Die Tochter der Wälder
Ich sah, wie das Gesicht des Schimmernden sich anspannte und seine Augen eine rötliche Färbung annahmen. Er war begierig auf einen Kampf der Willenskraft, aber ich wusste, das konnte nur ein Ergebnis haben. Man spielte nicht mit dem Feenvolk.
Lass ihn in Ruhe, schickte ich meine Botschaft zu ihm mit der flammenden Krone, aber auch zur Herrin. Er weiß nicht, wie man dieses Spiel spielt. Lass ihn in Ruhe.
»Sag mir, Lord Hugh« – jetzt war es die Herrin, die sprach. »Wieso nimmst du unser Mädchen mit, wo du doch weißt, dass sie nur nach Hause gehen will? Sie gehört nicht in deine Welt.«
Das brachte ihn zu einer Antwort. »Das Mädchen gehört nicht euch und nicht mir und auch sonst niemandem. Aber im Augenblick reist sie unter meinem Schutz, und jeder, der Hand an sie legt, hat sich mir gegenüber zu verantworten.«
»Wohlklingende Worte«, sagte die Herrin. »Aber du hast Schwert und Dolch verloren. Dein Bein ist bis auf die Knochen offen, du hast Hunger, du hast lange nicht geschlafen und bist auf feindlichem Land. Deine Drohungen haben wenig Substanz.«
»Ich habe meine beiden Arme und meinen Willen«, sagte der Rote. »Das genügt. Wer immer es wagt, kann mich auf die Probe stellen.« Sein Rücken war fest genug; selbst auf Zehenspitzen konnte ich kaum über seine Schulter schauen. Es war wirklich eine Schande mit dem Bein, denn das würde keinen Augenblick lang standhalten, wenn es wirklich belastet würde. Er war ein Narr; ein mutiger, aber dennoch ein Narr.
»Tritt beiseite«, sagte der Schimmernde müde. »Das Mädchen soll sich zeigen. Wir wollen ihr nichts tun; sie ist eine der unseren.« Und der Augenblick der Krise schien vorüber.
»Du hast gut gewählt, Tochter des Waldes«, sagte die Herrin, sah erst den Roten und dann mich an.
Was meinst du damit, ich habe gut gewählt? Ich habe gewählt? Ich habe mir überhaupt nichts davon ausgesucht. Wäre ich hier, wenn ich eine Wahl gehabt hätte?
»Still, Kind. Es gibt immer eine Wahl, das wusstest du, als du den Fuß zum ersten Mal auf diesen Weg gesetzt hast.«
»Du hast noch nicht geantwortet, Lord Hugh von Harrowfield«, sagte der Schimmernde. »Warum bringst du das Mädchen weg vom Wald? Was willst du von ihr?«
»Sag die Wahrheit«, fügte die Herrin warnend hinzu.
»Ich bin euch nicht verpflichtet, wer immer ihr sein mögt«, sagte der Rote. »Ich werde euch nicht antworten.«
»Du bist ein Narr.« Der Schimmernde hob die Hände in Verzweiflung. »Ich dachte, du wolltest wissen, was mit deinem Bruder geschehen ist – das dachte ich wirklich. Aber schweige ruhig, wenn du willst; wenn du nicht die richtigen Fragen stellen kannst, kannst du auch keine vernünftigen Antworten erwarten.«
Die Wirkung dieser Worte auf den Briten war erschütternd. Er trat vor, er vergaß sein verletztes Bein, stolperte und fiel beinahe: dann zwang er sich, aufrecht zu stehen, sein Gesicht schweißbedeckt. Etwas Neues war in seinen hellen, kalten Augen erwacht.
»Mein Bruder!« keuchte er. »Ihr wisst von meinem Bruder? Sagt es mir!«
»Oh, oh, oh, nicht so schnell«, erwiderte der Schimmernde heimtückisch, »nichts ist umsonst, nicht hier unten. Außerdem kann sie es dir sagen, nicht ich.« Er zeigte in meine Richtung. »Deshalb willst du sie mitnehmen, nicht wahr? Nicht, weil sie allein und hilflos ist und Schutz braucht; sondern wegen dem, was sie dir erzählen kann. Und das kann sie tatsächlich; sie hat ihn gesehen, sie hat mit ihm gesprochen, und er hat ihr dieses Ding gegeben, das du so eifersüchtig in deiner Tasche bewachst. Frage sie, sie wird dir alles sagen, was du über deinen kostbaren Bruder wissen willst; ja, und darüber hinaus noch einiges, was du nicht wissen möchtest.«
»Das Mädchen kann nicht sprechen«, sagte der Rote, und ich sah ihm an, dass er sich anstrengen musste, seine Stimme zu beherrschen. »Oder sie will nicht. Ihr sagt, sie hat mit meinem Bruder gesprochen; jetzt spricht sie nicht.«
»Oh, wir hören sie schon«, meinte der Lord leichthin. »Sie bittet uns, dich nicht weiter zu quälen. Sie sagt, du wärest zu dumm, um gefährlich zu sein.«
»Aber ich kann nichts hören«, sagte der Rote. »Sie ist stumm. Sie sagt nie etwas.«
Die Herrin schaute ihn an. »Das liegt daran, dass du nicht gelernt hast, wie man zuhört«, sagte sie. »Aber eines Tages wird sie zu dir sprechen. Kannst du gut warten?«
Der Rote schaute wild von einem zum anderen.
»Sagt mir wenigstens, ob mein Bruder noch lebt«, bat er. »Werde
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