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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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herausfinden. Und die meisten von ihnen lügen, zumindest manchmal, oder sie benutzen Halbwahrheiten, wenn es ihnen passt. Vergiss das nicht, Sorcha, Heilerin.«
    »Du sprichst von einer langen Reise. Was soll ich als Erstes tun?«
    »Es ist eine noch längere Reise, als du dir vorstellen kannst. Du bist bereits auf dem Weg, der dir bestimmt ist, und dieser Junge Simon ist einer der Meilensteine. Schneide heute Nacht Goldholz. Du kannst dieses Kraut benutzen, um seinen Geist zu beruhigen.«
    »Was noch?«
    »Du wirst es schon herausfinden, Tochter des Waldes. Durch Schmerz und Trauer, durch viele Prüfungen, durch Verrat und Verlust werden deine Füße einen geraden Weg finden.«
    Sie begann zu verschwinden, das dunkle Blau ihres Umhangs verband sich mit der Dunkelheit der Blätter hinter ihr.
    »Warte …« Ich ging auf den Rand der Lichtung zu.
    »Sorcha?« Das war Vater Briens Stimme, die aus der Höhle kam. Und die Frau war sofort verschwunden, als wäre nie etwas anderes dort gewesen als sich bewegende Nachmittagsschatten. Vater Brien kam aus der Höhle und rieb sich die Hände an einem Tuch trocken.
    »Ich sehe, wir haben Besuch«, sagte er leise. Ich warf ihm einen scharfen Blick zu, dann spähte ich in den Schatten. Vorsichtig, als wäre sie sich ihres Willkommens nicht sicher, kam die Hündin Linn dort heraus. Offenbar war sie mir den ganzen Weg gefolgt. Ich sprach sie freundlich an, und sie kam begeistert auf mich zugerannt, ihr ganzer Körper erfüllt von verspätetem Erkennen und dem dringenden Bedürfnis nach Zuneigung.
    »Komm herein«, sagte Vater Brien. »Und bring den Hund, das wird nichts schaden. Wir müssen über diesen Jungen sprechen, und zwar schnell. Die Wirkungen meines Kräutertranks sind beinahe verschwunden, und ich möchte ihm nicht noch mehr geben. Aber wenn ich ihn nicht überzeugen kann, mitzuarbeiten, werde ich mich nicht um seine Wunden kümmern können.« Er drehte sich um, um wieder hineinzugehen.
    »Hast du dich erholt?« fügte er sanft hinzu. »Er weiß, wie er seine Worte setzen muss, damit sie wehtun. Das ist vielleicht die einzige Waffe, die er noch hat.«
    »Es geht mir gut«, sagte ich, den Kopf immer noch voll von meiner Vision. Ich streckte die Hand aus, um das Fell der Hündin zu berühren, und ihre Zunge an meinen Fingern versicherte mir, dass die wirkliche Welt immer noch vorhanden war, ebenso wie die andere. »Es geht mir gut.«
    Der Junge saß gebeugt auf seinem Strohsack, mit dem Rücken zu uns. Trotz all seiner trotzigen Worte und zornigen Blicke erinnerte mich seine Haltung an ein kleines Geschöpf, das zu heftig getadelt worden war, das sich in Verwirrung über eine Welt, die sich zum Schrecklichen verändert hat, in sich zurückgezogen hat.
    »Seine Wunden müssen gesäubert und neu verbunden werden«, sagte Vater Brien in unserer eigenen Sprache. »Das ist mir recht gut gelungen, solange er halb schlief, obwohl er sich vor meiner Berührung fürchtete. Aber jetzt …«
    »Er muss aufhören, diese Kräuter zu sich zu nehmen«, sagte ich, »wenn Ihr ihn halbwegs bei Verstand nach Hause zurückschicken wollt. Wir sollten die Luft vollständig säubern, und er sollte hinausgebracht werden, wenn wir das schaffen. Kann er gehen?«
    Ein erschreckender Ausdruck, in dem sich Mitleid und Abscheu mischten, zog rasch über Vater Briens Gesicht.
    »Ich habe es nicht gewagt, ihn zu bewegen, außer, um seine Wunden zu verbinden«, sagte er. »Er hat immer noch große Schmerzen, und ihm die Mittel zu rasch zu entziehen, wird für ihn zu schwer sein. Ohne sie wird er kaum schlafen können, denn er fürchtet seine Träume.«
    Die Vision immer noch vor Augen, hatte ich ein deutliches Gefühl dessen, was getan werden musste, obwohl die Herrin mir im Grunde wenig praktische Anweisungen gegeben hatte. Aber etwas in mir wusste, was zu tun war.
    »Morgen«, sagte ich. »Morgen muss er die Sonne und den offenen Himmel sehen. Von jetzt an gibt es nur noch ein Kraut, nur Goldholz, und es muss nachts geschnitten werden. Ich werde das später tun. Und was machen wir mit diesen Wunden?«
    Ich ging auf den Strohsack zu. Linn schlüpfte an mir vorbei und trabte vertrauensvoll auf den Jungen zu. Sie wusste, dass er nicht Cormack war, aber ähnlich genug. Sie drängte sich an ihn und schob ihm die kalte Nase in die Hand.
    »Ruhig, Linn«, sagte ich in der Sprache, die der Junge verstand. Nachdem er zunächst instinktiv die Faust geballt hatte, entspannte er die Finger, und Linn leckte sie

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