt. Der Kanzler würdigte mich keines Blickes und stürzte sich in den Regen hinaus. Finn schloss die Tür hinter ihm und Elora seufzte erleichtert auf. Dann sah sie mich angewidert an. »W as habt ihr denn gemacht?« Bevor ich antworten konnte, winkte sie ab. »E s ist mir egal. Zum Glück hat der Kanzler nicht begriffen, dass du die Prinzessin bist.«
Ich schaute auf meine schmutzigen, tropfnassen Kleider. Wie eine Thronerbin sah ich tatsächlich nicht aus. Irgendwie schaffte es Finn, auch patschnass noch vornehm auszusehen, und ich hatte keine Ahnung, wie er das machte.
»W orum ging es bei dem Besuch des Kanzlers?«, fragte Finn.
»A ch, du kennst ihn doch.« Elora verdrehte die Augen und setzte sich in Bewegung. »E r kommt ständig mit neuen Verschwörungstheorien an. Ich sollte wirklich das Gesetz ändern und den Kanzler ernennen und nicht von den Tryll wählen lassen. Die Leute fallen immer auf die größten Idioten rein.«
»E r sagte etwas von einem Vittra-Komplott«, fragte Finn beharrlich weiter. Er folgte ihr und blieb ein paar Schritte hinter ihr stehen, also ging auch ich ihnen nach.
»D as ist sicher alles Unsinn. Es waren schon seit mehr als hundert Jahren keine Vittra mehr in Förening«, sagte Elora im Brustton der Überzeugung.
»A ber seit die Prinzessin…«, begann Finn, doch sie hob die Hand und er verstummte. Dann wendete sie sich ihm zu und an ihrem Gesichtsausdruck erkannte ich, dass sie telepathisch mit ihm sprach. Nach einer Minute holte er tief Luft und erwiderte: »I ch meine nur, wir sollten die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen und mehr Wachen aufstellen.«
»A ber deshalb bist du doch hier, Finn.« Sie warf ihm ein beinahe aufrichtig wirkendes Lächeln zu, das dennoch seltsam bösartig wirkte. »N icht nur, weil du so hübsch bist.«
»I hre Majestät setzt zu großes Vertrauen in mich.«
»D as glaube ich wiederum sofort«, seufzte Elora und wandte sich ab. »Z ieht euch trockene Sachen an. Ihr tropft hier alles voll.«
Finn schaute ihrer sich entfernenden Gestalt einen Augenblick lang nach, und ich wartete neben ihm, bis ich sicher war, dass sie uns nicht mehr hören konnte. Aber eigentlich zweifelte ich daran, dass sie jemals gänzlich außer Hörweite war.
»W as war los?«, flüsterte ich.
»N ichts.« Finn schüttelte den Kopf und warf mir einen Blick zu, als sei ihm erst gerade wieder eingefallen, dass ich neben ihm stand. »D u solltest dich umziehen, bevor du krank wirst.«
»D as war nicht nichts. Wird es einen Angriff geben?«, beharrte ich, aber Finn drehte sich um und ging in Richtung Treppe. »W as ist denn nur mit euch los? Immer, wenn ich eine Frage stelle, hauen alle ab!«
»D u bist tropfnass, Wendy«, sagte Finn sachlich, und ich eilte ihm nach, denn ich wusste, er würde nicht auf mich warten. »U nd du hast alles gehört. Du weißt genauso viel wie ich.«
»D as stimmt nicht! Ich weiß, dass sie dir telepathisch etwas eingeflüstert hat«, sagte ich.
»R ichtig. Aber sie hat mir nur gesagt, ich solle meine Bedenken für mich behalten.« Er ging die Treppe hinauf, ohne sich nach mir umzusehen. »D u bist hier in Sicherheit. Als Prinzessin bist du das Wichtigste für unser Königreich, und Elora würde dich niemals in Gefahr bringen. Sie kann bloß den Kanzler nicht ausstehen.«
»B ist du auch davon überzeugt, dass ich hier sicher bin?«, fragte ich und musste an das Bild in Eloras geheimem Zimmer denken, auf dem ich voller Entsetzen ins Nichts griff.
»I ch werde alles tun, um deine Sicherheit zu gewährleisten«, versicherte Finn mir, als wir den Treppenabsatz erreichten. Er deutete den Flur entlang in Richtung meiner Zimmertür. »W ir haben heute noch viel vor. Am besten, du vergisst deine Sorgen und ziehst dir etwas Warmes an.«
15
Ausbildung
N achdem ich mich umgezogen hatte, brachte Finn mich zu einem Salon im zweiten Stock, ganz in der Nähe meines Zimmers. Die gewölbte Decke zierte ein Wandgemälde, auf dem Einhörner zwischen Schäfchenwolken herumhüpften. Dennoch wirkte die Einrichtung moderner und normaler als die kostbaren Antiquitäten, die den Rest des Hauses füllten.
Finn erklärte
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