Die Tochter der Wanderhure
ausgerufen und von den versammelten Burgherren frenetisch beklatscht. Hardwin von Steinsfeld musste gegen Markus von Mertelsbach antreten. Als Nächstes fiel das Los auf Peter von Eichenloh und Magnus von Henneberg. Ein kurzer Blick verriet Peter, dass Otto nicht traurig sein würde, wenn sein Bruder eine herbe Niederlage erlitt. Die letzten Kämpfer mussten nicht mehr ausgelost werden, da auf Kibitzsteiner Seite nur noch Michi und für die Belagerer Ingobert von Dieboldsheim übrig geblieben waren.
Michi achtete nicht auf seinen Gegner, sondern sah Peter von Eichenloh an. »Wenn Falko etwas passiert, wird Henneberg es bereuen!«
Peter spürte, dass Michi bereit war, Otto von Henneberg in diesem Fall zu töten, auch wenn er damit friedlos wurde, und hoffte daher, dass sein Glaube in Otto ihn nicht trog.
Da der Bischof die Angelegenheit rasch hinter sich bringen wollte, bestimmte er, dass die Zweikämpfe sofort stattzufinden hätten.
Während Falko und Michi nach Kibitzstein zurückeilten, um ihre Pferde zu holen, begann Markus von Mertelsbach zu spotten. »Die beiden werden wir heute wohl nicht wiedersehen!«
Marie krümmte sich innerlich vor Angst um ihren Sohn, aber dennoch funkelte sie den Sprecher zornig an. »Mein Sohn ist kein Feigling! Er wird gegen Henneberg antreten und bestehen.«
Ihre Gegner lachten sie aus, doch bevor sie sich zu einem falschen Wort hinreißen lassen konnte, zog Trudi sie zur Seite und senkte ihre Stimme. »Ich vertraue Junker Peter. Er kennt Graf Otto am besten.«
»Wie bist du denn an Eichenloh geraten?«, wollte Marie wissen. Über Trudis Gesicht huschte trotz aller Beklemmung ein spitzbübisches Lächeln. »Er hat mir, Uta und Lampert das Leben gerettet und sich beim König vehement für uns eingesetzt. Friedrich III. hat uns zwar keine Soldaten schicken können, aber du hast die Macht erlebt, die seinen Worten innewohnt.«
Marie nickte unwillkürlich, fragte sich aber, was Kibitzstein ihr noch bedeuten sollte, wenn Falko diesen Tag nicht überlebte. Außerdem sorgte sie sich um Junker Hardwin, der einem Raufbold wie Markus von Mertelsbach bestimmt nicht gewachsen war.
Die Ziegenbäuerin, die ebenfalls die Burg verlassen hatte und sich nun zu Marie gesellte, bemerkte den zweifelnden Blick ihrer Freundin und fragte sich ebenfalls, wie Falko und Hardwin sich gegen ihre Gegner durchsetzen wollten. Ihrem eigenen Sohn traute sie zu, gegen Ingobert von Dieboldsheim zu bestehen, wandte sich aber dennoch mit einem kurzen Gebet an die Heilige Jungfrau Maria, in das sie ihn einschloss. Für Michi und Falko konnte sie nicht mehr tun als beten. Daher wandte sie sich Junker Hardwin zu. Zwar wirkte er erwachsener als früher und schien fest entschlossen, den Holmgang zu gewinnen. Aber sie hielt es für besser, seinen Kampfgeist noch ein wenig anzuheizen.
Schwerfällig trat sie auf ihn zu und zupfte ihn am Ärmel. »Seid Ihr schon zu Hause gewesen, Junker Hardwin?«
Dieser schüttelte den Kopf.
»Nein! Gibt es schlechte Nachrichten?«
»Nein, nein, nur einen Gast, den Eure Mutter bei sich aufgenommen hat.«
»Einen Gast?« Hardwin wirkte verwirrt. Er wollte seine Gedanken für den Kampf sammeln und nicht über irgendwelche GästeseinerMutter reden. Bevor er sich jedoch von Hiltrud freimachen konnte, sprach diese weiter.
»Es handelt sich um Frau Bona, die nach dem Tod ihres Gemahls von ihrem Stiefsohn Markus aus der Burg vertrieben worden und in ihrer Not zu Eurer Mutter gelaufen ist, in der Hoffnung, bei ihr Obdach gewährt zu bekommen. Sie wird in wenigen Wochen niederkommen! Ich weiß, was damals im Fuchsheimer Wald geschehen ist. Trudi hat sich mir anvertraut. Die Zeit von dort bis zur Geburt von Bonas Kind wird wohl die üblichen neun Monate zählen.« Mit diesen Worten ließ die Ziegenbäuerin ihn los und zog sich in die Gruppe der Kibitzsteiner zurück.
Hardwin starrte ihr entgeistert nach, während seine Gedanken einen wirren Tanz aufführten. Dreierlei wurde ihm klar. Bonas Ehemann war tot, sie ging schwanger mit einem Kind, dessen Vater nur er sein konnte, und Markus von Mertelsbach hatte sie übel behandelt. Bei der letzten Erkenntnis packte ihn eine solche Wut, dass er es kaum mehr erwarten konnte, den Mann vor allen Leuten in den Staub zu werfen.
15.
D a es sich um kein offizielles Turnier handelte, wurde rasch eine Stechbahn abgemessen und ein einfacher Zaun errichtet. Auf Tribünen und Ähnliches mussten Kombattanten und Zuschauer verzichten. Selbst der Bischof
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