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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Stattdessen zuckte ich die Achseln.
    »Ich meine es ernst, Jenny. Ich werde dafür sorgen, dass er das nicht noch einmal tut. Es war weder dir noch meiner Mutter gegenüber gerecht.« Ich sah ihm ins Gesicht. Es schien, als sei er unsicher, wie viel er sagen sollte.
    »Nein, lass es mich anders ausdrücken. Mein Onkel gehört zur Familie. Das muss ich akzeptieren. Und ich wollte ihn reden lassen, falls – nein, ich will dich damit nicht belasten.«
    Was? Mich womit belasten? Diesem Mann mit seiner wendigen Zunge und seinen besitzergreifenden Händen, mit seinem raschen Lächeln und den giftigen Worten traute ich alles zu. Es musste schlimm sein, ihn zum Onkel zu haben. Hätte ich die Wahl, hätte ich ihn zumindest nicht als Schwiegervater genommen. Aber es schien, dass jemand diese Wahl für den Roten bereits getroffen hatte.
    »Ich weiß, warum Simon weggegangen ist«, meinte der Rote leise. Wieder spürte ich, dass er eigentlich mit sich selbst und nicht mit mir sprach. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er sagte Dinge, die man sonst nicht laut aussprach. »Ich bin nicht sicher, dass ich verstehe, warum er nicht zurückkehrte. Richard kennt sich mit Kriegen aus – was immer du von seinem Ziel hältst, er ist ein Berufskrieger mit jahrelanger Erfahrung. Diese Kampagne war anders. Man schlägt nicht einfach ein Lager auf feindlichem Territorium auf, nicht wenn man weiß, wozu der Feind in der Lage ist. Man bringt nicht all seine Männer in eine verwundbare Stellung, um sie in einem einzigen Hinterhalt zu verlieren. Wenn man sich schlafen legt, stellt man Wachen auf. Und es ist normalerweise nicht der neueste und unausgebildetste Rekrut, der als Späher ausgeschickt wird. Warum ist er nicht mit den anderen gestorben?« Er fuhr sich über das kurz geschnittene Haar und runzelte die Stirn. »Simon war als Geisel wertvoll, das verstehe ich. Aber wir haben nie eine Lösegeldforderung erhalten, nie hat sich jemand mit uns in Verbindung gesetzt. Und es gab kein Wort von ihm, wo immer ich mich hinwendete. Nichts außer …«
    Außer dieser Schnitzerei, dachte ich. Und das hat dir sehr wenig genützt.
    »Und als Richard sich selbst auf die Suche machte«, fuhr der Rote fort, und ich dachte, er hätte beinahe vergessen, dass ich dort war, »klang das, was er uns erzählte, irgendwie unwahr. John sagt dasselbe. Was er uns erzählt hat, wie diese Männer umkamen, dass sie in der Nacht überfallen wurden – so etwas passiert erfahrenen Soldaten nicht. Nicht einfach so. Richard sagte – er deutete an –, es sei Simons Fehler gewesen … dass mein Bruder sie irgendwie verraten hätte. Aber ich kenne meinen Bruder. Er mag manchmal störrisch sein und zu jung für seine Jahre, aber er ist kein Verräter.«
    Ich nickte. Ich wusste, dass Simon kein Verräter war. Ich hatte an ihn geglaubt, selbst als er den Glauben an sich selbst verloren hatte.
    »Irgendwo in dieser Sache gibt es eine Wahrheit, die man herausfinden muss«, sagte der Rote. »Unter den vielen Versionen dieser Geschichte muss eine richtig sein. Ich hatte gehofft, diese Wahrheit finden zu können, obwohl ich nach so langer Zeit kaum glaubte, dass Simon noch lebte. Aber es gab keine Antworten. Ich kam ohne Antworten zurück, nur mit einem Kopf voller Fragen. Als ich meinen Onkel gestern reden ließ, habe ich auf einen weiteren Hinweis gehofft. Und daher ließ ich ihn zu weit gehen, und das bedauere ich nun. Ich habe dich als Spielfigur in diesem Spiel benutzt, und man hat dir wehgetan.«
    Es wurde heller. Der Himmel war hell und klar, und die Vögel erhoben in den Bäumen rings um uns her ihre Stimmen. Alys drehte sich auf den Rücken, streckte und kratzte sich. Es gab etwas, das ich ihm sagen musste.
    Du könntest zurückkehren. Das konnte ich ihm mit Gesten mitteilen. Du könntest dorthin zurückkehren. Noch einmal nachsehen. Ihn vielleicht finden. Du könntest mich mitnehmen. Und dann, dachte ich, werde ich, wenn meine Brüder zurückkehren, bereit sein.
    Der Rote betrachtete mich ernsthaft. Offensichtlich hatte er mich recht gut verstanden.
    »Ich kann noch eine Weile nicht weg. Es gibt hier viel zu tun; ich war zu lange weg und musste es den anderen überlassen, sich um die Ernte und um das Vieh zu kümmern. Der Fluss könnte noch vor Mittwinter über die Ufer treten und …« Er hielt inne, als er meine Miene sah. »Ich will noch nicht zurück, noch nicht«, sagte er. »Meine Abwesenheit von Harrowfield macht alles, was mir wichtig ist, verwundbar.

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