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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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fluchte leise, weil sie überflüssigerweise ihre Herkunft aufgedeckt hatte, denn die Miene des Prälaten verriet dessen Absicht, sich Trudis als Geisel zu bemächtigen.
    »Wenn ein solches Dokument existiert«, antwortete der Bischof, »dann hat Johann von Brunn vergessen, es dem bischöflichen Archiv zu übergeben. Wir werden prüfen, ob Eure Behauptung stimmt.«
    »Natürlich existiert es!«, fuhr Trudi auf. »Wir selbst besitzen eine Abschrift davon. Eine weitere liegt im königlichen Archiv und …« Über den Verbleib einer dritten Kopie schwieg sie sich aus, damit der Bischof nicht auf den Gedanken kommen konnte, sie sich anzueignen und zu zerstören.
    »Wenn das so ist, wurde dieser Kriegszug unter falschen Voraussetzungen begonnen. Frau Marie Adler, Eure Mutter, wie ich denke, hätte Uns längst über die Existenz dieser Urkunde in Kenntnis setzen müssen.«
    Trudi verkniff es sich, dem Bischof ins Gesicht zu sagen, dass ihre Mutter die ganze Zeit über auf dieses Dokument gepocht hatte. Erleichtert, weil Gottfried Schenk zu Limpurg endlichVernunft angenommen hatte, grüßte sie stumm und zog sich etwas zurück, um den weiteren Verlauf der Dinge genau im Auge zu behalten.
    Der Bischof sah sich um, als suche er Sündenböcke für diese misslungene Aktion. Da mischte der Prälat sich sichtlich empört ein. »Das ist doch alles Humbug! Ob der Herzog der Steiermark, der sich König nennt, einen Fetzen Papier beschreibt oder nicht, hat hier gar nichts zu bedeuten! Die Burg wird in weniger als drei Tagen fallen. Dann haltet Ihr ein Faustpfand in der Hand, das Euch niemand mehr nehmen kann.«
    Pratzendorfer hätte den Bischof am liebsten gepackt und so lange geschüttelt, bis dieser sich seiner Meinung anschloss. Wenn ein Brief Friedrichs III. hier Wirkung entfaltete, stärkte das die Macht des Königs und schwächte die seines Auftraggebers. Also musste er dafür sorgen, dass das, was in diesem Wisch stand, nicht zum Tragen kam. Außerdem war er es den Verbündeten, die er zusammengebracht hatte, schuldig, ihnen zu der versprochenen Beute zu verhelfen. Schon allein deswegen musste er dafür sorgen, dass die Androhung der Reichsacht von Herrn Gottfried und den anderen nicht ernst genommen wurde.
    Otto von Henneberg hatte nun doch das Schreiben des Königs geöffnet und überflogen. »Um uns von der Acht zu lösen, müssten wir nach Graz zu König Friedrich reisen, fußfällig um Vergebung bitten und danach den Schwur gemeinsam vor heiligen Reliquien wiederholen.«
    Im Gegensatz zu seinem Bruder war er mit der Entwicklung zufrieden. Ihm war während dieser Verhandlungen klargeworden, dass er hier einen ungerechten Kampf ausfocht, und er misstraute Cyprian Pratzendorfer, der ihn nach Österreich geschickt hatte, damit er dort zum Meuchelmörder werden sollte. Für ihn war dieser Mann der eigentliche Anstifter des Kriegszugs, und das war ein weiterer Grund, die Fehde zu beenden.
    Graf Magnus sah hingegen so aus, als schöpfe er Hoffnung. »DameinBruder das Kommando niederlegt, werde ich es wieder übernehmen.«
    Markus von Mertelsbach lachte höhnisch auf. »Damit die Kibitzsteiner uns wieder die Geschütze zerstören, wie sie es schon zweimal getan haben? Nein, sage ich! Wir brauchen einen anderen Feldhauptmann, nämlich …!« Er schluckte im letzten Augenblick das »mich«, welches ihm bereits auf der Zunge lag, denn die Augen des Bischofs schienen mit einem Mal Feuer zu sprühen.
    »Es wird kein Geschütz mehr zerstört werden! Ich lasse die Rohre bereits morgen nach Würzburg zurückschaffen. Ebenso werden alle Würzburger Waffenknechte und die meiner Lehnsleute von hier abziehen!« Damit, so sagte Gottfried Schenk zu Limpurg sich, hatte er den Willen des Königs erfüllt und konnte sich in Zukunft jenen Burgherren widmen, die keinen so hochrangigen Beschützer besaßen.
    Mertelsbach und die anderen Edelleute sahen sich betreten an, denn sie begriffen, dass sie allein außerstande waren, Kibitzstein in die Knie zu zwingen. Das war auch dem Prälaten klar, der sich erregt an den Bischof wandte. »Wenn Ihr Euch jetzt zurückzieht, werden alle sagen, Ihr hättet vor Friedrich gekniffen, und über Euch lachen. Ernennt einen neuen Hauptmann und lasst ihn die Burg erobern!«
    »Ich tue das, was für das Hochstift am besten ist«, beschied Herr Gottfried ihm mit kühler Stimme. Er erinnerte sich nur allzu gut, dass diese Fehde hinter seinem Rücken begonnen hatte und erst durch Pratzendorfers Intrigen ausgeufert war.

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