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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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dass ich die Aufgaben meines Vaters übernahm. Falls ich Borgia glauben konnte – und ich tat es nicht eine Sekunde lang, jedenfalls damals noch nicht –, so hatte mein Vater einen Grund für sein Handeln, den ich jedoch nicht kannte. Als geborener Jude hatte er ein natürliches Interesse, die Ausrottung seines Volkes zu verhindern. Mir machte der Gedanke an das Schicksal dieses Volkes zwar auch zu schaffen, aber deswegen war ich noch lange nicht bereit, meine unsterbliche Seele für sie in Gefahr zu bringen.
    »Ich weiß, was Ihr wollt.« Ich vermutete, dass Borgia mich absichtlich belog, um sich meiner Mitarbeit zu versichern. »Ich verstehe Euch gut, aber ebenso müsst Ihr mich verstehen. Einen Papst zu töten und damit davonzukommen, heißt, dass nicht der geringste Verdacht aufkommen darf. Ich weiß nicht, wie das zu bewerkstelligen wäre. Und selbst wenn ich es wüsste, bedeutete es ewige Verdammnis.«
    »Weil Ihr Innozenz getötet habt?« Borgia schien belustigt. »Weil Ihr die Erde von einem verdorbenen Narren befreit habt? Oh, ja, die Engel werden bei seinem Hinscheiden weinen.«

    Er erhob sich und trat an die hohen Fenster, die auf den Fluss hinausgingen. Die durchsichtigen Vorhänge bauschten sich in der heftiger werdenden Brise auf. Es braute sich erneut ein Gewitter zusammen, vielleicht stärker als alle anderen, die Rom in diesem Sommer der Unruhen bisher heimgesucht hatten.
    Als er sich umwandte, war er keineswegs verärgert, wie ich befürchtet hatte, sondern ruhig, als ob er zu einer Entscheidung gekommen sei. »Im Andenken an die treuen Dienste Eures Vaters«, sagte er mit sanfter Stimme, »gebe ich Euch Zeit, Eure Entscheidung noch einmal zu überdenken, Francesca.«
    Ich war dumm genug, ihm zu glauben, und so eilte ich voll Dankbarkeit in meine Räume zurück, um über die Ungeheuerlichkeit nachzudenken, die er von mir verlangte.

9
    Einige Stunden später war es so weit. Ein energisches Klopfen an meiner Tür, dann ein lauter Knall, als sie aufflog, und gleich darauf ein Lichtschein über mir, während ich völlig schlaftrunken blinzelte und nicht begriff, was vor sich ging.
    »Ihr müsst sofort mitkommen, Signorina«, sagte eine vertraute Stimme.
    »Vittoro …?«
    »Zieht das an.« Er hielt mir meinen Morgenmantel hin.
    »Und warum?« Langsam kam ich zu mir, und die Angst kehrte zurück. Ich hatte die Forderung des Kardinals abgelehnt. Welche Strafe war dafür vorgesehen?
    Vittoro gab keine Antwort und warf mir nur meinen Morgenmantel zu.
    »Sofort«, wiederholte er.
    Ich gehorchte. Welche Wahl hätte ich auch gehabt? Wir hasteten durch dunkle Gänge, eine Treppe hinunter und dann noch eine, Vittoros Hand immer fest an meinem Rücken, während schreckliche Angst von mir Besitz ergriff. Dunkel nahm ich eine Gruppe Wachsoldaten wahr, die uns begleiteten. Dachten sie vielleicht, dass ich fliehen würde? Trotz meiner Angst fühlte ich ein Glucksen in meiner
Kehle. Ich schlug mir die Hand auf den Mund und rannte weiter … immer weiter die Treppen hinunter.
    Ich war oft unten in den Kellern, wo sich unter anderem auch die Vorratsräume befanden. Nur widerstrebend nahm ich zur Kenntnis, dass tief darunter noch weitere Keller waren, wo man angeblich Überreste der antiken römischen Vorfahren gefunden hatte und wohin man die Feinde des Kardinals brachte, damit sie über ihre Missetaten nachdenken konnten.
    Als ich begriff, was unser Ziel war, wollte ich umkehren, doch Vittoro ließ es nicht zu.
    »Tut mir leid, Francesca«, sagte er so leise, dass nur ich ihn verstehen konnte. »Einem Kardinal widerspricht man nicht.«
    Ich war dem Tod geweiht. Wenn ich Glück hatte, ging es rasch. Oder ich musste im Dunklen verhungern. Wie hatte ich nur so dumm sein können, die Klingen mit Borgia zu kreuzen? Schon bald würde ich um meinen Tod flehen …
    Die letzte Treppe endete in einem niedrigen Gang, der sich vor uns in der Dunkelheit verlor. Einer der Söldner ging mit der Fackel voraus, und wir folgten ihm. Am Ende des Gangs tat sich plötzlich ein höhlenartiger Raum auf, dessen Decke sich hoch über uns emporwölbte. Wasser tropfte von den Steinen und erinnerte mich daran, dass der Palazzo nahe am Fluss stand. Ratten huschten im Schatten umher, aber ich sah sie kaum, weil die Fackeln, die in Eisenringen entlang der Mauer steckten, eine alptraumhafte Szene beleuchteten, die alle Bilder in meinem von Angst gepeinigten Bewusstsein übertraf.
    Warum nur hatte ich Dante gelesen? Warum konnte ich
mich nicht mit

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