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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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sein.«
    Viel zu spät begriff ich, dass Roccos Dorf an derselben Straße lag, die von Rom aus in nördlicher Richtung zum Landgut der Orsinis führte. Morozzi würde es nicht nur wagen, den Boten des gehörnten Ehemanns abzufangen, sondern auch das Kind eines Mannes zu rauben, der mit den Leuten in Verbindung stand, die er verachtete … und fürchtete.
    »Es tut mir so leid.«
    Es waren armselige, völlig unzureichende Worte, aber der tiefe Schmerz, den sie in mir hervorriefen, spiegelte viel angemessener meine Schuld wider.
    »Ich werde alles tun, was immer in meiner Macht steht, damit er gesund zu Euch zurückkehrt.«
    Er durfte nicht ans Kreuz genagelt werden und sein kleines
Leben aushauchen, indem auf abstoßende Art und Weise der Tod Christi verhöhnt wurde.
    Gott, steh mir bei.
    Das meinte ich ganz wörtlich. Im Stillen flehte ich den Allmächtigen inständig um Hilfe an … aber, wie so oft, schien er anderweitig beschäftigt zu sein.
    »Wer ist Nando?«, fragte Cesare.
    »Roccos Sohn«, antwortete ich. »Ein Kind.«
    Cesare war ein selbstsüchtiger, rücksichtsloser Mensch, was er sein Leben lang unter Beweis gestellt hat. Trotzdem konnte er manchmal auch ein wirklicher Mann sein – und damit meine ich nicht seinen Penis und die Hoden, die selbst das ungehobeltste Schwein im Stall besitzt. Cesare besaß einen Drang, Schwächeren beizustehen, insbesondere Kindern, die er mehr liebte und höher schätzte als die meisten Erwachsenen.
    Zu dieser Zeit war Cesare noch jung und ließ jede Art von Anstand vermissen.
    Und doch drückte seine Antwort genau meine Meinung aus.
    » Merda! «
    Ich hätte es nicht besser sagen können.
    Nachdem wir hastig und ohne Ergebnis die Räume auf der Empore durchsucht hatten, kehrten wir wieder in die Basilika zurück.
    »Weshalb sollte Morozzi Nando entführt haben?«, fragte Rocco, als wir vor dem Hauptaltar standen, wohin man den Sarg des toten Papstes zu Beginn der Trauerfeierlichkeiten bringen würde. Eine sehr vernünftige Frage, die ich jedoch um keinen Preis beantworten wollte.

    »Er ist irre«, sagte ich schließlich in der Hoffnung, dass ihm das genügte.
    Trotz seiner Taten war Morozzi ein ganz normaler Mensch und kein Zauberer. Seinem Plan zufolge wollte er einer großen Menschenmenge ein gekreuzigtes Kind präsentieren.
    Ein Kind und ein Kreuz. Wie wollte ein einzelner Mann das unter den Blicken Hunderter von Zuschauern bewältigen?
    Wir wussten nur, dass Morozzi Nando vermutlich in der Unterwelt der Kathedrale für kurze Zeit versteckt hatte. Aber von dem Jungen gab es keine Spur, und ein Kreuz hatten wir auch nicht gefunden.
    Wo waren die beiden?
    Wenn nicht unter der Basilika …
    Ich sah zu den dunklen Schatten unterhalb der Balkendecke empor.
    »Was ist dort oben?«, fragte ich.
    Niemand wusste es. Cesare ließ den alten Priester holen, der uns aus der Sakristei gewiesen hatte und uns nun mit zittriger Stimme Auskunft gab.
    »Nur ein uralter Dachboden.« Er rang nach Luft. »Ziemlich baufällig. Da geht niemand hinauf.«
    »Wie kommt man dorthin?« Am liebsten hätte ich den alten Mann vor Ungeduld am Kragen gepackt und die Antwort aus ihm herausgeschüttelt.
    Obgleich der alte Priester vermutlich toleranter war als seine Mitbrüder, war es ihm offenbar unerträglich, dass eine Frau ohne jede Unterwürfigkeit mit ihm sprach. Ich sah, wie sein rechtes Auge zuckte. Mit drohendem Blick wandte er sich von mir ab und an Cesare.

    »Signore, in Kürze wollen wir hier die letzten Gebete für unseren verstorbenen Heiligen Vater sprechen! Sicher versteht Ihr, dass Eure Gegenwart und die Eurer …« Er suchte nach der richtigen Bezeichnung für meine Wenigkeit, aber seine Furcht ließ ihn rechtzeitig einlenken. »… Eurer Gefährtin hier nicht schicklich ist?«
    Cesare besaß eine Menge glänzender Fähigkeiten, die ich bereits andeutungsweise erwähnt habe, doch leider gehörte Taktgefühl nicht dazu. In seinen Augen bestand der beste Weg zum Frieden darin, den Feind in Grund und Boden zu stampfen, bis alles, was noch an seine Existenz erinnerte, mit dem Wind davongetragen wurde.
    Doch nun war er im Petersdom, nach Jerusalem der heiligste Ort der Christenheit. Wenn er hier Aufsehen erregte, würde das endlose Schwierigkeiten mit seinem Vater nach sich ziehen.
    Widerstrebend biss er die Zähne zusammen.
    »Legt Euch nicht mit mir an, Priester. Zeigt uns nur, wie wir aufs Dach gelangen.«
    Der alte Mann wurde zuerst kreidebleich, dann feuerrot. Obwohl er vor Entrüstung

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