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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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um, das sie als Waffe benutzen konnte, begriff dann aber, dass sie allein gegen die beiden Schurken nichts ausrichten konnte. Der Zorn trieb ihr die Tränen aus den Augen, doch Stammberg glaubte, er habe ihren Willen gebrochen, und lachte triumphierend.
    »Heul nur! So gefällst du mir besser. Und jetzt los, ihr faulen Weiber! Hebt den Knecht auf den Gaul, sonst schlage ich noch einmal zu.«
    »Wenn ich dann ebenfalls ohnmächtig daliege, könnt Ihr zusehen, wer Lampert und mich aufhebt.« Trudis bissige Antwort machte jedoch wenig Eindruck auf den Mann.
    Er bedrohte sie erneut mit dem Schwert. »Ich warte nicht länger!«
    Uta begriff, dass Stammberg bereit war, ihre Herrin niederzuschlagen und vielleicht sogar zu töten. Daher fasste sie Trudis Hände und zog sie auf Lampert zu. »Herrin, beruhigt Euch! Bitte! Die Kerle bringen uns sonst noch um.«
    Trudi kniff die Augenlider zusammen und stöhnte auf, weil ihr linkes Auge fürchterlich brannte. Es schwoll bereits zu, und sie war sicher, in den nächsten Tagen mit einem riesigen Veilchen herumlaufen zu müssen. Dennoch hielt nur die Angst, niedergeschlagen zu werden und den Schurken bewusstlos ausgeliefert zu sein, sie davon ab, wieder auf Stammberg loszugehen. Mit mühsam gebändigter Wut half sie Uta, Lampert über den Sattel zu legen, und stieg dann wieder auf ihre Stute. Jetzt bedauerte sie, sich nicht Hiltruds Erzählungen zum Vorbild genommen und ein Messer unter ihrem Kleid versteckt zu haben. Das hatten die Ziegenbäuerin und ihre Mutter in Zeiten großer Gefahr getan, doch ihr selbst war nicht einmal der Gedanke gekommen, sie könne in eine Situation geraten, in der sie eine verstecke Waffe benötigte.
    Die beiden Ritter scheuchten Uta wieder auf ihren Gaul, nahmen die Zügel und führten die Pferde neben sich her. Dabei prahlten sie, wie leicht ihnen dieser Streich gefallen wäre, und spotteten über ihre Opfer.
    »Ich habe dir ja gesagt, unser Schicksal würde sich in Altötting wenden«, erinnerte Hohenwiesen seinen Freund an einen früheren Ausspruch.
    »So hat es aber zuerst nicht ausgesehen. Wenn uns der Opferstock der Kapelle nicht gerettet hätte, besäße nun der Herbergswirt unsere Pferde!«, erwiderte Stammberg lachend.
    Sein Kamerad kicherte. »Die Gläubigen hätten ruhig ein wenig mehr spenden können. So hat es gerade dafür gereicht, unsere Zeche zu zahlen und unsere Sachen auszulösen. Aber von nun an geht es uns besser! Dafür wird schon die gutgefüllte Reisekasse der Jungfer sorgen.«
    Trudi hätte beinahe laut aufgelacht. Ihre angeblich so reich bestückte Reisekasse hielt Hohenwiesen bereits in der Hand, und er hatte sie als Bettel bezeichnet. Mehr als die paar Münzen würde er bei ihr nicht finden.

11.
    Z uletzt wurde der Weg so eng, dass die Pferde hintereinandergehen mussten. Zu beiden Seiten strebten die Felswände beinahe senkrecht empor, und immer wieder fielen Schneebrocken auf die Reiter. Melchior von Hohenwiesen fluchte gotteslästerlich, während die Laune seines Kumpans eher stieg.
    »Bald haben wir unser Ziel erreicht, mein Lieber, und können es uns gut gehen lassen.«
    »Hoffentlich! Denn wenn das so weitergeht, versinken unsere Gäule bald bis zur Brust im Schnee, und wir kommen weder vor noch zurück«, antwortete Hohenwiesen mürrisch.
    »Zugegeben, der Weg zur Burg ist nicht leicht zurückzulegen. Dafür aber bekommt man kaum unliebsame Besucher. Keine Sorge, es ist nicht mehr weit. Wir müssen nur noch diesen einen Anstieg dort vorne schaffen.« Stammberg wies dabei auf einen Abhang, der stark vereist wirkte.
    Sein Freund knurrte gereizt. »Wir werden absteigen und die Gäule führen müssen.«
    »Unsere Gäste gehen voraus!« Stammberg zog sein Schwert.
    »Runter von den Zossen, aber schnell!«
    Inzwischen war Lampert aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht, fühlte sich aber immer noch benommen. Als er die Klinge sah, gehorchte er sofort. Uta rutschte aufquiekend von ihrem Packsattel, Trudi aber wartete, bis der Ritter das Schwert hob, um sie mit der flachen Klinge zu schlagen, und schwang sich erst im letzten Augenblick aus dem Sattel. Nun bekamen sie die Zügelihrer Pferde in die Hand gedrückt. Fliehen war jedoch unmöglich, denn die beiden Räuber trieben ihre drei Gefangenen wie eine Schafherde vor sich her.
    Als Trudi zornerfüllt stehen blieb und ihr Pferd wie eine Mauer quer über den Weg stellte, spie Stammberg aus und deutete mit dem Schwert auf ihre Stute.
    »Mir gefällt dieser Gaul zwar, aber wenn du

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