Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
Vom Netzwerk:
Unvermeidlichen zu stellen, zögerte ich auf der Schwelle. Und Conor senkte den Blick auf seine Liste und fuhr fort, sich Notizen zu machen, als wäre ich tatsächlich unsichtbar. Ich war zu erleichtert, um darüber weiter nachzudenken, und floh wie ein erschrockenes Kaninchen. Finbar war nirgendwo zu sehen. Ich verzog mich ins sicherste Versteck, das mir einfiel, das alte Stallgebäude, wo mein jüngster Bruder Padraic seine Menagerie von Waisen und Streunern hielt. Dort fand ich eine warme Ecke im Stroh, und der Esel, der ältere Ansprüche hatte als ich, machte mir mürrisch Platz. Hungrig, frierend, verwirrt und erschöpft fand ich diesmal Zuflucht im Schlaf.

KAPITEL 2
    Unsere Geschichte kann nicht weiter erzählt werden, ohne Vater Brien zu erwähnen. Ich sagte bereits, dass er ein Eremit war und dass er hin und wieder Gelehrsamkeit gegen einen Laib Brot oder einen Sack Äpfel tauschte. Das ist wahr; aber es war erheblich mehr an Vater Brien. Es hieß, er sei einmal ein Kämpfer gewesen, der mehr als nur ein paar Wikingerschädel eingeschlagen hatte; es hieß, er sei über das Wasser gekommen, den ganzen Weg aus Armorica, wo er seine Geschicklichkeit mit Feder und Tinte im christlichen Gebetshaus von Kells eingesetzt hatte, aber er hatte schon lange alleine gelebt, und er war alt, mindestens fünfzig, ein kleiner, schmaler, grauhaariger Mann, auf dessen Miene sich die ruhige Hingabe eines Menschen abzeichnete, dessen Geist während eines ganzen Lebens voller Prüfungen ungebrochen geblieben war. Ein Besuch bei Vater Brien war ein Abenteuer für sich. Er wohnte auf dem Hügel südlich des Sees, und wir ließen uns Zeit, dorthin zu gelangen, denn das war ein Teil des Spaßes. Es gab eine Stelle, wo man auf einem Seil den Bach überquerte und wild zwischen den großen Eichen hin und her schaukelte. Einmal fiel Cormack hinein; zum Glück war es Sommer. Dann gab es eine Stelle, wo man einen Felskamin hinaufklettern musste, was seinen Zoll von Ellbogen und Knien verlangte, nicht zu reden von den Löchern in der Kleidung. Und es gab ausführliche Versteckspiele. Tatsächlich konnte man in der Hälfte der Zeit auf einem Karrenweg dorthin gelangen, aber unser Weg war besser. Manchmal war Vater Brien nicht zu Hause, die Feuerstelle kalt, der Boden sauber gefegt. Laut Finbar, der irgendwie über diese Dinge Bescheid wusste, stieg der heilige Vater direkt auf Ogmas Gipfel, was für einen alten Mann ein ziemlicher Weg war, und blieb dort reglos wie ein Stein stehen, um nach Osten übers Meer und über es hinaus zum Land der Briten zu spähen; oder zumindest zu den Inseln. Man konnte die Insel von diesem Punkt aus nicht sehen, aber wen immer man fragte, wo sie sich befanden, der zeigte mit dem Finger voller Selbstvertrauen nach Osten und ein wenig nach Süden. Es war, als wäre diese Landkarte dem Geist der Menschen eingeprägt, und weder Zeit noch Entfernung konnten das auslöschen.
    Wenn der Eremit zu Hause war, unterhielt er sich gerne mit uns. Er beherrschte viele verschiedene Sprachen; er kannte sich auch gut mit Kräutern aus und konnte Knochen richten. Von ihm erhielt ich viele der Grundlagen meiner Kunst, aber meine Besessenheit mit den Heilkräften von Pflanzen trieb mich weiter an, und ich überflügelte ihn schon bald.
    Es gab Zeiten, in denen wir einander halfen, uns um die Kranken zu kümmern; er hatte die Kraft, ein ausgerenktes Glied wieder einzurenken oder einen Bruch zu schienen; ich wusste, wie man die richtigen Tränke und Salben zubereitet. Zusammen haben wir vielen geholfen, und die Leute gewöhnten sich an mich, die ich immer noch ein Kind war, ihnen aber in die Augen oder in den Hals schaute und etwas verschrieb. Meine Heilmittel halfen, und das war alles, was die Leute wirklich interessierte.
    Es gab einige, denen man nur schwer helfen konnte. Wenn das Feenvolk einen erwischte, gab es nicht viel Hoffnung. Es gab einmal ein Mädchen, das seinen Geliebten an die Königin unter dem Hügel verloren hatte. Sie waren draußen im Wald gewesen, mitten in der Nacht, die albernen Dinger, und, abgelenkt, wie sie waren, in einen Pilzring geraten. Die Königin nahm ihn, aber nicht sie. Sie sah nur noch die rote Feder auf seiner Kappe, die in einem Riss in den Felsen verschwand, und hörte lachende Stimmen. Als das Mädchen zu uns kam, hatte es schon halb den Verstand verloren, und weder Vater Briens Gebete noch meine Schlaftränke gaben ihr viel Frieden. Er tat sein Bestes und behandelte die verzauberte Liebende

Weitere Kostenlose Bücher