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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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aber ich zog mich weiter in mich zurück. Er kam nicht näher, noch nicht. Padraic, der gegen Tränen des Zorns und der Verwirrung anblinzelte, machte sich daran, das Feuer und die Lampe anzuzünden und Wasser zu erhitzen. Cormacks Gesicht war wie in Stein gemeißelt, als er nach dem Spaten griff und begann, eine Ruhestätte für die blutigen Überreste seines Hundes auszuheben.
    Nach einer Weile kam Conor herüber und setzte sich neben meine Nische. Ich erinnere mich immer noch, wie sich der Felsen an meinem Rücken anfühlte, wie ich mich fest gegen ihn presste, in mich zusammengerollt, so klein wie möglich, einen Arm über den Kopf gelegt. Ich erinnere mich, dass ich mir wünschte, die Erde würde mich verschlingen, würde mich aufnehmen und den Schmerz und dieses schreckliche andere Gefühl aufsaugen. Ich war voller Hass; Hass auf die Männer, die das getan hatten, Hass auf den Unschuldigen, der sie zu mir geführt hatte, Hass auf Lady Oonagh, die mich an diesen einsamen Platz gebracht hatte. Ich hasste meinen Vater für seine Schwäche. Ich hasste auch meine Brüder, weil sie nicht da gewesen waren, als ich sie brauchte. Außerdem waren sie ebenfalls Männer, wie konnten sie es also wagen, zu versuchen, etwas besser machen zu wollen?
    Aber Conor saß da, nicht zu nah bei mir, und sprach mit seiner ruhigen, gemessenen Stimme. Das Feuer, das Padraic wieder entzündet hatte, breitete sein goldenes Licht über Baumwurzeln und Farne aus, selbst in diese enge Felsspalte, und nach einer Weile spähte ich unter den Haaren, die mir ins Gesicht hingen, nach draußen und sah den Kummer und die Liebe in ihren Blicken.
    »Möchtest du herauskommen, kleine Eule?« fragte Conor sanft. »Wir haben nur wenig Zeit, dir zu helfen.«
    Es war schwer, ungeheuer schwer. Ich konnte es kaum ertragen, von ihnen berührt zu werden. Padraic hatte geschickte Hände, er hatte schon so manches kranke Tier gepflegt, und schließlich ließ ich zu, dass er meine Wunden verband. Trotz der warmen Nacht in Decken gewickelt, lag ich dann am Feuer, und sie sprachen leise mit mir, während sich der Duft von Heilkräutern in die Nachtluft erhob.
    Cormack hatte seine grimmige Arbeit beendet und kehrte zum Feuer zurück. »Linn war schon eine Weile tot«, sagte er nüchtern. »Wer immer das getan hat, hat den Wald längst verlassen. Unsere Brüder werden sie nicht verfolgen und bis Tageseinbruch zurückkehren können. Es wäre besser gewesen, sie wären geblieben und hätten uns hier geholfen. Vielleicht hätten wir Sorcha an einen sicheren Ort bringen können.«
    Conor sah seinen Zwillingsbruder an und wandte dann den Blick ab. Cormack schien ruhig zu sein; aber seine Augen waren gerötet und seine Wangen tränenverschmiert.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Conor. »Sorcha kann nicht weggehen, nicht heute Nacht. Im Augenblick muss sie hier bleiben. Was diese andere Angelegenheit angeht – im nächtlichen Wald geschehen seltsame Dinge. Besonders in diesem Wald. Leute verlaufen sich mitunter im Dunkeln, selbst auf einem vertrauten Weg. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Nebel so rasch aufsteigt und den wahren Weg verhüllt, oder dass geheimnisvolle Stimmen einen Wanderer einen falschen Pfad entlanglocken. Schluchten können auftauchen, wo es zuvor keine gab, und Bäume, wo zuvor eine Lichtung war. Viele sind unter diesen Bäumen umgekommen, und man hat ihre Leichen nie gefunden.«
    Seine beiden Brüder sahen ihn an und dann einander.
    »Hmm«, sagte Cormack. »Ich nehme an, du weißt, wovon du redest.«
    »Ja«, erwiderte Conor.
    ***
    Padraic kochte Wasser mit Kräutern darin; der Duft sagte mir, dass er Sanikel benutzte und die Sporen von Bärlapp, jener wichtigen Pflanze, die so vorsichtig gesammelt werden musste. Sie hatten mir schon etwas zu trinken gegeben, aber mein Magen verweigerte sogar das, was gut für ihn war. Nun nippte ich wieder an der Kräuterbrühe, aber nicht zu viel. Ich wollte nicht schlafen, denn kein Trank konnte mir einen Schlaf ohne Träume versprechen. Ich bin eine Heilerin; ich war es damals und bin es heute. Seltsam, wie ich in jener Nacht tief im Geist spürte, dass ich nie geheilt werden könnte, als könnte ich mich niemals mehr aus dieser Verzweiflung erheben. Ich war da gewesen, um Simon zu helfen, und anderen vor ihm. Aber wer würde mir helfen? Selbst mein Hund war weg. Ich beobachtete die Sterne, bis sie sich über mir zu drehen schienen, bis sie durch meine Tränen verschwammen.
    Noch seltsamer war, dass mir in dieser

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