Die Tochter der Wanderhure
dir wunderbar stehen!«, fügte sie so stolz hinzu, als wäre sie selbst die Mutter des Mädchens.
»Er ist wirklich schön!« Trudi strich mit den Fingerspitzen über das Gewebe und stellte sich vor, wie es sie kleiden würde. Da der Fuchsheimer mit Gressingens Onkel Maximilian von Albach verwandt war, hoffte sie, dass ihr Geliebter zu dieser Hochzeit erscheinen würde. Junker Georg schämte sich sicher, als besitzloser Ritter bei ihrem Vater um sie zu werben. Aber ihre Mitgift war groß genug, um ihm eine neue Heimat schaffen zu können.Ihre Eltern hatten ihr erklärt, dass sie die Herrschaft Windach erhalten würde. Es war nur eine kleine Burg, aber mit genug Land und zwei Dörfern, so dass sie in einem gewissen Wohlstand leben könnten.
Anni winkte inzwischen den Händler herbei, der noch mit einer anderen Kundin geschwatzt hatte, deutete auf den blausilbernen Stoff und begann zu feilschen. Auch wenn sie einige Ellen dieses Tuchs haben wollte, war sie nicht bereit, jeden Preis dafür zu bezahlen.
Der Mann jammerte, wie schlecht die Zeiten seien, und nannte dann eine Summe, die Anni ein Lachen entlockte.
»Für dasselbe Geld bekomme ich auf dem Markt in Volkach die dreifache Menge Stoff, und das in besserer Qualität!«
»Das glaubt auch nur Ihr. Seht doch den Glanz dieser Farbe, edle Dame. Dieses Tuch schreit förmlich danach, Euch zu schmücken.« Auch wenn der Händler Annis Tracht abgeschätzt und erkannt hatte, dass er es mit einer höheren Bediensteten auf einer Burg zu tun hatte, sprach er sie wie eine adlige Dame an, um ihr zu schmeicheln.
Die Wirtschafterin lachte ein zweites Mal auf. »Schmier dein Schmalz anderen um den Mund. Ich zahle dir das hier.« Sie legte einige Münzen auf ihre linke Handfläche.
»Willst du mich berauben? Dafür bekommst du den Wollstoff aus dieser Gegend, aber niemals gutes flandrisches Tuch«, rief der Händler scheinbar empört aus.
Statt einer Antwort legte Anni zwei weitere Münzen auf ihre Hand. »Das ist mein letztes Angebot!«
Der Mann stierte das Geld an und schnaufte. »Tu noch zwei Groschen hinzu, dann kannst du es haben.«
»Einen!« Anni ließ ein weiteres Geldstück folgen.
Der Händler zischte einen Fluch und nahm die Elle, um das Tuch abzumessen. Doch als er es mit der Schere abschneiden wollte, packte Trudi seinen Arm.
»Ist das nicht ein bisschen zu wenig?« Sie hatte gesehen, dass der Mann den Stab jedes Mal ein Stückchen zurückgeschoben hatte.
»Du hast gut aufgepasst!«, lobte Anni das Mädchen, ließ ihre Münzen eine nach der anderen in ihren Beutel fallen und blickte den Händler von oben herab an. »Betrügen lassen wir uns von dir nicht. Es gibt noch einen anderen Tuchhändler auf dem Markt.«
Sie tat, als wolle sie dem Stand den Rücken zukehren, doch der Mann hielt sie auf. »Tu den einen Groschen noch dazu, dann bekommst du den Stoff.«
»Soll ich deinen Betrug auch noch belohnen? Ich werde den Marktaufseher rufen. Der kann dann gleich prüfen, ob deine Elle dem Dettelbacher Maß entspricht. Sie scheint mir ein wenig zu kurz zu sein.«
Bevor Anni ihre Drohung wahr machen konnte, maß der Händler grummelnd den Stoff ab und gab sogar noch eine Handbreit dazu, bevor er zur Schere griff.
»Bist du nun zufrieden, Weib?«, fragte er mit vorwurfsvoller Miene.
Anni nickte und sah zu, wie die Schere durch das Tuch glitt. Trudi nahm an, bei den beiden anderen Stoffen würde es zu einem ähnlichen Kampf kommen, doch nun wussten sowohl Anni wie auch der Verkäufer, was sie voneinander zu halten hatten, und wurden rasch handelseinig. Kurz darauf hatten sie den Markt verlassen und gingen auf den Gasthof zum Bach zu, Anni mit dem Stoffbündel unter dem Arm und mit sehr zufriedener Miene, Trudi mit einem verwunderten Lächeln. »So einen harten Handel habe ich noch nicht erlebt. Ich dachte schon, der Händler würde sich schließlich weigern, uns etwas zu verkaufen.«
Anni kicherte. »Das war ein besonders hartnäckiger Bursche. Aber trau keinem schöntuerisch redenden Krämer und noch wenigerdenjenigen, die so tun, als nagten sie am Hungertuch. Jeder von denen versucht, seine Kunden zu übervorteilen, um noch reicher zu werden. Da heißt es, wachsam zu sein und manchmal auch auf einen Kauf zu verzichten. Umso mehr freue ich mich, dass alles gutgegangen ist. Lisa wird von diesem grünen Tuch begeistert sein, und du bekommst ein Kleid, mit dem du auf Fuchsheim den jungen Rittern ins Auge stechen wirst. Wer weiß, vielleicht ist sogar einer unter
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