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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Zeit begann der Wein zu wirken, und ich fiel in einen ruhelosen Schlaf.
    Später, viel später, waren alle da bis auf Diarmid. Ich war wach, und sie hatten mir Gerstenbrot und Honig gebracht, aber ich konnte es nicht essen und fütterte stattdessen den Hund damit. Vielleicht war es das, was die Geschichten meinten, wenn sie sagten, jemand sei bis ins Herz getroffen. Das Herz und der Magen, alles in einem fühlt sich leer und hohl an und tut weh.
    »Denk an die guten Zeiten«, sagte Conor, aber das konnte ich nicht. Als Finbar hereinkam, legte er ein kleines, feuchtes Bündel neben mich aufs Bett. Linn schnupperte hoffnungsvoll daran. Ich rollte das Stück Sackleinen auf. Dort lag ein Embryo meines Gartens: schlanke Lavendeltriebe, Gänsefingerkraut, Wacholder, ein Stück Fliederholz, das wieder sprießen konnte; ein runder, weißer Stein von dem geborstenen Pfad, eine einzelne Eichel. Ich wickelte sie sorgfältig wieder ein. Vielleicht konnte ich ja tatsächlich wieder von vorn anfangen. Mein Bruder hatte mir den Rücken zugedreht. Ich spürte die Liebe in ihm und den Zorn.
    »Nun«, sagte Conor, »muss ich dich fragen, Sorcha, ob du mit deinen Brüdern ein Geheimnis teilen willst.«
    »Was für ein Geheimnis?« Ich fürchtete, was er vielleicht sagen würde. Lady Oonagh war beinahe über mein gefährlichstes Geheimnis gestolpert – eines, das zweifellos Bruder von Bruder trennen würde, denn drei von ihnen waren Krieger, ihrer Sache ergeben und rasch dabei, Rache im Blut zu suchen; und es gab drei, die immer erst versuchen würden, zu verhandeln, zu heilen und ihre Kämpfe mit Worten und nicht mit Schlägen zu führen.
    »Er spricht von der Vision oder dem Geist, den du im Wald gesehen hast«, sagte Finbar aus seiner dunklen Ecke. »Conor glaubt, es könnte uns helfen. Du kannst es ihnen sagen.«
    »Sie ist zu mir gekommen«, sagte ich. »Die Herrin des Waldes. Wie in den Geschichten. Sie – sie hat mit mir gesprochen, darüber, was ich tun muss. Dass es lang und schwierig sein wird und dass ich auf dem Weg bleiben muss. Das war alles.«
    Nicht ganz alles. Aber den Rest würde ich nicht verraten.
    »Würdest du wieder eine solche Vision haben, wenn du darum bittest?« fragte Liam. Es war dunkel im Zimmer, da nur eine einzige Kerze brannte, und meine Brüder kamen mir groß und grimmig vor, drei von ihnen ums Bett versammelt, Finbar in der Ecke und Padraic, der an der Tür wachte.
    »Ich kann sie nicht einfach herbeirufen«, sagte ich und erinnerte mich daran, wie sehr ich bei meinen verzweifelten Versuchen, Simon zu helfen, Führung gebraucht hätte. »Sie kommt, wenn sie es für angemessen hält.«
    »Lady Oonagh wird jeden Tag mächtiger«, sagte Conor. »Ich glaube, wir brauchen noch größere Kraft, um gegen sie zu kämpfen. Du könntest es versuchen. Am richtigen Ort, in einer Zeit der Not, wenn wir um dich herum sind, könntest du es versuchen.«
    »Wirst du das für uns tun, Sorcha?« Cormack hatte erst spät erfahren, wogegen wir kämpften. Linn blickte beim Klang seiner Stimme auf. Ihre Wunde heilte gut.
    »Wie?« fragte ich. »Wann?«
    Alle schauten Conor an. Plötzlich erschien er viel älter als seine sechzehn Jahre, als läge der Schatten eines anderen Selbst über ihm.
    »Morgen«, sagte er. »Am Baum unserer Mutter im Morgengrauen. Ich werde dafür sorgen, dass alles da ist, was gebraucht wird, und Sorcha wird mit mir zusammen dorthin gehen. Du, Liam, musst dafür sorgen, dass Diarmid da ist. Es ist mir gleich, wie du das tust, aber bring ihn mit. Wir müssen alle da sein. Keine Pferde; kommt zu Fuß. Sorcha, bring ein Bündel mit Sachen für eine Nacht oder zwei, denn du wirst einige Zeit lang nicht hierher zurückkehren. Und auch du, Padraic. Wenn wir fertig sind, werdet ihr beide zu Vater Brien gehen, und er wird euch in Sicherheit bringen. Ich glaube, ihr nächster Schritt wird darin bestehen, zu töten, besonders, indem sie uns gegeneinander wendet. Und wir wären ein jämmerlicher Haufen, wenn wir nicht einmal unsere Schwester gegen so etwas beschützen können.«
    »Was hast du vor, Conor?« fragte Cormack mit einem forschenden Blick zu seinem Zwillingsbruder.
    »Frag nicht«, meinte Conor. »Je weniger du weißt, desto besser. Wir dürfen keinen Verdacht erwecken. Warum, glaubst du, habe ich Sorcha und Finbar gebeten, nicht zum Abendessen zu kommen? Die beiden sind wie ein offenes Buch, sie sprechen die Wahrheit und gefährden damit ihr Leben, und selbst wenn sie schweigen, flammen ihnen

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