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Die Tochter des Fotografen

Die Tochter des Fotografen

Titel: Die Tochter des Fotografen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Edwards
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bist du wütend.«
    »Sieh dich mal an«, zischte sie zurück. »Du siehst aus, als hättest du eine von diesen kleinen Eidechsen verschluckt, die dort an der Decke hingen.«
    Da faßte ihn jemand an der Schulter. Er drehte sich um und sah eine dicke Frau neben ihrem Ehemann und an dessen Seite eine lange Reihe von Kindern.
    |255| »Entschuldigen Sie«, begann die Frau, »Sie sind doch der Vater von Paul Henry? Da vorne spielt mein Sohn Duke, und wenn Sie nichts dagegen haben, würden wir ihm jetzt gerne zuhören.«
    Davids und Norahs Blicke trafen sich, und einen kurzen Augenblick lang waren sie Verbündete; sie war noch verlegener als er.
    Er lehnte sich zurück und lauschte. Duke, dieser junge Mann, Pauls Freund, spielte leicht verhalten, obwohl er sehr gut war. Sein Spiel war technisch ausgereift und nicht ohne Hingabe. David beobachtete, wie seine Hände über die Tasten flogen, und fragte sich, was Duke und Paul sich wohl erzählten, wenn sie mit ihren Rädern durch die ruhigen Straßen der Umgebung fuhren. Was erträumten sich die beiden? Was mochte Paul seinen Freunden erzählen, das er seinem Vater nie anvertrauen würde?
    Er dachte an Norahs Kleider, die verlassen in einem leuchtenden Haufen auf dem Sand lagen, während der Wind an einem Zipfel ihrer wild gemusterten Bluse zerrte: Das war etwas, worüber sie nie sprechen würden, obwohl David annahm, daß es auch Paul nicht entgangen war. An dem Tag waren sie sehr früh zum Fischen aufgebrochen. Es war noch dunkel gewesen, als sie die Küste entlanggefahren waren, vorbei an kleinen Dörfern. Weder er noch Paul waren große Redner, aber in den frühen Morgenstunden, während sie die Angelleinen auswarfen und wieder einholten, bestand zwischen ihnen ein Gefühl der Gemeinsamkeit, und David freute sich darüber, mit seinem Sohn, der so schnell erwachsen wurde und der ihm ein großes Rätsel war, zusammen sein zu können. Aber die Bootsfahrt war ausgefallen. Das Boot hatte einen Motorschaden, und der Besitzer mußte auf die Ersatzteile warten. Enttäuscht blieben sie noch eine Weile im Hafen und tranken Orangenlimonade aus der Flasche, während sie die Sonne über dem gläsernen Wasser aufgehen sahen. Dann fuhren sie zu ihrem Häuschen zurück.
    |256| Das Licht an jenem Tag war günstig, und David war, trotz seiner Enttäuschung, darauf erpicht, schnell zurückzukommen. Mitten in der Nacht hatte er einen Einfall gehabt. Howard hatte ihn auf einen Platz hingewiesen, der, wenn er dort nur ein weiteres Foto aufnahm, die ganze Serie zu einem Ganzen verbinden konnte. Howard war ein netter Kerl, und scharfsinnig war er auch. Ihr Gespräch war David die ganze Nacht nicht aus dem Kopf gegangen und hatte ihn in eine kreative Unruhe versetzt. Er hatte kaum geschlafen und wollte nach Hause, um einen neuen Film von Norah auf dem Sand zu schießen. Aber sie fanden ihr Häuschen still, kühl und leer vor, nur das Licht und die Meeresbrandung umspülten es. Norah hatte eine Schale voller Orangen auf dem Tisch hinterlassen. Ihre Kaffeetasse stand sauber abgespült im Waschbecken. »Norah?« rief er und noch einmal: »No rah ?« Aber sie antwortete nicht. »Ich glaube, ich gehe laufen«, sagte Paul, ein Schatten in der gleißenden Türöffnung, und David nickte. »Halte nach deiner Mutter Ausschau«, bat er ihn.
    Allein im Häuschen, stellte David die Schale mit den Orangen auf den Küchentresen und breitete seine Fotos auf dem Tisch aus. Der Wind wehte sie auseinander, so daß er sie mit Schnapsgläsern beschweren mußte.
    Norah klagte darüber, daß er vom Fotografieren langsam besessen sei – warum sonst hätte er seine Mappe mit in die Ferien genommen? Vielleicht hatte sie ja recht. Aber was das andere betraf, lag sie falsch. Er benutzte die Kamera nicht, um der Welt zu entfliehen. Manchmal, wenn die Bilder im Entwicklungsbad langsam erschienen, wenn er kurz Norahs Arm oder die Rundung ihrer Hüfte erblickte, erfüllte ihn eine tiefe Liebe. Er war noch immer dabei, Fotos anzuordnen und wieder umzugruppieren, als Paul zurückkam und die Tür laut hinter sich zuschlug.
    »Das ging aber schnell«, wunderte sich David und blickte auf.
    |257| »Zu müde«, erklärte Paul. »Ich bin erschöpft.« Er marschierte quer durch das Eßzimmer und verschwand in seinem Zimmer.
    »Paul?« David ging zu Pauls Tür und drückte die Klinke herunter. Die Tür war verschlossen.
    »Ich bin nur müde«, rief Paul. »Alles okay.«
    David wartete noch ein paar Minuten. Paul war so launisch in

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