Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison
Berührung kommt, ist er wahrscheinlich in Sicherheit.«
So etwas hatte ich noch nie gehört, aber ich bin auch keine Expertin für Teufel und Dämonen. Allerdings besitze ich einen relativ klaren Verstand und war auch gewillt, ihn zu benutzen.
»Er ist Priester, Cesare. Sein heiliges Amt verlangt, dass er täglich die Messe liest. Wie könnte ein Teufel Wein und Brot in das Blut und den Leib Unseres Herrn verwandeln?«
»Ohne Zweifel spielt er allen etwas vor. Ihr habt doch erlebt, wie er praktisch vor Euren Augen verschwunden ist. Falls Ihr eine bessere Erklärung habt – dann nur heraus damit.«
Ich hatte keine Erklärung … aber Cesare hatte mich angestachelt. Ich war entschlossen, eine Antwort zu finden, die Morozzi wieder zurück auf die Erde holte. Sozusagen in unsere Reichweite. Andernfalls mussten wir uns geschlagen geben.
Ich bedeutete einem der Soldaten, mir zu folgen, und ging zum Altar der Heiligen, wo ich niederkniete. Als ich dieselbe Haltung eingenommen hatte wie das letzte Mal, blickte ich über meine Schulter in die Richtung, wo ich Morozzi zuerst gesehen hatte. Mit starrem Blick stand ich auf und machte genau wie bei der Begegnung mit Morozzi ein paar Schritte vorwärts.
Cesare sah mir neugierig zu, während seine Männer beklommen
dreinschauten. Es ist eigenartig, dass Menschen an heiligen Orten oft ein gewisses Unbehagen empfinden, besonders bei Nacht. Auf keinen Fall wollen sie Mächten begegnen, die ihrer Meinung nach zwischen den Altären herumgeisterten.
»Hier verschwenden wir nur unsere Zeit«, sagte Cesare nervös. »Torquemada …«
Ohne auf ihn zu achten, streckte ich meine Hände in die Richtung aus, wo Morozzi verschwunden war. Ein Schritt … noch einer … plötzlich berührte ich etwas Hartes.
»Bringt eine Fackel.« Im Schatten zwischen zwei Säulen entdeckte ich eine schmale Tür. Sie war so genau in die Wandverkleidung eingepasst, dass sie so gut wie nicht zu sehen war. Als ich mit der flachen Hand leicht dagegendrückte, schwang sie lautlos auf. Offenbar waren die Türangeln sorgfältig geölt worden. Gleich dahinter befand sich ein eiserner Ring für eine Fackel. Auf einem Brett daneben lag eine Schachtel mit Schwefelhölzern, aber die Halterung selbst war leer.
»So viel zu Morozzis dämonischen Fähigkeiten«, sagte ich und grinste.
Cesare tat mir den Gefallen und machte ein verdutztes Gesicht. »Hier legen die Priester vermutlich ihre Gewänder an«, sagte er.
Aber ich hatte bereits die Stufen erspäht, die abwärts ins Dunkel führten.
Zu Cesares Ehre muss gesagt werden, dass er das Kreuz augenblicklich losließ und darauf bestand vorauszugehen. Ich folgte ihm zusammen mit den Soldaten. Sie reckten die Fackeln hoch in die Luft, um uns zu leuchten.
Kühle, feuchte Luft strich über mein Gesicht. Als ich sie einatmete, fühlte ich, wie sie sich förmlich auf meine Brust legte, so stickig war sie. Nässe sickerte über die Wände aus uraltem Ziegelmauerwerk. Der Steinboden war mit Flechten bewachsen und feucht und rutschig. Ich konnte den nassen Lehm förmlich riechen, auf dem die Basilika errichtet war. Insgeheim schickte ich ein Stoßgebet zum Himmel, dass Kaiser Konstantin die alten Gräber auch wirklich geleert hatte.
Wir folgten einem Gang, der in einem flachen Winkel stetig abwärtsführte, bis er plötzlich breiter wurde. Im flackernden Licht erkannte ich auf beiden Seiten der Wände gewölbte Öffnungen, auf deren Boden Sand und Schutt lagen. Mir kam das seltsam bekannt vor, deshalb blieb ich stehen.
»Wo sind wir hier?« Cesare flüsterte, was zu diesem Ort zu passen schien.
»Noch immer unter der Basilika, denke ich …« Durch den flackernden Lichtschein hatte ich kein Gefühl, wie weit wir inzwischen gegangen waren. Ich kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, und starrte geradeaus ins Dunkel.
»Für mich sieht es aus wie eine Straße«, sagte ich, »mit Geschäften auf beiden Seiten, aber wie kommt das? Warum liegt das alles unter der Erde?«
Trotz der kühlen Luft hatte Cesare kleine Schweißtropfen auf der Stirn.
»Wer weiß das schon? Wen interessiert das? Glaubt Ihr wirklich, dass sich Morozzi hier unten aufhält?«
»Wenn er ein Kind entführt hat, muss er es irgendwo verstecken,
bis er die Tat durchführen kann. Die Beisetzung beginnt in einigen Stunden. Ich denke, dass er nicht länger warten wird. Könnt Ihr Euch einen besseren Ort als Versteck vorstellen?«
Dagegen konnte Cesare nichts einwenden, aber kurz darauf
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