Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
Kehle. »Wenn du zickig werden willst, kann ich auch anders. Das hier solltest du verstehen!«
    Trudi war so empört, dass sie keine Angst empfand. »Was soll das? Steckt Eure Waffe weg!«
    »Aber nur, wenn du ganz brav bist, mein Täubchen. Jetzt, wo wir dich einmal in der Hand haben, wollen wir nicht riskieren, dass du uns wieder davonfliegst. Also lang erst einmal deine Zügel herüber. Ich möchte nicht, dass du die Schnelligkeit deiner Stute ausnützen kannst, um uns zu entkommen. Ein gutes Tier übrigens, das ich für die Zucht verwenden werde, sowie ich über einen Hengst verfüge, der ihrer würdig ist.«
    »Was soll das werden? Eine Entführung?«
    »So kann man es nennen! Vielleicht auch ein Raubüberfall, wenn dir das lieber ist. Reich mir deine Börse herüber! Ein junges Ding wie du braucht kein Geld.«
    »Zügel, Börse, was soll ich Euch noch alles geben?«, fragte Trudi voller Wut.
    »Alles, was du bei dir hast. Du hast gewiss auch Freunde und Verwandte, die jemanden wie mich reichlich belohnen werden, wenn ich dich ihnen zurückgebe.«
    Trudi wünschte Hohenwiesen in die tiefste Hölle und sich gleich mit dazu, weil sie so dumm und leichtsinnig gewesen war, auf diesen Kerl und seinen ebenso windigen Begleiter hereinzufallen. Mit seinem Schwert an der Kehle blieb ihr nichts anderes übrig, als seinen Anweisungen zu folgen und ihm ihren recht mageren Geldbeutel und die Zügel der Stute auszuhändigen.
    Melchior von Hohenwiesen wog den Beutel und kniff die Augenliderzusammen. »Das kann doch wohl nicht alles sein! Gewiss hast du den Großteil deines Geldes in der Satteltasche stecken. Das kann bis heute Abend dort bleiben. Jetzt müssen wir vorwärts!« Damit riss er so hart an den Zügeln, dass die Stute vor Empörung aufwieherte und antrabte.
    Uta und Lampert hatten die Auseinandersetzung verfolgt, ohne eingreifen zu können. Die Magd war unbewaffnet, und Lampert besaß nur einen Dolch. Bevor er danach greifen konnte, hatte auch Stammberg sein Schwert gezogen und hielt ihn in Schach. Lamperts Gedanken führten einen wirren Tanz auf, und er verfluchte sich, weil er die Herrin nicht von Anfang an gewarnt hatte, sich mit den beiden Rittern einzulassen. Jetzt schien es zu spät. Ohne sich zu besinnen, riss er sein Pferd herum, um zu fliehen. Solange er in Freiheit war, sagte er sich, konnte er etwas für seine Herrin und Uta tun.
    Stammberg hatte diese Reaktion jedoch erwartet, hieb zu und traf den Knecht mit der flachen Klinge am Kopf.
    Lampert kippte bewusstlos aus dem Sattel und fiel in den Schnee, der sich durch das Blut, das aus einer Platzwunde floss, unter ihm rot färbte.
    Nur wenige Schritte entfernt kreischte Uta voller Schrecken auf.
    »Du hast ihn erschlagen!«
    »Und wenn schon! Wäre nicht schade um den Kerl«, antwortete Stammberg achselzuckend. »Aber der dürfte nur ohne Besinnung sein. Ich könnte ihn als Futter für die Wölfe liegenlassen, aber als barmherziger Mensch bringe ich das nicht übers Herz. Also steig ab, und du auch, Jungfer, und hebt den Burschen auf seinen Gaul!«
    Von den Schwertern der Ritter bedroht, konnten Trudi und Uta nichts anderes tun als gehorchen. Während sie sich über Lampert beugten, der zu ihrer Erleichterung noch atmete, fing Hohenwiesen das Pferd des Knechts ein, das nach ein paar Schritten stehen geblieben war.
    »Wir müssen ihn verbinden, sonst verblutet er noch«, erklärte Trudi mit einem Blick auf ihre Satteltasche, in der neben etwas Leinwand, das sich für die Versorgung von Wunden eignete, auch der Dolch steckte, den sie Otto von Henneberg bei dem Überfall auf sie und die Mägde abgenommen hatte.
    Stammberg winkte ab. »Von dem bisschen Blut wird er schon nicht krepieren. Für ihn ist das so, als hätte man ihm ein paar Blutegel angesetzt. Hinterher fühlt er sich besser und wird uns dafür dankbar sein.«
    Das war blanker Hohn. Trudi konnte sich nicht mehr beherrschen und schlug voller Wut mit den Fäusten auf den Raubritter ein. Stammberg war so verblüfft, dass er einige schmerzhafte Hiebe abbekam, ehe er sie packen konnte. Dann aber versetzte er ihr einen heftigen Schlag ins Gesicht und schleuderte sie zu Boden.
    »Das ist nur ein Vorgeschmack dessen, was dich erwartet, wenn du dich weiterhin störrisch zeigst«, drohte er.
    Trudi wischte sich über die schmerzenden Lippen und starrte auf das Blut auf ihrem Handrücken. Wenn der Kerl glaubte, sie mit Schlägen brechen zu können, so sollte er sich getäuscht haben. Sie sah sich nach etwas

Weitere Kostenlose Bücher