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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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nicht einmal ihren Namen aus, denn deine Worte besudeln etwas, was makellos ist. So zahlst du mir mein Vertrauen zurück? Geh mir aus den Augen!«
    »Vater, er bittet dich nur zuzuhören.« Liams Stimme zitterte ein wenig. »Donal ist nicht der einzige, der so denkt. Lady Oonagh hat eine Macht, die – die uns alle berührt. Deine Männer sind unruhig, dein Haushalt voller Angst. Eilis und ihr Vater wurden vertrieben. Deine Frau versucht, Bruder von Bruder zu trennen, Vater von Sohn und Freund von Freund, bis wir alle allein sind. Wenn du es nicht verhinderst, wird sie diesen Haushalt zerstören.«
    Diesmal dauerte das Schweigen länger, und ich konnte Vaters angestrengtes Atmen hören und Liams bleiches, beunruhigtes Gesicht sehen. Er hatte sich einer großen Gefahr ausgesetzt. Nach einer Weile sagte Vater leise: »Was meinst du, vertrieben? Das Mädchen hat einen schwachen Magen, das ist alles. Was soll das mit meiner Frau zu tun haben?«
    »Das Essen war vergiftet«, sagte Liam leise. »Ein ganz bestimmtes Gift, und nur auf ihrem Teller. Wir haben versucht, es dir zu sagen. Sorcha weiß viel über diese Dinge, und das war Eilis' Glück, denn sonst wäre sie vielleicht gestorben. Wir können nicht beweisen, wer sie vergiftet hat, aber die Gerüchte breiten sich aus.«
    »Meiner Frau die Schuld zu geben …«, sagte Vater, aber sein Tonfall hatte sich verändert, als hätte er schließlich doch gehört, was gesagt wurde. »Wieso sollte sie so etwas nur wollen?«
    Um Vater von Sohn zu trennen, dachte ich, damit ihr eigenes Kind erben kann. Oder vielleicht hat sie noch größere Pläne.
    »Es gab zuvor schon Gift«, meinte Vater. Er sah Donal in die Augen. »Du sagst, man hätte deinen Männern einen Schlaftrunk gegeben, an dem Tag, an dem der Gefangene entkam. Das war, bevor Lady Oonagh hierher kam. Diese Theorien sind nichts weiter als erfunden – Phantasien, um deinen Stolz zu retten, damit ich meine Ansicht ändere.«
    »Nein«, erklärte Donal und griff nach dem kleinen Bündel, das er bei sich hatte. Erst jetzt bemerkte ich das Schwert an seiner Seite, den Bogen über seiner Schulter. »Mein Herz bleibt hier, ebenso wie meine Lebensaufgabe, aber ich werde gehen, wie man mir befohlen hat. Ich bitte Euch nur, dass Ihr über meine Worte und die Eures Sohnes nachdenkt. Seid gewarnt und seid auf der Hut.« Er streckte die Hand aus, um Liam am Ellbogen zu packen, und mein großer Bruder hatte Tränen in den Augen. Dann war Donal weg, ich konnte ihn nicht mehr sehen. Ich hörte das Klirren von Zaumzeug, als er auf das Pferd stieg, dann entfernten sich Hufschläge. Vater starrte ihm hinterher.
    »Erst Eilis und ihr Vater, jetzt Donal«, sagte Liam. »Wenn du nicht bald aufwachst, wirst du uns alle verlieren, einen nach dem anderen.«
    Vater sah ihn an. »Vielleicht solltest du mir lieber sagen, was du damit meinst«, sagte er. Liam kam näher, legte Vater eine Hand auf die Schulter und begann, leise auf ihn einzureden. Einen Augenblick später erscholl Lachen und das Geräusch eiliger Schritte, und dann war Lady Oonagh da, eine Vision in Samt, die mit zierlichen Schuhen den Pfad entlangtrippelte. Die Wolke roten Haares wirbelte über ihre rosigen Wangen, und ihre Brüste waren von dem engen, blauen Mieder kaum bedeckt. Ein Netz feiner Adern zeigte sich auf ihrer weißen Haut, und plötzlich wusste ich, vielleicht noch bevor sie es selbst wusste, dass sie sein Kind trug. Ihre Alabasterhaut schien von innen her zu schimmern. Hinter ihr trabte mein Bruder Diarmid drein, ganz Grübchen und Ernsthaftigkeit.
    »Herr!« Sie fächelte sich mit der Hand und tat so, als wäre sie erschöpft. »So ernst, so feierlich! Lass mich dich aufheitern! Dieser Tag ist zu schön, um ein solches Gesicht zu ziehen!« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, packte ihn mit beiden Händen vorn am Hemd und küsste ihn auf die Lippen. Liams Augenblick war für immer vergangen. Mein Vater legte voller Besitzerstolz den Arm um seine Frau, und sie klammerte sich an ihn wie eine Ranke an einen Baum, während sie zurück zum Haus gingen. Ich sah zu, wie Diarmid ihnen folgte, bedrückt und verwirrt. Ich sah zu, wie Liam eine Hand voll Kies vom Pfad nahm und sie fest wieder auf den Boden zurückschleuderte. Ich sah, wie er zum Stall davonging, die Enttäuschung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Dann, und erst dann, kroch ich aus meinem Versteck heraus.
    Es dauerte einen Augenblick, als ich ins Haus und in meinen Arbeitsraum zurückkam, um zu

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