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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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niemand, aber es heißt, dass in diesem See ein riesiger Fisch lebt, von unsäglich hässlichem Aussehen und unglaublicher Kraft. Also überquerte Culhan die Brücke aus Speeren und holte Lady Edan zurück. Aber seitdem hatte er eine Narbe am rechten Fuß, die von seinem Augenblick des Zweifels kündete. Und noch an seinen Kindern und den Kindern seiner Kinder kann man dieses Zeichen finden.«
    Die Geschichte war beendet, bis sie zum nächsten Mal erzählt würde. Ich stand auf, ging zu dem Tisch mit dem Krug Wasser darauf und sah, wie der Junge mich beobachtete, aus immer noch halb zusammengekniffenen, tiefblauen, feindseligen Augen. Es war immer noch ein Schatten jener trotzigen Wut zu erkennen, die er in der Halle meines Vaters gezeigt hatte, aber seine Haut war bleich und die Augen eingesunken.
    »Trink«, sagte ich in seiner eigenen Sprache, kniete mich neben den Strohsack und hielt ihm den Becher hin, den ich gefüllt hatte. Diesmal war es einfach nur Wasser; er würde damit auskommen müssen, denn ich wusste, wie schädlich es war, wenn man zu lange unter dem Einfluss gewisser Kräuter stand. Ich würde zumindest die Dosierung langsam verringern müssen. Er starrte mich schweigend an.
    »Trink«, wiederholte ich. »Du hast lange geschlafen; dein Körper braucht es. Es ist nur Wasser.«
    Ich trank selbst einen Schluck, um ihn zu überzeugen. Er musste sehr durstig sein, nachdem er den größten Teil des Tages neben dem brennenden Kohlebecken verschlafen hatte; aber seine einzige Bewegung bestand darin, ein Stück von mir zurückzuweichen. Ich hielt ihm den Becher an die Lippen, und dabei berührte meine Hand seinen Arm. Er zuckte heftig zusammen, zog die Decke fest um sich und drückte sich gegen die Mauer, so weit von mir entfernt wie möglich. Ich konnte die Angst und die Vibrationen spüren, die durch jeden Teil seines Körpers gingen. Es war wie das Zittern eines hochgezüchteten Pferdes, das man schlecht behandelt hat.
    Meine Hand war immer noch ruhig; ich hatte keinen einzigen Tropfen vergossen, obwohl mein Herz heftig klopfte. Ich setzte den Becher neben dem Strohsack ab und zog mich auf meinen Hocker zurück.
    »Dann trink, wenn du dazu bereit bist«, sagte ich, setzte mich und faltete die Hände im Schoß. »Hast du je die Geschichte des Bechers von Iwzsha gehört? Das war wirklich ein seltsames Trinkgefäß, denn als Bryn ihn fand, nachdem er den dreiköpfigen Riesen besiegt und das Feuerschloss betreten hatte, sprach dieser Becher zu ihm, als Bryn nach ihm griff, geblendet von den Smaragden und den Silberornamenten darauf. Nur einer, der reinen Herzens ist, darf aus mir trinken, sagte eine Stimme, die leise, aber schrecklich war. Und dann hatte Bryn Angst, den Becher zu nehmen, aber die Stimme schwieg, und er griff danach und steckte den Becher in seinen Umhang.«
    Ich beobachtete ihn, während ich sprach; er drängte sich immer noch an die Mauer und hatte die Decke immer noch fest um sich gewickelt.
    »Erst viel später, als Bryn an einen kleinen Bach kam und sich an den Becher erinnerte, holte er ihn aus dem Umhang, um etwas zu trinken. Aber seltsam genug, der Becher war bereits voll mit klarem Wasser. Er stellte ihn auf den Boden, und bevor er es aufhalten konnte, hatte sein Pferd den Kopf gesenkt und getrunken. Und noch seltsamer – ganz gleich, wie viel das Tier trank, der Becher von Isha blieb voll bis zum Rand. Das Wasser schien dem Pferd nicht zu schaden; dennoch, Bryn selbst benutzte den Becher nicht, sondern tauchte die Hände in den Bach und stillte seinen Durst auf diese Weise, denn, so nahm er an, ein Tier musste reinen Herzens sein, weil es nicht anders konnte, aber dieser Becher war zweifellos verzaubert und war für den größten Mann auf Erden gedacht und nicht für einen einfachen Reisenden. Wie konnte er würdig sein, aus einem solch magischen Gefäß zu trinken?«
    Der Junge bewegte eine Hand; mit den Fingern machte er eine Geste, die schwach an das Zeichen zur Abwehr des Bösen erinnerte.
    »Ich bin keine Zauberin«, sagte ich. »Ich bin Heilerin, und ich bin hier, um dir zu helfen, gesund zu werden. Das magst du vielleicht nicht glauben, aber es ist die Wahrheit. Ich lüge nicht. Du hast keinen Grund, dich vor mir oder vor Vater Brien zu fürchten. Wir wollen dir nicht schaden.«
    Der Junge hustete und versuchte, mit einer trockenen Zunge die Lippen zu befeuchten.
    »Das sind nur Spielchen«, brachte er schließlich heraus, und die Verbitterung in seiner Stimme war

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