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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Ewigkeit zu dauern, bis der König die Tafel aufhob, und als das erlösende Wort erklang, sprang sie auf und ging gerade langsam genug zur Tür hinaus, dass ihre Erregung, wie sie hoffte, niemandem auffiel. Draußen begann sie zu rennen.
    Als sie in ihre Kammer zurückkehrte, schien es, als habe ihre eigene Unruhe die Magd angesteckt, denn diese fragte sogar, was sie für ihre Herrin tun könne. »Geh zur Wirtschafterin und bittesie um einen Auftrag für diesen Nachmittag. Wir wollen Speis und Trank ja schließlich nicht ganz umsonst erhalten!«, sagte sie, um Uta loszuwerden.
    Sofort quälte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie ihre Magd ohne Erklärung zurücklassen musste, und es war kein großer Trost für sie, dass Lampert sich um sie kümmern würde.
    Uta zog eine Schnute und blickte demonstrativ auf ihre zerstochenen Fingerkuppen. In den letzten Wochen hatte sie mehr Leintücher und andere Wäsche genäht als in all den Jahren auf Kibitzstein und war von der Wirtschafterin sogar für ihre sorgfältige Arbeit gelobt worden. Ihre Bereitschaft, noch mehr zu tun, war denkbar gering. Aber ein Blick auf das verschlossene Gesicht ihrer Herrin verriet ihr, dass Widerspruch ihr nur Ärger eintragen würde. Nun fühlte sie sich schlecht behandelt, denn das Essen, für das sie arbeiten sollte, kam nicht ihr zugute. Auf das Ende des Winters zu gab es für das Gesinde tagein, tagaus nur noch einen fad schmeckenden Eintopf, und satt wurden nur noch die, die an der Tafel des Königs speisen durften. Aber da Gott es so eingerichtet hatte, dass Trudi ihre Gebieterin war und sie nur eine Magd, schlurfte sie zur Tür.
    Dort drehte sie sich noch einmal um. »Braucht Ihr mich heute wirklich nicht mehr? Dann wollt Ihr auch Gressingen nicht mehr aufsuchen. Das ist klug von Euch! Die Leute tuscheln nämlich schon, und der König helfe Euch deshalb nicht, so heißt es, weil Ihr Euch mit seinem Gefangenen abgebt.«
    »Nein, heute gehe ich nicht zu Gressingen.« Trudi betonte das Wort »heute«, als wolle sie Uta für ihre Worte tadeln, merkte aber, dass ihre Wangen rot wurden. Sie war nicht gewohnt zu lügen, doch nun musste sie es tun, um den Mann zu retten, den sie liebte.
    Hoffentlich vergisst er nicht, wie viel ich für ihn riskiere, fuhr es ihr durch den Kopf. Sofort schämte sie sich dafür, Junker Georg schlechte Absichten zu unterstellen. Sie presste die Hände aufdie Wangen, um ihre Erregung zu verbergen, und befahl Uta zu verschwinden.
    Kaum hatte die Magd die Tür hinter sich ins Schloss gezogen, warf Trudi sich aufs Bett, verkrallte sich in das Laken und begann zu weinen. Die Anspannung war einfach zu viel für sie, und sie sehnte sich nach einem Menschen wie ihre Patentante Hiltrud oder Alika, mit dem sie über all das hätte reden können, was ihr schier das Herz abdrückte. Hier in der Fremde fühlte sie sich so allein wie nie zuvor, und es gab wirklich nur Junker Georg, dem an ihrem Wohlergehen lag. Er war der Mann, dem sie ihre Jungfernschaft geopfert hatte, und ihm würde sie treu bleiben, bis der Tod sie schied.
    Trudi versuchte sich vorzustellen, wie glücklich sie mit Georg von Gressingen sein würde, doch statt schöner Bilder stiegen Zweifel in ihr hoch. Der Junker hatte ihr im Fuchsheimer Wald geschworen, umgehend um sie zu werben, und hatte es doch nicht getan. Es gab natürlich Gründe, die ihn daran gehindert hatten. Allerdings wäre ihr ein offenes Wort lieber gewesen als all die Monate, die sie in Angst und Unsicherheit verbracht hatte. Auch jetzt war er wieder rasch bei der Hand mit seinen Schwüren, und sie wollte ihm glauben. Aber der Glanz des strahlenden Helden, den sie all die Zeit in ihm gesehen hatte, war wie ein Schleier von ihm abgezogen worden, und darunter kam nun ein ganz gewöhnlicher Mann zum Vorschein.
    Als ihr dann durch den Kopf schoss, dass ihr Vater an Junker Georgs Stelle sich durch nichts hätte hindern lassen, zu ihr zu reiten, um mit ihr und ihren Eltern zu sprechen, zuckte sie zusammen und versuchte, all ihre Zweifel weit weg zu schieben. Stattdessen aber sagte eine Stimme höhnisch in ihr, dass selbst Peter von Eichenloh ein Mädchen, das er liebte, nicht hätte warten lassen. Nicht einmal Hardwin hätte das getan, obwohl er von den Nachbarn als charakterloses Muttersöhnchen angesehen wurde.
    An dieser Stelle zwang sie sich, ihre Gedanken auf die geplante Flucht zu richten. Sie hatte Georg von Gressingen versprochen, ihm zur Freiheit zu verhelfen, und das würde sie tun. Mit

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