Die Tochter der Wanderhure
ihnen, der dir gefällt.«
»Ich werde Gressingen heiraten! Er hat mir versprochen, bei meinem Vater um mich anzuhalten.« Trudi legte so viel Nachdruck in diese Worte, dass ihre Begleiterin nichts mehr dazu äußerte.
Wie es aussah, hatte sich das Mädchen den schmucken, schmeichelnd höflich auftretenden Ritter in den Kopf gesetzt und würde erst dann aufgeben, wenn Gressingen sich erklärt hatte – oder es hart aus seinen Träumen gerissen wurde.
Anni glaubte nicht, dass Gressingen jemals um Trudis Hand anhalten würde, und fürchtete sich vor dem Tag, an dem das Mädchen das begriff. Um von dem Thema abzulenken, deutete sie mit dem Kopf auf das Wirtshausschild, das über einem angedeuteten Bachlauf einen Weinpokal zeigte, obwohl es drinnen für die meisten Gäste nur Becher aus Leder und Holz gab. »Mir steht der Sinn nach einem Schluck Wein und einem Stück Braten.«
»Mir auch! Lass uns die Einkäufe aufs Zimmer bringen und uns ein wenig frisch machen. Dann schauen wir, was die Küche zu bieten hat«, antwortete Trudi so munter, als sei sie mit sich und der Welt vollkommen im Reinen.
Als sie die Gaststube betraten, wählte Anni einen freien Tisch in der Ecke, und Trudi folgte ihr. Da sie noch in ihre Diskussion über den passenden Schnitt für die neuen Kleider vertieft waren, bemerkten sie die Männer am Nebentisch erst, als sie bereits saßen. Es handelte sich um Kriegsknechte, die sich um einenAnführer scharten, und das waren Leute, denen man besser aus dem Weg ging. Da sie aber nicht lärmten oder herumpöbelten, wollte Trudi kein Aufsehen erregen, indem sie sich an einen anderen Tisch setzte.
Ein breit gebauter Kerl mit flachsblondem Haar sah kurz zu ihr und Anni hinüber, wandte sich aber sofort wieder seinen Kameraden zu und schlug mit der Faust auf die Tischplatte. »Wenn es mit dem Essen noch länger dauert, gebe ich dem Wirt ein paar Maulschellen!«
Sein Anführer, den der Schnitt seiner Kleidung als Edelmann auswies, winkte lachend ab und rief die Schankmaid heran. »Noch einen Krug Wein, aber vom besten, den ihr habt.«
»Unsere Weine sind alle gut«, erklärte die Magd, die höchstens zwölf Jahre alt sein konnte.
Die sechs Männer brüllten vor Lachen, und der Edelmann erklärte dem noch kindlich wirkenden Mädchen: »Dann bringst du eben den Wein, der dir selbst am besten schmeckt.«
Die Magd eilte so schnell davon, als hätte sie Angst vor diesen Gästen. Auf dem Weg zum Keller öffnete sie auf den Zuruf eines anderen Gastes die Fenster, damit mehr Licht in die Gaststube fiel. Nun konnte Trudi sehen, dass das Wams des Anführers der Soldknechte an mehreren Stellen zerrissen war und das Futter herausschaute. Auch wirkten seine Hosen speckig, als hätte ihr Besitzer die Angewohnheit, sein fettiges Messer an ihnen abzuwischen.
Trudi, die ihn im Stillen zugunsten ihres Geliebten mit Gressingen verglich, krauste verächtlich die Nase. Der Mann mochte von Adel sein, wie manche seiner Gesten verrieten, aber er wirkte heruntergekommen. Zudem war sein Gesicht viel zu kantig, um ansprechend zu sein, und er sprach so derb wie ein Fuhrmann. Mit einem verächtlichen Laut wandte sie dem Ritter von den schmutzigen Hosen den Rücken zu und nahm den Weinbecher entgegen, den ihr die kleine Magd reichte.
»He! Was soll das? Mein Herr hat Wein bestellt. Den hast du zuerst zu bringen!«, fuhr der Untersetzte mit den flachsblonden Haaren auf.
Die Schankdirne lief mit starrem Blick an ihm vorbei aus der Gaststube und kehrte kurz darauf mit einem hölzernen Brett voller Bratenstücke, einem Näpfchen Salz und einem halben Laib Brot zurück.
»Endlich gibt es das Essen!«, rief der Flachsblonde und wollte danach greifen.
Die Kleine wich ihm jedoch aus und stellte das Brett vor Trudi und Anni hin. »Lasst es Euch schmecken!«
»Vergelt’s Gott!« In dem Augenblick, in dem Trudi zum Brot griff, sprang der untersetzte Mann auf und hieb mit beiden Fäusten auf den Tisch.
»Verdammtes Wirtspack! Wir waren als Erste hier und wollen auch als Erste bedient werden!«
Die kleine Magd wurde bleich und zitterte. Dabei wanderte ihr Blick zu dem Wirt, der ihr jedoch den Rücken kehrte und einem anderen Gast zuhörte. Offensichtlich hatte sie mehr Angst vor ihrem Brotherrn als vor dem Söldner, denn sie wich zwar vor ihm zurück, schüttelte jedoch den Kopf. »Die Jungfer hat das Essen heute Morgen bestellen lassen. Daher war es bereits fertig, als sie gekommen ist. Euer Braten kommt gleich.«
Das Gesicht des
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