Die Tochter der Wälder
lieber einholen. Sie ist später auch noch da.«
»Leb wohl, mein Schatz«, sagte der andere. Er packte mich am Haar und riss meinen Kopf hoch, starrte mir ins Gesicht. »Tut mir Leid, dich so bald schon zu verlassen. Wir kommen wieder, meine Süße. Fühl mal.« Er zwang meinen Kopf zwischen seine Beine, rieb sich an meinem Gesicht, und ich würgte und hustete und kämpfte um mein Schweigen.
»Ach übrigens, dein Hund ist am Hügel da«, sagte der andere kichernd. »Aber es ist nicht mehr viel mit ihm los.«
»Hat mich gebissen, das Miststück«, stellte der Erste fest und ließ mich zu Boden sacken. »Blödes Vieh.«
Ihre Stimmen verklangen unter den Bäumen, und ich lag da, selbst jetzt nicht in der Lage zu weinen. Dann erhob sich ein seltsamer Wind, und alle Bäume begannen zu rauschen, obwohl es auf dem Boden ruhig blieb. Es war, als wäre Dunkel über den Wald hereingebrochen.
***
Ich weiß nicht, wie lange ich dort lag. Es wurde immer dunkler, aber ob es der Tag war, der in die Dämmerung überging, oder ein Teil der seltsamen, unheilverkündenden Stille, die mein Heim an diesem Nachmittag heimgesucht hatte, konnte ich nicht sagen. Ich war in meinem Elend versunken. Über mir bewegten sich die Bäume und seufzten im Wind, und ich konnte Stimmen hören. Sorcha, Sorcha, flüsterten sie. Kleine Schwester. Am Boden rührte sich nichts. Die Vögel gaben keinen Laut von sich.
Nach einer Weile blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu bewegen. Ich dachte an Linn. Ich konnte nicht hoffen, dass sie zu mir zurückkehrte, unter den Bäumen hervorgerannt kam, mit hocherhobenem Schwanz wie eine Fahne im Wind, aber ich musste sie finden, bevor es dunkel wurde. Und ich brauchte Wasser.
Alles war feindselig. Alles war zu schwer. Ich tat es sehr langsam. Meine Kleider waren zerrissen und schmutzig. Ich wollte sie niemals wieder berühren. Ich warf sie neben das Feuer. Ich wollte mich verzweifelt gerne waschen, aber ich hatte Angst, zum See zu gehen. Ich hatte einen Eimer Wasser und ein grobes Tuch, und ich wusch ihren Dreck von meinem Körper, schaudernd, obwohl es ein warmer Tag war. Ich wusch mich und wusch mich, und als das Wasser aufgebraucht war, rieb ich mich weiter mit dem Tuch ab, bis die Haut rot und wund war. Ich kümmerte mich um meine Wunden, so gut ich konnte, dann wickelte ich mich in einen der alten Umhänge und ging mit zitternden Knien den Hügel hinauf, und die Bäume waren verschwommen vor meinen Augen. Die bleibt nicht mehr lange wach. Dann macht es nicht so viel Spaß.
Ich erreichte die Hügelkuppe und fiel beinahe über Linn, die auf dem Weg lag, zwischen den Zähnen immer noch ein Stück Stoff vom Hemd des Mannes. Sie hatte die Zähne zu einer letzten Herausforderung gefletscht, und ihre Augen starrten blind zum Himmel. Ihr Fell war blutdurchtränkt von der Wunde an ihrer Kehle, und kleine, rote Pfützen bildeten sich zwischen den Felsen und Farnen. Ich nehme an, es war ein guter Tod für einen Hund, das Leben in Verteidigung einer zu verlieren, die man geliebt hatte. Ich selbst wusste nur, dass meine Freundin gegangen war, und nun war ich wirklich allein.
Sie war ein großer Hund, und ich war immer noch ein ziemlich kleines Mädchen. Dennoch, ich trug sie noch vor der Abenddämmerung zurück zum Höhleneingang und legte sie dort ins Gras, dann kroch ich von Kopf bis Fuß zitternd in die kleinste Nische, die ich unter der Felswand finden konnte, wickelte mich in den Umhang und versuchte es irgendwie zu erzwingen, dass mein Geist so still wie eine Feder in der Brise und reglos wie ein Stein wurde. Aber mein Körper bebte, und mein Geist war voller Angst und Hass und Scham. In der Abenddämmerung kamen sie. Ich hörte ihre Stimmen und regte mich nicht. Sie wussten, was geschehen war. Ich dachte später, wenn es tatsächlich meine Brüder gewesen wären, die ich zuvor gesehen hatte, dort auf dem stillen Wasser, wie muss es für Conor gewesen sein, alles zu sehen, was geschah und nicht imstande zu sein, etwas zu tun, bis die Sonne unterging? Sie sprachen mit leisen, zornigen Stimmen.
»Diarmid? Cormack?« fragte Liam.
»Nein, Cormack soll hier bleiben und sich um den Hund kümmern. Ich werde gehen. Das ist meine Aufgabe.« Finbars Stimme zitterte.
Dann spähte ich im Dämmerlicht durch meine Finger und sah, wie die drei Umhänge und Messer aus der Höhle nahmen und mit Tod im Blick in den Wald davongingen.
Conor wusste, wo ich war. Ich spürte, wie er versuchte meinen Geist zu berühren,
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