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Die Tochter des Fotografen

Die Tochter des Fotografen

Titel: Die Tochter des Fotografen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Edwards
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Anlässe: Phoebes Konfirmation, Carolines Hochzeitstag und Doros Ruhestand, gleichzeitig ihre Abschiedsfeier.
    »Es ist
mein
Kuchen«, war Phoebes Stimme über das Gemurmel der Unterhaltungen hinweg zu hören – Physikprofessoren, Chormitglieder, Schulfreunde, Nachbarn, Familien aus der Upside Down Society, Kinder jeden Alters, wild umherrennend. Auch Carolines neue Freunde aus dem Krankenhaus waren hier, wo sie halbtags arbeitete, seitdem Phoebe zur Schule ging. All diese Menschen hatte sie zusammengeführt, eine wunderschöne Feier geplant, die in der Abenddämmerung aufblühte wie eine Blume.
    »Es ist mein Kuchen«, hörte man Phoebes Stimme erneut, hell und beschwingt. »Ich bin konfirmiert.«
    |294| Caroline nippte an ihrem Wein, wie lauer Atemhauch umwehte die Luft ihre Arme. Sie hatte Al nicht ankommen sehen, doch plötzlich war er da, umfaßte ihre Taille und küßte sie auf die Wange. Seine Nähe und sein Duft umfingen sie wohlig. Vor fünf Jahren hatten sie geheiratet und ein großes Gartenfest gefeiert, dem heutigen ähnlich. Erdbeeren hatten im Champagner geschwommen, die Luft war von Glühwürmchen und Rosenduft erfüllt gewesen. Fünf Jahre war es her, und doch fühlte sie sich wie am ersten Tag. Carolines Zimmer im dritten Stock von Doros Haus war zu einem Ort geworden, der ebenso geheimnisvoll und sinnenfreudig war wie dieser Garten. Sie genoß es, neben dem warmen, kräftigen Körper von Al aufzuwachen, der flach und leicht seine Hand auf ihrem Bauch ruhen ließ. Sie liebte seinen Geruch von frischer Seife und Old Spice, der langsam den Raum erfüllte, die Bettwäsche, die Handtücher. Er war einfach da, so leibhaftig präsent, daß sie ihn mit jeder Faser ihres Körpers spürte. Er war da und genauso schnell wieder weg.
    »Alles Liebe zum Hochzeitstag«, flüsterte er und legte seine Hände sanft auf ihre Hüften.
    Caroline lächelte, glücklich von ganzem Herzen. Der Abend war endgültig hereingebrochen, der Tau sammelte sich bereits im immer dunkler werdenden Gras, das weiße Blumenmeer ringsrum verströmte einen betörenden Duft. Sie ergriff Als kräftige Hand, und fast mußte sie darüber lachen, daß er gerade erst angekommen war und noch nichts von den großen Neuigkeiten wissen konnte: Doro würde mit ihrem Freund Trace ein Jahr auf Weltreise gehen. Al wußte davon – Monate vorher hatten sie diese Pläne schon geschmiedet –, er wußte jedoch nicht, daß Doro, die damit einen befreienden Schlußstrich unter ihre Vergangenheit ziehen wollte, Caroline das alte Haus überschrieben hatte.
    Just in diesem Moment erschien Doro in einem seidigen Kleid und stieg die Stufen des kleinen Steinweges herab, gefolgt von Trace, der einen Eisbeutel in der Hand hielt. Er war |295| ein Jahr jünger als sie, fünfundsechzig, hatte kurzes graues Haar und ein langes, schmales Gesicht mit vollen Lippen. Er war von Natur aus blaß, achtete peinlich genau auf seine Figur und das, was er aß, und liebte Opern und Sportwagen. Einst hatte Trace als Schwimmer bei den Olympischen Spielen fast eine Bronzemedaille gewonnen, und ohne groß darüber nachzudenken, sprang er noch heute in den Monogahela und schwamm ans andere Ufer. Eines Nachmittags war er aus dem Wasser gestiegen und triefend in das alljährliche Picknick des Physik-Instituts gestolpert. So hatten sie sich kennengelernt. Trace war liebenswert und gut zu Doro, die ihn ohne Zweifel verehrte, und wenn er Caroline auch etwas unnahbar erschien, so war das nicht ihre Sache.
    Ein Windzug wehte einen Stoß Servietten vom Tisch. Caroline stürzte hin, um sie aufzufangen.
    »Du bringst frischen Wind«, sagte Al, als Doro näher kam.
    »Es ist so aufregend«, erwiderte sie und hob ihre Hände. Sie sah Leo immer ähnlicher. Im Gesicht war sie spitzer geworden, und ihr Haar war schlohweiß und kurz geschnitten.
    »Al ist wie ein alter Seemann«, sagte Trace, als er das Eis auf dem Tisch ablegte. Caroline beschwerte die Servietten mit einem kleinen Stein. »Er hat eine Antenne für atmosphärische Veränderungen. Bitte, Doro, bleib so, wie du bist«, bat er. »Du bist wunderschön, wirklich. Eine Göttin des Windes.«
    »Wenn du die Göttin des Windes bist«, sagte Al, der gerade noch verhindern konnte, daß die Papierteller von einem Luftzug weggefegt wurden, »solltest du besser deine Windmaschinen besänftigen, damit wir hier unsere Party feiern können.«
    »Ist es nicht herrlich?« fragte Doro. »Es ist so ein schönes Fest, so ein wundervoller

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