Die Tochter der Wälder
solchen Menschen warten. Wir könnten eine Ewigkeit warten. Aber die heiligen Bäume können nicht warten, während die Axtschläge über das Wasser hallen.«
»Die Geister können nicht einfach dasitzen, während die Stiefel der Fremden die Höhlen der Wahrheit schänden«, fügte Diarmid hinzu.
»Und außerdem«, meinte Liam, »bin ich nicht sicher, ob wir daran interessiert sind, den Bruch zwischen unseren Völkern zu überbrücken. Wir wollen das wieder haben, was rechtmäßig uns gehört – das liegt unserem Wesen näher.«
»Aber diese alten Geschichten erweisen sich oft als wahr«, meinte Padraic. »Manchmal bedeuten sie nicht genau das, was man glaubt, das sie bedeuten. Vielleicht hat Conor Recht. Die Dinge ändern sich jetzt; seht doch, was mit uns geschieht. Unsere Geschichte ist wahrhaftig seltsam genug.«
»Hmm«, meinte Diarmid zweifelnd. »Glaube ist eine andere Sache. Ich ziehe es vor, meinen mit einem scharfen Schwert und einem Trupp guter Männer zu unterstützen.«
»Und ein wenig Planung hat noch nie geschadet«, stimmte Cormack seinem Bruder zu. »Wenn wir zurückkehren, müssen wir bereit sein. Vater ist vielleicht nicht mehr in der Lage, die Männer ins Feld zu führen, und unser alter Feind könnte seine Schwäche nutzen. Wir müssen dafür sorgen, dass das, was wir zuvor erobert haben, nicht verloren geht.«
Conor sprach in dieser Nacht wenig. Er war stark gewesen; das Bewusstsein beider Welten aufrechtzuerhalten war eine Last, und ich sah, dass das Gewicht ihn gezeichnet hatte. Aber Finbars Isolation war etwas anderes. Ich setzte mich zu ihm, als es auf den Morgen zuging, denn ich hatte gewartet und gewartet, aber er hatte nur geschwiegen. Es war Neumond, und ich konnte im trüben Licht seine Züge kaum erkennen. Aber ich brauchte meine Augen nicht, um ihn zu sehen, denn die Gesichter all meiner Brüder spiegelten sich in meinem Herzen. Lange Nase, breiter Mund, ein paar Sommersprossen auf der hellen Haut, ein festes Kinn, und unter dem dunklen Haar, das ihm in die Stirn fiel, Augen wie klares Wasser von unermesslicher Tiefe. Das war Finbar.
»Es tut mir Leid, dass ich dich ausschließe.« Dass er nach so langem Schweigen sprach, erschreckte mich fast. »Ich kann dir meinen Geist nicht mehr öffnen, ich kann es nicht mehr.«
Warum nicht? Traust du mir nicht mehr?
»Liebste Sorcha, ich würde dir mein Leben anvertrauen. Liegen nicht alle unsere Leben in deinen Händen? Aber ich habe – ich habe Dinge gesehen, die ich nur zu gern aus meinem Geist löschen würde. Schreckliche Dinge. Ich hoffe entgegen jeder Hoffnung, dass Conor Recht hatte – dass diese Visionen nicht die Zukunft zeigen, sondern nur böse Gedanken sind, die die Frau unseres Vaters zu ihrem eigenen Zweck in meinen Kopf gesenkt hat. Vielleicht hat sie vor, mich um den Verstand zu bringen. Diese Bilder sind wahrhaft grausam. Es ist besser, sie mit niemandem zu teilen.« Seine Stimme sagte mir, dass er tief im Herzen glaubte, tatsächlich die Zukunft gesehen zu haben.
Warum nicht? Sie mit mir zu teilen, könnte die Last erleichtern.
Er verlagerte leicht das Gewicht, zog die Schultern vor und wickelte eine Haarsträhne um den Finger.
»Nicht bei dieser Last. Und sollten es tatsächlich falsche Bilder sein, warum sollten andere darunter leiden? Was mich am meisten beunruhigt, ist, dass ich nicht weiß, was ich tun soll. Wenn ich tatsächlich die Zukunft sehe, und eine schlimme Zukunft, sollte ich etwas unternehmen, um es zu verhindern. Aber selbst wenn ich die Zeit hätte, etwas zu tun, wüsste ich kaum, wo ich anfangen sollte. Und außerdem ist das vielleicht genau das, was Lady Oonagh will. Und vielleicht sind diese Dinge sogar beabsichtigt; es könnte unmöglich sein, sie aufzuhalten. Zuvor wusste ich immer, was das Richtige war. Diese Sicherheit habe ich verloren.«
Du bist immer noch derselbe. Immer noch stark.
»Aber werde ich stark genug sein? Und es wird jedes Mal schwerer. Jedes Mal verändert sich ein kleiner Teil von mir, so dass der Mensch mehr wie der Schwan wird; aber der Schwan kann niemals der Mensch sein. O Sorcha, ich habe mein eigenes Ende gesehen, und das ist etwas, was niemand wissen sollte. Ich habe gesehen, wie meine Brüder durch Schwert und Wasser untergehen, und ich habe gesehen, wie einer weit, weit weggeht, wohin kein Gedanke mehr reichen kann. Und du – ich habe schreckliche Dinge für dich vorausgesehen, und ich weiß nicht, wie ich sie verhindern soll. Wenn du von hier weggehen
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