Die Tochter der Wanderhure
zu schützen.« In Pratzendorfers Stimme schwang tiefe Verachtung für den vor wenigen Jahrenzum neuen deutschen König gewählten Friedrich von Habsburg.
Trudi presste die Lippen zusammen. Am liebsten hätte sie diesem überheblichen Kirchenmann an den Kopf geworfen, dass es sich nicht gehörte, so respektlos von dem Oberhaupt des Reiches zu sprechen, und sie hoffte, dass ihre Mutter ihm in diesem Sinne antworten würde.
Marie wusste selbst, dass die Macht des neuen Königs bei weitem nicht an die von Kaiser Sigismund oder dessen Schwiegersohn Albrecht II. von Habsburg heranreichte. Auch aus diesem Grund musste sie vorsichtig taktieren, um den Würzburger nicht zu sehr zu verärgern.
»Ich danke dem hochedlen Herrn Fürstbischof für den Schutz, den er mir angedeihen lassen will. Nur handelt es sich bei Kibitzstein um ein Reichslehen, das nicht ohne die Zustimmung Seiner Majestät, des Königs, einem anderen untertan sein kann.«
»Kibitzstein ist keine so bedeutende Herrschaft, dass eine Anerkennung der Würzburger Oberherrschaft irgendwelche Folgen hätte. Für dich und deine Familie wäre es ratsam, die Gunst des Fürstbischofs zu erbitten.« Pratzendorfer versuchte gar nicht erst, diplomatisch zu sein, sondern stellte seine Forderung im Bewusstsein, dass der Fürstbischof über genügend Macht verfügte, jeden renitenten Burgherrn in die Knie zu zwingen.
Eine leichter einzuschüchternde Frau hätte er mit seinem Auftreten beeindrucken können, doch Marie stellte nun die Stacheln auf. »Soll das eine Drohung oder gar die Erklärung einer Fehde sein?«
Trudi hätte ihrer Mutter am liebsten Beifall geklatscht, denn an dieser Antwort hatte Pratzendorfer zu schlucken.
»Dem Hochstift liegen etliche Forderungen gegen dich vor, die nicht allein das Kibitzsteiner Reichslehen, sondern vor allem die Herrschaften betreffen, die von deinem Mann und dir gekauft oder als Pfand erworben wurden. Das Gericht des Fürstbischofswird darüber entscheiden, und es würde eher zu deinen Gunsten sprechen, wenn du dich unter den Schutz des Landesherrn stellst. So, wie es jetzt steht, sind deine Gegner als brave Würzburger Untertanen im Vorteil. Zeigst du dich störrisch, wirst du alles verlieren bis auf diese Burg hier und das dazugehörige Meierdorf. Im anderen Fall aber könntest du deinem Sohn eine große Herrschaft vererben und deine Töchter mit edlen Rittern in den Diensten des Fürstbischofs verheiraten.«
Jetzt ist die Katze aus dem Sack, fuhr es Trudi durch den Kopf, und für Augenblicke verließ sie der Mut. Ihre Mutter hingegen blickte dem Prälaten offen in die Augen. »Ihr habt etwas vergessen! Mir steht das Recht zu, das Reichsgericht anzurufen, und falls mein Besitz angetastet wird, werde ich genau das tun.«
Der höhnische Ausdruck auf Pratzendorfers Gesicht vertiefte sich noch. »Dann tu es! Aber glaube nicht, dass der Steiermärker dir auch nur einen einzigen Ritter zu deiner Unterstützung schicken wird. Wahrscheinlich wirst du sogar vergebens auf eine Antwort warten. Nur Herr Gottfried Schenk zu Limpurg vermag dir in dieser schweren Zeit eine helfende Hand entgegenzustrecken.«
Für Augenblicke schwankte Marie. Sie hatte bereits die noch unerklärte Fehde mit dem Damenstift von Hilgertshausen am Hals und konnte wirklich keine weiteren Feinde brauchen. Auch hing sie nicht sonderlich an der Reichsfreiheit ihres Besitzes. Aber Falko würde dies vielleicht anders sehen. Es war ein erheblicher Unterschied, ein freier Reichsritter oder der Untertan irgendeines Fürsten zu sein. Dennoch zog sie es vor, zu verhandeln.
»Ich würde gerne wissen, welche Vorstellungen Seine Hoheit, der Fürstbischof, sich bezüglich des Kibitzsteiner Besitzes macht. Wenn ich auf sein Anerbieten eingehe, muss ich sicher sein, dass mein gesamter Besitz unangetastet bleibt und sich womöglich noch vermehrt. Die Vogtei über den Markt Dettelbach sowie die Umwandlung der bisher nur als Pfand übergebenen Ländereienin Eigenbesitz wären wohl das Geringste, das ich für meinen Sohn fordern könnte.«
Diese Frechheit verschlug dem Prälaten für einen Augenblick die Sprache. Den Plänen des Fürstbischofs zufolge sollte der Kibitzsteiner Besitz bis auf einen Teil des von Kaiser Sigismund als Lehen erhaltenen Gebiets dem Hochstift zugesprochen und an treue Gefolgsleute verteilt werden.
»Das wird wohl nicht möglich sein!«, würgte er hervor und sagte sich, dass dieses Weib einen gehörigen Dämpfer brauchte, um die ihm zustehende Demut
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