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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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kontrollierte. Doch der König blieb allein.
    Als Friedrichs Gebete jedes andere Geräusch übertönten, schlich er auf Zehenspitzen auf ihn zu und hob sein Schwert, um es in den Rücken des Königs zu bohren.

9.
    U ta war sauer. Den ganzen Tag über hatte sie hart arbeiten müssen, ohne ein Wort des Dankes zu hören, und als sie in die Kammer ihrer Herrin trat, war diese einfach weggegangen. Die Magd tastete nach einem der Kienspäne, die in einer Nische lagen, und kehrte auf den Flur zurück, um ihn an einer brennenden Fackel zu entzünden. Als sie zurückkam, zeigte ihr ein prüfender Blick, dass Trudis Stiefel, ihre warme Kleidung und der Mantel fehlten, als habe sie einen Spaziergang oder einen Ausritt unternehmen wollen. Da dies für die späte Tageszeit ungewöhnlich war, zog Uta die Stirn kraus.
    Im gleichen Augenblick erinnerte sie sich an Lampert, der sie aufgefordert hatte, etwa zu dieser Stunde zu ihm in den Stall zu kommen, und zwar so warm angezogen, wie es nur möglich war. Uta hielt sich selbst nicht für die Klügste, doch sie besaß genug Hausverstand, um eins und eins zusammenzuzählen. Lampert war nicht danach, mit ihr ein wenig durch die Nacht zu schlendern und die Sterne am Himmel zu zählen. Er hatte in Trudis Auftrag gehandelt, und das konnte nur eines bedeuten: Ihre verrückte Herrin wollte heimlich die Burg verlassen.
    Uta verstand Trudis Entscheidung sogar. Schließlich hatte der König bisher noch nicht einmal angedeutet, dass er Kibitzstein helfen wollte. Dennoch hätte Trudi nach Utas Ansicht Herrn Friedrich offiziell um Abschied bitten und zu einer christlichen Zeit aufbrechen müssen.
    Nun schoss ein Gedanke durch Utas Kopf, der sie erstarren ließ. Diese Heimlichkeit konnte nur eines bedeuten: Trudi wollte Georg von Gressingen befreien und mit ihm zusammen fliehen. Bei dem Gedanken, wegen dieses unangenehmen Menschen in die kalte Winternacht hineinreiten zu müssen, schauderte es Uta, und sie ballte die Fäuste. Das musste sie unter allen Umständen verhindern. Als sie die Kammer verließ, legte sie sich die Wortezurecht, mit der sie ihrer Herrin ins Gewissen reden wollte. Getrieben von Wut und einer wachsenden unerklärlichen Angst, rannte sie durch die von flackerndem Fackellicht erleuchteten Gänge, bis sie vor Gressingens Kammer stand.
    Auf den ersten Blick schien alles in Ordnung zu sein, denn die Riegel waren zugeschoben. Allerdings fehlte der Posten vor der Tür, und das gefiel Uta gar nicht. Einen Augenblick scheute sie davor zurück, die Riegel zu lösen und einzutreten. Doch ein Stöhnen hinter der Tür ließ sie alle Bedenken vergessen. Rasch öffnete sie und streckte den Kopf hinein. Als Erstes sah sie den ermordeten Wachtposten und schrie auf, dann fiel ihr Blick auf ihre Herrin und Eichenloh.
    Trudi kniete am Boden und schwankte. Noch immer lief ihr Blut über das Gesicht und blendete sie. Dennoch versuchte sie, zu Eichenloh hinüberzukriechen, der schmerzverkrümmt dalag und die Hände auf eine Wunde presste.
    »Herrin! Was ist geschehen?« Uta schoss auf Trudi zu und fasste sie bei den Schultern.
    »Gressingen wollte mich töten. Bei Gott, hätte er es doch getan!« Tränen rannen Trudi wie rote Perlen über die Wangen.
    »Unsinn!« Es kostete Eichenloh Mühe, das Wort auszustoßen. »Lasst Euch verbinden!«, rief Trudi, wischte sich über die Augen und versuchte, zu Eichenloh zu blicken.
    »Ich muss den König warnen!« Junker Peter wollte aufstehen, sank aber mit einem Aufstöhnen wieder zurück. »Es geht nicht. Könnt Ihr laufen? Wenn ja, dann beeilt Euch. Gressingen hat gesagt, er wolle Friedrich umbringen. Warnt den König!«
    Nach diesen Worten sank sein Kopf zur Erde, und er regte sich nicht mehr.
    Trudi starrte ihn entsetzt an und kämpfte sich auf die Füße. »Versorge Eichenlohs Wunden!«, befahl sie Uta. »Ich muss zum König!«
    »Das sollte besser ich …«, rief Uta ihr nach, brach aber mittenim Satz ab. Als einfache Magd würde sie nie in die Nähe des Königs gelangen, und man würde ihr wohl auch nicht glauben. Mit einem wütenden Schnauben, das sowohl dem Dickkopf ihrer Herrin wie auch der Situation galt, wandte sie sich dem Verwundeten zu.
    »Ich werde Euch jetzt verbinden, Herr. Gebt mir aber nicht die Schuld, wenn Ihr trotzdem sterbt.« Uta kämpfte dabei mit den Tränen, denn sie hatte es Eichenloh nicht vergessen, dass er sie, Trudi und Lampert vor einem jämmerlichen Tod durch Erfrieren gerettet hatte.

10.
    T rudi rannte so schnell, wie ihre

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