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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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verstand ihren fragenden Blick und zuckte mit den Achseln. »Ritter Frodewin wird sich wohl zu Hause Geld holen wollen, um nicht als Bettler vor den König treten zu müssen. Da die Burg auf unserem Weg liegt, soll es mir recht sein.«
    »Woher wollt Ihr wissen, dass wir noch auf dem richtigen Weg sind?«, platzte Uta aus einer plötzlichen Eingebung heraus.
    »Ich habe mir in Altötting einige Orte nennen lassen, an denen wir vorbeikommen müssen, und frage Abend für Abend unsere Gastgeber, welche größeren Städte in der Nähe liegen. Bis jetzt hat alles gestimmt.«
    Uta blickte sie zweifelnd an. »Aber wir sind nicht durch Salzburg gekommen, und diese Stadt sollte doch auch auf dem Weg nach Graz liegen.«
    »Wären wir nach Salzburg geritten, säßen wir jetzt mitten im Gebirge bei Eis und Schnee fest und kämen kaum weiter. Aber auf der Straße, die unsere beiden Führer gewählt haben, konnten wir die Pferde bisher gut ausgreifen lassen. Wenn wir nur ein bisschen Glück haben, werden wir Graz erreichen, ohne eingeschneit zu werden.«
    »Vielleicht hat Stammberg diesen Weg nur gewählt, damit er seine Burg aufsuchen kann.« Uta schien dieser Gedanke sehr vernünftig, denn sie selbst hätte ebenso gehandelt. Da weder sie noch Trudi wussten, wo Graz wirklich lag, mussten sie ihren Begleitern vertrauen.
    Aber die Tatsache, dass Stammberg ihr den Abstecher zu seiner Burg verschwiegen hatte, missfiel Trudi, und sie nahm sich vor, nun stärker auf das zu achten, was um sie herum vorging.

10.
    N icht lange, da streckten sich die Berge vor den Reisenden wie eine weiße Wand von West nach Ost, und Trudi fror bereits, wenn sie sie nur anblickte. Sie hatte einen Teil des ihr noch verbliebenen Geldes opfern müssen, um Decken für Uta und Lampert zu kaufen, da deren Kleidung nicht so warm war wie ihre. Inzwischen waren sie zwei weitere Tage unterwegs und entgegen den Ankündigungen der beiden Ritter doch zwischen hohe Berge geraten. Die Tage waren sonnig und klar, aber die Pferde mussten sich entweder durch kniehohen Schnee kämpfen oder rutschten auf zu Eis gefrorenen Pfützen aus.
    Als Trudi ihre Stute wieder einmal knapp vor einem Sturz bewahrt hatte, wandte sie sich verärgert an Hohenwiesen. »Der Weg ist schlecht gewählt! Hier kommen unsere Pferde noch zu Schaden!«
    »Es ist ein guter Weg«, antwortete der Ritter aufgeräumt, »denn er führt uns genau auf das Heim meines Freundes zu. Heute Abend können wir in seiner warmen Halle sitzen und gut schmausen. Morgen lassen wir die Pferde neu beschlagen, so dass sie sicher über die Berge steigen können.«
    »Aber Euren Worten und denen Eures Freundes zufolge sollten wir doch gar nicht in die Berge kommen«, wandte Trudi verwirrt ein.
    »Wenn man nach Graz reisen will, kann man die Berge nicht ganz umgehen«, erklärte Hohenwiesen ihr wie einem unmündigen Kind und drehte sich dann zu Uta und Lampert um, die ein wenig zurückgeblieben waren.
    »Trödelt nicht so! Sonst müsst ihr die Nacht im Freien verbringen, und darüber würden sich die Wölfe freuen. Das gilt auch für Euch, Jungfer. Oder wollt Ihr heute Abend nicht an einem prasselnden Feuer sitzen?«
    Hohenwiesens spöttischer Tonfall zerrte an Trudis Nerven, und sie stellte innerlich die Stacheln auf. »Ich glaube nicht, dass ich zur Burg Eures Freundes reiten will. Bringt uns in die nächste Stadt!«
    Mit einem Mal erschienen Hohenwiesen und Stammberg ihr so unsympathisch, dass sie sich fragte, wie sie ihnen jemals hatte vertrauen können. Daher beschloss sie, sich bei der nächsten Gelegenheit von den beiden zu trennen und die letzte Wegstrecke nach Graz trotz aller Bedenken mit Uta und Lampert alleine zu bewältigen.
    Melchior von Hohenwiesen spürte ihren wachsenden Unmut. »Du wirst die Gastfreundschaft meines Kameraden schlecht ausschlagen können, denn es gibt im weiten Rund keine Stadt und auf viele Stunden auch kein Dorf, in dem du mit deinem Gesinde Unterschlupf finden könntest. Außerdem besteht Ritter Frodewin darauf, dich zu bewirten. Also füge dich darein! Es ist besser für dich und deine Begleiter.«
    Der Tonfall des Mannes gefiel Trudi noch weniger als seine Worte. Außerdem ärgerte sie sich darüber, dass er sie auf einmal duzte wie eine beliebige Magd. Sie zügelte ihre Stute und funkelte ihn zornig an. »So lasse ich nicht mit mir reden! Ihr bringt uns sofort in das nächste Dorf, habt Ihr verstanden?«
    Statt einer Antwort zog der Ritter sein Schwert und hielt ihr die Spitze an die

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