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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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fasste er meine Befürchtungen in Worte:
    »Die Basilika ist riesengroß. Wenn sich dieser Gang über die ganze Länge erstreckt, kann es Hunderte von Verstecken geben.«
    Und falls der Gang jenseits der Grundmauern der Kirche weiter in den Hügel hineinführte, konnten wir noch Tage nach Morozzi suchen …
    Doch ich unterbrach meinen Gedankengang und sagte:
    »Wir müssen es einfach versuchen. Falls er hier war, müssten wir doch wenigstens Spuren finden.«
    »In diesem Gewirr könnten wir uns aber auch verirren«, gab Cesare zu bedenken.
    Das war nicht zu leugnen. Selbst mit Fackeln würden wir nach einigen Biegungen die Orientierung verlieren. Und wenn wir in eine Falle gerieten und die Fackeln erloschen …
    »Du da!«, rief Cesare einem seiner Männer zu. »Mach alle zwanzig Fuß ein Kreuz in die Wand, und zwar tief, damit wir es auch im Dunkeln ertasten können. Wenn dir dein Leben lieb ist – mach keine Fehler! Verstanden?«
    Der junge Mann schluckte und nickte. Dann zog er sein Schwert und machte das erste Kreuz.
    Ohne zu zögern, ging Cesare weiter in die Dunkelheit. »Möge der Herr uns beschützen.«
    Im Gegensatz zu seinem Vater, den ich nach wie vor für einen Heiden hielt, ruhte Cesare fest im Glauben.
Auch wenn er nicht alle Gebote der Kirche Wort für Wort befolgte. Nicht einmal, als er den roten Hut erhalten hatte und Kardinal geworden war. Wenn er sich von seinem Herz leiten ließ und um Gottes Segen bat, sage ich nur so viel, dass man in Rom und anderswo geheime Kammern unter der Erde mit Bildern eines jungen Kriegsgotts findet, der angeblich Wunder bewirkte, von einer jungfräulichen Mutter geboren wurde und in einem goldenen Streitwagen zum Himmel aufgefahren ist. Ich habe nie gehört, dass Cesare seinen Namen nannte, aber ich bin sicher, dass er einen Platz in seinem Herzen hatte.
    Wir bewegten uns in einem kleinen Lichtkreis, während uns von allen Seiten undurchdringliche Dunkelheit einschloss. Gott sei Dank brannten unsere Fackeln nach wie vor hell. Obwohl wir uns tief unter der Erde befanden, fühlte ich eine kaum wahrnehmbare Bewegung auf meinem Gesicht. Vermutlich führten irgendwo Öffnungen nach oben.
    Soweit ich erkennen konnte, war der Boden mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Überall waren Spuren, vielleicht war auch Morozzi vor kurzem hier unten gewesen.
    Plötzlich verbreiterte sich der Gang, und wir erreichten einen größeren Raum, dessen Ausmaße wir im Licht der Fackeln nicht erkennen konnten. Zu beiden Seiten verliefen die Wände in einem Bogen, und im Gegensatz zu dem Steinboden im Gang bestand der Untergrund hier aus gestampftem Lehm. An einer Seite waren sogar Reste mehrerer stufig nach oben verlaufender Sitzreihen zu erkennen, die an der zugemauerten Decke abrupt endeten.
    Nach diesem Raum gelangten wir wieder in einen Gang mit steinernem Untergrund, der sich jedoch nach wenigen
Schritten plötzlich teilte. Der eine Weg führte geradeaus, der andere bog scharf nach rechts ab. Cesare blieb stehen und runzelte die Stirn.
    »Welchen Weg nehmen wir?«
    Er schien nicht wirklich eine Antwort von mir zu erwarten. Ich ging einfach weiter und starrte unverwandt auf den Boden. Spuren entdeckte ich keine, aber dafür winzige Rillen, wie sie vielleicht im Lauf der Zeit durch Luftzug entstanden. Ich ging zurück und nach rechts in den anderen Gang. Sofort sah ich, dass hier erst kürzlich jemand gewesen war.
    »Hier entlang«, sagte ich und deutete nach rechts.
    »Wieso seid Ihr so sicher?«
    Als ich auf die Spuren in der Staubschicht deutete, wurde Cesare verlegen. Sicher wunderte er sich, dass eine so einfache Lösung seinem Auge entgangen war.
    »Mein Vater hat mich gelehrt, immer auf unscheinbare Details zu achten«, sagte ich, um ihn wieder versöhnlich zu stimmen. »Ich denke, dass ihn seine Arbeit zu dieser Genauigkeit zwang.«
    Das war milde ausgedrückt. Gift konnte man nun einmal an den unauffälligsten und gewöhnlichsten Orten verstecken, wo niemand nachsah. Ein Giftkundiger musste mit seiner Suche genau dort beginnen und wissen, was er wo zu erwarten hatte.
    Cesare nickte und ging weiter, aber plötzlich war der Weg durch ein Hindernis versperrt, das auf den ersten Blick wie Schutt aussah. Cesare ergriff eine der Fackeln und ging weiter. Als er zurückkam, lag ein seltsamer Ausdruck auf seinem Gesicht.

    »Da passen wir gerade durch.«
    »Das ist gut …«, begann ich.
    »Aber angenehm wird es nicht.«
    Ohne meine Antwort abzuwarten, wandte er sich an seine Männer.

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