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Die Tochter des Fotografen

Die Tochter des Fotografen

Titel: Die Tochter des Fotografen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Edwards
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Eichenboden tanzte. Wenn ihre kleine, weiche Hand plötzlich auf Carolines Knie landete, weil Caroline nachdenklich oder abwesend oder besorgt war. »Mama, geht’s gut?« sagte sie dann oder einfach: »Ich hab dich lieb.« Phoebe, die im Abendlicht auf Als Schultern ritt, die jeden umarmte, den sie traf, die Wutanfälle bekam und störrisch und aufsässig war und die sich heute morgen so stolz angezogen hatte.
    Das Gespräch am Tisch hatte sich Zahlen und Statistiken zugewandt, und der Unmöglichkeit, etwas zu verändern. Caroline stand zitternd auf. Entsetzt schlug ihre tote Mutter die Hand vor den Mund. Caroline konnte selbst kaum glauben, wie ihr Leben sie verändert hatte, was aus ihr geworden war. Aber es gab kein Zurück; eine Flut von geistig Zurückgebliebenen, wie treffend. Sie drückte ihre Handflächen auf |218| den Tisch und wartete. Einer nach dem anderen hörten die Männer auf zu sprechen, und es wurde still.
    »Hier geht es nicht um Zahlen«, erklärte Caroline, »son dern um Kinder. Ich habe eine Tochter, die sechs Jahre alt ist. Es ist wahr, sie braucht länger, um neue Dinge zu erlernen. Aber sie hat alles gelernt, was andere Kinder auch lernen: Sie hat krabbeln gelernt und laufen, sprechen und auf die Toilette zu gehen, und heute morgen hat sie sich selber angezogen. Ich sehe ein kleines Mädchen, das lernen will und das jeden, den es trifft, liebt. Und was ich hier erlebe, ist ein Raum voller Menschen, die vergessen zu haben scheinen, daß wir in diesem Land jedem Kind eine Ausbildung versprochen haben. Unabhängig von seiner Begabung.«
    Einen Moment lang sprach niemand. Das hohe Fenster klapperte leicht im Wind. Die hellblaue Farbe der Wand hatte begonnen Blasen zu werfen und sich vom Untergrund abzuschälen.
    Die Stimme des dunkelhaarigen Mannes war sanft. »Ich – nein, wir alle hier empfinden tiefes Mitgefühl für Ihre Situation. Aber für wie wahrscheinlich halten Sie es, daß Ihre Tochter oder eins der anderen Kinder akademische Fähigkeiten entwickeln wird? Und was würde das für ihr Selbstbild bedeuten? Wenn ich Sie wäre, würde ich sie lieber ein produktives, nützliches Gewerbe erlernen lassen.«
    »Sie ist sechs Jahre alt«, entgegnete Caroline. »Sie kann noch kein Handwerk erlernen.«
    Ron Stone hatte dem Wortwechsel aufmerksam zugehört, bevor er das Wort ergriff. »In Wahrheit«, sagte er, »trifft diese gesamte Diskussion nicht den Kern der Sache.« Er öffnete seine Aktentasche und holte einen dicken Stapel Papiere heraus. »Es handelt sich hier nicht nur um eine moralische oder statistische Fragestellung. Hier geht es um das Gesetz. Dies ist eine Petition, die von diesen Eltern und fünfhundert weiteren unterzeichnet wurde. Ihr ist eine Sammelklage beigefügt, die im Auftrag dieser Eltern eingereicht wurde, um |219| ihren Kindern die Aufnahme in die öffentlichen Schulen von Pittsburgh zu ermöglichen.«
    »Das beruft sich auf die Bürgerrechte«, stellte der Grauhaarige fest und blickte von dem Dokument auf. »Das können Sie nicht anführen. Es entspricht nicht dem Wortlaut oder Geist dieser Gesetze.«
    »Sehen Sie sich diese Unterlagen durch«, empfahl Ron Stone, während er seine Aktenmappe schloß. »Wir bleiben in Verbindung.«
    Draußen, auf den alten Steinstufen, fingen alle gleichzeitig an zu reden; Ron war zufrieden und voll vorsichtigem Optimismus, aber die anderen waren überschwenglich und umarmten Caroline, um ihr für ihre Rede zu danken. Sie lächelte und erwiderte die Umarmungen. Obwohl sie sich kraftlos fühlte, war sie bewegt von der tiefen Zuneigung, die sie für diese Menschen empfand: Da war natürlich Sandra, die noch immer jede Woche zum Kaffee kam; neben ihr Colleen, die mit ihrer Tochter die Unterschriften für die Petition gesammelt hatte; und Carl, ein großer, munterer Mann, dessen einziger Sohn früh an Herzkomplikationen, die auf das Downsyndrom zurückgingen, gestorben war und der ihnen einen Büroraum in seinem Teppichlager zur Verfügung gestellt hatte. Vor zwei Jahren hatte sie keinen von ihnen gekannt, und nun waren sie durch die vielen langen Nächte, die gemeinsamen Kämpfe, die kleinen Triumphe und durch ihre gemeinsame große Hoffnung miteinander verbunden.
    Noch immer aufgewühlt von ihrer Rede, fuhr sie zur Vorschule zurück. Phoebe sprang aus dem Kreis auf, in dem die Kinder saßen, rannte zu Caroline und umschlang ihre Knie. Sie roch nach Milch und Schokolade, und quer über ihr Kleid lief ein Schmutzstreifen. Ihr Haar fühlte

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