Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
Vom Netzwerk:
Rücken zu. Ich berührte die Stellen, wo er mich fest gehalten hatte. Ich würde wieder blaue Flecken bekommen. Ich hatte ihn noch nie so zornig gesehen. Nicht einmal, als er in der Nacht, als Johnny zur Welt kam, mit seiner Mutter gestritten hatte.
    »Es tut mir Leid«, sagte er leise. »Es tut mir Leid. Aber was ist über dich gekommen, so allein wegzugehen? Ich dachte, ich hätte es dir erklärt. Ich dachte, du wüsstest um die Gefahren. Mein Gott, wenn – hat er dich angefasst? Hat er dir wehgetan?« Jetzt starrte er mir fragend in die Augen. Heute waren seine Augen vom Blau der Schatten auf tiefem Eis. Ich schüttelte den Kopf. Ich würde nicht weinen. Ich würde nicht daran denken, was Lord Richard gesagt hatte. Welchen anderen Grund könnte er haben, dich hier zu behalten? Ich würde nicht mehr daran denken. Es heißt, du hättest ihn verzaubert. Er kann dir nichts verweigern. Ich würde es vergessen. Es war Unsinn. Ich würde nicht weinen. Ich blinzelte und schniefte, und eine einzelne verräterische Träne lief mir über die Wange. Praktisch wie immer suchte der Rote in seiner Tasche und holte ein Leinenrechteck heraus. Als seine Hand dicht zu meinem Gesicht kam, zuckte ich unwillkürlich zurück und schlang die Arme verteidigend um mich. Der Rote sah aus, als hätte ich ihn geschlagen. Er wandte sich ab und legte die Hand einen Augenblick lang über die Augen, als wolle er nicht, dass ich seinen Blick erkenne. Es ist wahr, dachte ich. Ich bin eine Last. Ich hätte nie hierher kommen dürfen. Ich habe nur Zwietracht in einen friedlichen Haushalt gebracht. Er hätte mich nicht herbringen dürfen. Und er weiß es.
    » Was hat er dir gesagt?«
    Der Rote hatte mir den Rücken zugewandt, und er sprach so leise, dass ich ihn kaum hören konnte. Die Intensität seines Tones erschreckte mich, und ich konnte nur zu Boden schauen oder an die Wand, überall hin, nur ihn nicht ansehen. Das war eine Frage, die ich nie beantworten können würde.
    »Will mir vielleicht jemand sagen, was hier los ist?« fragte Margery und schaute von mir zum Roten und wieder zurück. Johnny war jetzt still und hatte nur noch einen kleinen Schluckauf. »Was hat sie so Schreckliches getan, Roter? Was könnte Jenny denn tun, dass du sie so behandelst und sie anschreist und zum Weinen bringst? Ich dachte, wir wären hier erwachsene Männer und Frauen und keine wütenden Kinder. Ich hoffe, du wirst dich in meinem Haus nie wieder so benehmen.« Der Rote starrte sie an. Ich hatte den Eindruck, dass er Falten um den Mund hatte, die zuvor nicht da gewesen waren.
    »Es tut mir Leid, Margery«, sagte er bedrückt. »Das war ungerecht von mir. Wenn jemand einen Fehler gemacht hat, dann ich. Aber das hier ist der einzige Ort, an dem sie sicher ist, solange mein Onkel sich hier befindet. Ich habe nicht lange Zeit; ich muss unten sein, wenn er eintrifft. Und nun, Jenny«, sagte er, wandte sich mir zu, und ich konnte sehen, dass er immer noch zornig war, sehr zornig, aber seine Stimme beherrschte. »Ich muss wissen, warum du so weit gegangen bist. Ich muss wissen, warum du dein Versprechen gebrochen hast.«
    Meine Schultern schmerzten. Mir taten die Füße vom Laufen weh, und meine Arme waren taub, weil ich Alys so lange getragen hatte. Meine Hand blutete, wo der Hund mich gebissen hatte. Sein Onkel war ein Ungeheuer, und im Augenblick hielt ich vom Neffen auch nicht viel. Ich hielt meine Hände ruhig an den Seiten. Der Rote ballte eine Faust und schlug sich fest in die andere Hand.
    »Verdammt, Jenny, sag es mir!«
    »Ich glaube, ich weiß es«, warf Margery ein und warf mir einen nervösen Blick zu.
    »Jenny hat nach weiteren Vorräten der Pflanze gefragt, die sie benutzt – dieser Pflanze, die wir Spindelbusch nennen, aus denen sie ihre Webarbeiten herstellt. Sie hat die Vorräte, die sie mitgebracht hat, erschöpft. Ich fürchte, ich habe mich geweigert, ihr zu helfen, weil ich hoffte, sie würde diese schreckliche Weberei und Spinnerei beenden. Ich nehme an, sie hat versucht, die Pflanzen selbst zu finden.«
    Der Rote kniff die Augen zusammen. »Man hat dir gesagt, du sollst auf sie aufpassen«, sagte er, und die Kälte in seiner Stimme ließ Margery blass werden. »Sie muss seit dem frühen Morgen weg gewesen sein. Warum hast du ihr niemanden hinterher geschickt? Warum habe ich die Botschaft erst erhalten, als man Richards Männer auf der Straße erspähte?«
    »Es tut mir Leid«, sagte Margery. Sie sagte ihm nicht, dass ich sie angelogen

Weitere Kostenlose Bücher