Die Tochter der Tryll Verborgen Band 1
führen.«
»D u hast recht, ich sehe das nicht so«, gab ich zu. »W ahrscheinlich auch deshalb, weil ich heute Morgen eine Menge Ärger bekommen habe und mich nicht sehr mächtig fühle.«
»D u bist noch sehr jung«, sagte Finn mit dem Anflug eines Lächelns.
»D as stimmt wohl.« Ich erinnerte mich daran, wie wütend er heute Morgen gewesen war, und wendete mich ihm zu. »Z wischen mir und Rhys ist nichts gelaufen. Das weißt du, oder? Es ist nichts passiert.«
Finn starrte nachdenklich zu Boden. Ich studierte seine Miene und versuchte, etwas herauszulesen, aber sein Gesicht war eine Maske. Endlich nickte er. »J a. Das weiß ich.«
»A ber heute Morgen wusstest du es nicht, richtig?«, fragte ich.
Diesmal zog es Finn vor, nicht zu antworten. Er stand auf und sagte, er brauche eine Dusche. Dann sammelte er seine Kleider ein und ging ins Bad.
Eigentlich war das die ideale Gelegenheit, mich in seinem Zimmer umzusehen, aber auf einmal war ich schrecklich müde. Er hatte mich sehr früh aus dem Schlaf gerissen, und der Morgen war echt anstrengend gewesen. Ich ließ mich nach hinten sinken, rollte mich auf dem Bett zusammen und kuschelte mich in seine Decken. Sie waren weich und rochen nach ihm, und ich schlief sofort ein.
14
Königreich
A ußer dem Garten hinter dem Haus hatte ich noch nicht viel von dem Palastgrundstück gesehen. Nach dem Frühstück nahm Finn mich mit nach draußen, um mir die Gegend zu zeigen. Der Himmel war bewölkt und düster, und er blickte skeptisch nach oben.
»G laubst du, es wird regnen?«, fragte ich.
»D as kann man hier nie genau sagen.« Finn klang beinahe wütend, aber dann schüttelte er den Kopf und ging voraus. Offenbar hatte er beschlossen, das Risiko einzugehen.
Wir hatten das Herrenhaus diesmal durch die Vordertür verlassen und standen auf der gepflasterten Auffahrt. Der Palast war von hohen Bäumen umgeben. Am Rand der Auffahrt füllten üppige Farne und andere Pflanzen die Lücken zwischen den Kiefern und Ahornbäumen.
Finn betrat den Wald und schob die Pflanzen sanft beiseite, um uns einen Weg zu bahnen. Er hatte darauf bestanden, dass ich heute Schuhe trug, und als ich ihm folgte, verstand ich, warum. Wir standen auf einem überwachsenen, moosigen Trampelpfad, auf dem Zweige und Steine lagen.
»W ohin gehen wir?«, fragte ich, als der Pfad bergauf zu führen begann.
»I ch will dir Förening zeigen.«
»A ber das habe ich doch schon gesehen, oder?« Ich blieb stehen und schaute mich um. Die Bäume standen so dicht, dass ich nicht viel erkennen konnte, aber ich vermutete, dass es hier überall ungefähr gleich aussah.
»D u hast noch fast gar nichts gesehen.« Finn blickte sich lächelnd nach mir um. »K omm, Wendy.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, kletterte er weiter. Der Pfad ging jetzt ziemlich steil bergauf, war schlammig und rutschig. Finn bezwang ihn mühelos und griff nur gelegentlich nach einem Zweig oder einer Luftwurzel, um sich daran hochzuziehen.
Mein Aufstieg war weit weniger elegant. Ich stolperte ständig und schürfte mir die Handflächen und Knie an ein paar rauen Steinen auf. Finn verlangsamte sein Tempo nicht und schaute nur selten zurück. Er hatte mehr Vertrauen in meine Fähigkeiten als ich, aber daran sollte ich mich inzwischen gewöhnt haben.
Hätte ich nicht versucht, einen steilen, rutschigen Pfad hinaufzuwandern, hätte ich den Spaziergang sicher genossen. Die Luft roch nach feuchter Erde und den nassen Kiefern und Blättern. Das Rauschen des Flusses unter uns bildete ein stetiges Hintergrundgeräusch, das mich an die Muscheln erinnerte, die ich mir früher oft ans Ohr gehalten hatte. Über allem hörte ich Vögel melodisch zwitschern.
Finn wartete neben einem riesigen Felsbrocken auf mich, und als ich bei ihm ankam, gab er keinen Kommentar zu meinen Kletterkünsten von sich. Ich hatte kaum Zeit, tief Luft zu holen, da griff er auch schon nach einem kleinen Vorsprung im Felsen und zog sich daran hoch.
»I ch bin mir ziemlich sicher, dass ich da nicht hochkomme«, sagte ich und betrachtete den glatten Felsen äußerst skeptisch.
»I ch helfe dir.« Er hatte die Füße in eine Felsspalte geklemmt und hielt mir eine Hand entgegen.
Eigentlich müsste er durch mein Körpergewicht vom Felsen fallen, aber er zweifelte nicht daran, dass er mich hochziehen konnte, also glaubte ich es ebenfalls. Finn schaffte es irgendwie, dass ich ihm alles glaubte, und das machte mir manchmal Angst.
Ich griff nach seiner Hand, registrierte
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