Die Tochter der Wanderhure
Schenk zu Limpurg nahm es direkt von ihm entgegen, las aufmerksam den Text und prüfte anschließend dasSchreiben genau. Sowohl die Unterschriften wie die Siegel des Bischofs Johann von Brunn, seines Vorvorgängers, wie auch die seiner Zeugen waren echt.
Mit einer Bewegung, die großmütig wirken sollte, reichte er die Urkunde zurück. »Wie es aussieht, wurde ich falsch beraten. Meine Dame, Ihr seid zu Recht Herrin auf Kibitzstein!« Er neigte kurz das Haupt in Richtung Marie und wollte die Sache nun beenden.
Pratzendorfer begriff, dass Herr Gottfried ihm die Schuld an diesem Fehlschlag in die Schuhe schieben wollte, und überlegte fieberhaft, wie er sich aus dieser Klemme winden konnte. Herzog Albrecht von Österreich hatte ihn nach Würzburg geschickt, um den Fürstbischof zu unterstützen und damit auf seine Seite zu ziehen. Stattdessen hatte er Gottfried Schenk zu Limpurg vor allen Leuten zum Gespött gemacht, und das würde der Mann, der sich auch Herzog von Franken nannte, ihm niemals verzeihen. Er erinnerte sich, wie nachtragend der Bischof Peter von Eichenloh mit seinem Hass verfolgte. Um doch noch einen Erfolg zu erringen, musste er Zwietracht säen, bis das Hochstift Würzburg in einen Krieg mit dem Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach verwickelt war und der Bischof Herzog Albrecht von Österreich um Hilfe anflehen musste.
Mit diesem Ziel trat er zwischen den Bischof und Falko und hob gebieterisch die Hand. »Dieser Fetzen Pergament mag für die Burg und die darin beschriebenen Dörfer gelten, nicht aber für jene Dörfer und Herrschaften, um die Michel Adler und sein Weib so edle Herren wie Ludolf von Fuchsheim, Ingobert von Dieboldsheim oder die frommen Damen zu Hilgertshausen gebracht haben!«
Sein Appell wurde von den Betroffenen vehement aufgenommen, und der Fürstbischof sah sich mit ihren Forderungen nach Wiedergutmachung konfrontiert.
Marie war über die Haltung ihrer Nachbarn so empört, dass siein die Truhe griff und dem Bischof eine ganze Handvoll Schuldund Pfandverschreibungen hinhielt. »Ihr seid der Gerichtsherr von Franken! Sagt, ob diese Papiere dem Recht entsprechen oder nicht! Mein Mann und ich haben gutes Geld gegeben oder im Falle des Fuchsheimers fuderweise Wein und Nahrungsmittel geliefert. Weder haben wir Zinsen dafür verlangt noch sonst etwas Ungebührliches getan!«
Junker Markus, der dem Bischof am nächsten stand, wollte die Papiere an sich reißen, doch Marie hielt sie fest, bis Hardwin, der dem Mertelsbacher das Muttersöhnchen nicht vergessen hatte, Bonas Stiefsohn mit einer verächtlichen Bewegung zurückgestoßen hatte.
»Wenn Ihr erlaubt«, sagte er und reichte Herrn Gottfried die Urkunden. Der Fürstbischof nahm sie an sich und prüfte sie ebenso aufmerksam wie die erste Urkunde. Nach einer Weile gab er sie über Hardwin an Marie zurück.
»Ihr werdet Uns für die Herrschaft Windach, die Hofmark Bernreuth und Euren Anteil an Unserem Markt Ingersdorf den Treueid leisten und Abgaben bezahlen!«
Marie war im ersten Augenblick verblüfft. Mit diesem Schiedsspruch hatte Gottfried Schenk zu Limpurg ihr Recht auch auf diese Besitzungen bekräftigt und gleichzeitig gegen jene Position bezogen, die sie um Land und Anteile hatten bringen wollen. Pratzendorfer sah den Rittern an, die er als Verbündete gewonnen hatte, dass sie sich düpiert und um ihren Lohn betrogen fühlten. Die Männer fletschten die Zähne, und Klara von Monheim, deren Gesicht die Farbe alten Burgunderweins angenommen hatte, schüttelte mehrmals den Kopf. Sie war ebenfalls nicht bereit, die Entscheidung des Fürstbischofs hinzunehmen. Dem Prälaten war bewusst, dass die Edelleute seinen Versprechungen geglaubt hatten und es ihm ankreiden würden, wenn sie leer ausgingen. Dabei konnte er weit mehr verlieren als nur die Fehde um Kibitzstein.
Er deutete auf Ingobert von Dieboldsheim und die anderen Burgherren. »Diese Ritter und die ehrwürdige Äbtissin von Hilgertshausen haben Kibitzstein die Fehde angesagt und werden diese erst beenden, wenn ihre gerechten Forderungen erfüllt worden sind.«
»Ganz genau!«, stimmte Ludolf von Fuchsheim ihm zu. Er hatte bei Bonas Hochzeit ein Drittel seines Besitzes an Michel Adler und seine Frau überschreiben müssen und wusste, dass er niemals genug Geld aufbringen würde, um diese Schuld zu tilgen. Auch der Dieboldsheimer und einige Verwandte und Freunde, die sich den Burgherren angeschlossen hatten, forderten lauthals das ein, was sie ihr gutes
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