Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison
er nur in Eile und wollte rasch zu einem Ende kommen?
Er holte tief Luft und entspannte sich ein wenig. Zumindest konnte er mich ansehen, ohne den Blick gleich wieder abzuwenden.
»Was genau wisst Ihr über die Tätigkeit Eures Vaters, Signorina? «
Während ich mir genau dieselbe Frage stellte, antwortete ich ihm mit aller Vorsicht.
»Genug. Weshalb wolltet Ihr mich heute treffen?«
»Der Tod Eures Vaters war ein großer Verlust«, sagte er leise.
»Das erwähntet Ihr bereits.« Auch wenn Morozzi besorgt war – meine Geduld war jedenfalls erschöpft. »Sagt mir lieber, was Ihr über seinen Tod wisst.«
Auf eine so klare Frage war er nicht gefasst. Überrascht sah er mich an. Offenbar dachte er, dass er unsere Unterhaltung lenken würde. Aber die Jahre unter dem Dach des Kardinals hatten meinen Instinkt so weit geschärft, dass ich das nicht zuließ.
Er suchte mühsam nach einer Antwort.
»Es war äußerst tragisch …«
»Das weiß ich alles, Vater. Sagt mir lieber, wer den Mord befohlen hat.«
Morozzi schien bestürzt. Offenbar war er dank seiner Erscheinung und seines Amts an ehrerbietige Frauen gewöhnt. Ich dagegen passte nicht in seine Welt, aber ich muss anerkennend bemerken, dass er schnell umdachte.
»Wisst Ihr das denn nicht?«, fragte er.
»Vielleicht weiß ich es, vielleicht auch nicht. Was wisst Ihr darüber?«
Wie ich bereits erwähnt habe, sagt ein Mann unter der Folter alles, nur damit der Schmerz endlich ein Ende hat. Das war aber nicht notwendigerweise die Wahrheit. Es soll auch Leute geben, die ihren Folterern nach dem Mund reden.
»Seine Heiligkeit fürchtete, dass Borgia sich in seinem Ehrgeiz, ihm auf den Thron zu folgen, seines Giftkundigen bedienen könnte«, sagte Morozzi. »Der Mord an Eurem Vater sollte Borgia warnen, dass weitere Versuche zum Scheitern verurteilt wären.«
Morozzi bestätigte das, was ich schon wusste. Und doch schmerzte es so sehr, dass ich mich förmlich zum Reden zwingen musste.
»Warum hat er dann nicht auch mich als die Nachfolgerin meines Vaters töten lassen?«
»Euch fürchtet Innozenz nicht so sehr wie Euren Vater. Ihr seid doch nur eine Frau.«
Gott, steh mir bei, ich lächelte wirklich. Innozenz würde die ganze Ewigkeit lang Zeit haben, diesen Irrtum zu bereuen.
»Als mir schwante, dass Euer Vater und ich ein gemeinsames Ziel haben könnten, bot ich ihm meine Hilfe an. Er hat sie gern angenommen. Doch leider war ihm der Erfolg nicht mehr vergönnt. Und so besteht … das Problem noch immer.«
»Also wurde ein Versuch unternommen?« Vor Spannung hielt ich den Atem an. Hatte mein Vater versucht, den Papst zu töten?
Morozzi schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nur, dass Euer Vater alles vorbereitet hatte. Tragischerweise wurde er in letzter Sekunde ermordet, bevor er sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte.«
Es klingt seltsam, aber ich war erleichtert. Zumindest hatte mein Vater seine Seele nicht mit dieser Sünde belastet. Andererseits war ich noch unsicher, ob die Methode, die Sofia im Auge hatte, auch wirksam war.
»Was meintet Ihr damit, dass Ihr ein gemeinsames Ziel mit meinem Vater verfolgt habt?«
Überrascht sah Morozzi mich an.
»Aber das müsst Ihr doch wissen.«
»Mag sein, aber ich möchte die Antwort gern aus Eurem Mund hören.«
Als er merkte, dass ich ihn weiter auf die Probe stellte, errötete er. Ich spürte, wie seine Geduld langsam schwand.
»Das Edikt … nun, Ihr wisst sicher davon?«
Ich nickte.
»Aber weshalb solltet Ihr Euch ausgerechnet um das Schicksal der Juden sorgen?« Ich vermutete, dass ich die Antwort kannte, aber ich wollte sie von ihm selbst hören.
Morozzi rang nach Worten, und einen Moment lang dachte ich, dass er an ihnen ersticken würde.
»Ich bin Konvertit.« Danach sprach er so hastig weiter, als ob er seine Zunge von den Worten reinigen müsse. »Ich glaube mit Herz und Seele an den einen Gott, den allmächtigen Vater, und an seinen Sohn Jesus Christus und an den Heiligen Geist. Ich möchte lediglich größeres Unheil verhindern. «
Ein Teil meines Selbst mahnte mich zur Vorsicht. Und
doch war ich von seinen Worten bewegt, weil ich hoffte, dass er im gleichen Atemzug auch für meinen Vater sprach.
»Ich verstehe«, erwiderte ich. »Innozenz ist ein alter kranker Mann, der selbst unter normalen Umständen nicht mehr allzu lange zu leben hat. Trotzdem bleibt ihm vielleicht noch Zeit, um großes Leid über die Menschen zu bringen.«
»Euer Vater war entschlossen, das zu
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