Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison
um meine Fassung wiederzugewinnen. Aber so recht wollte es mir nicht gelingen.
Er eilte auf mich zu und stand so nahe vor mir, dass ich zusehen konnte, wie sich seine breite Brust hob und senkte. Selbst in diesen schwierigen Zeiten strahlte er solche Stärke und Zuverlässigkeit aus, um die ich ihn nur beneiden konnte.
»Was hat Morozzi gesagt?«, fragte er.
Ich rang mit meinem Gewissen. Es wäre einfacher gewesen, ihn so wenig wie möglich einzuweihen. Um uns dem Fegefeuer in hübschen kleinen Schritten zu nähern. Aber ich schuldete ihm mehr.
»Dass er mir helfen wird.«
Er wurde leichenblass. Einen Moment lang erwartete ich stürmischen Protest. Zu Recht, natürlich. Denn was ich plante, war irrsinnig. Zu allen Zeiten waren Päpste auf fragwürdige Art zu Tode gekommen. Vielleicht sogar häufiger als wir ahnen. Aber das war Geschichte … und dies die Gegenwart.
Und da war ich, Francesca Giordano, die Tochter des Giftkundigen. Eine Frau, die es mutterseelenallein mit dem gesamten Christentum aufnahm.
»Ihr müsst nur ein Wort sagen, und ich komme nie wieder hierher«, sagte ich.
Einige Sekunden lang fürchtete ich, dass er genau das tun würde. Es gab keinen Grund, einer Frau beizustehen, die ihn abgewiesen hatte. Doch ich unterschätzte den Mut dieses Mannes, der fest an die Rettung durch die Macht der Kirche glaubte und sie vor Schaden bewahren wollte.
Seine kräftigen Hände, die selbst mit zartestem Glas gefahrlos hantierten, legten sich um meine Schultern.
»Sagt nie wieder so etwas Dummes. Ich war der Freund Eures Vaters … und ich bin Euer Freund«, erklärte er ernst. »Was Innozenz plant, ist böse. Habt Vertrauen in Gott, Francesca. Vertraut darauf, dass Gott Euch erwählt hat, um ihn aufzuhalten.«
Wenn Rocco meine wahre Natur auch nur erahnt und gewusst hätte, welch dunkle Mächte in mir brüllend nach Blut und Tod verlangten, hätte er das sicher nicht gesagt. Aber so schwach, wie ich mich augenblicklich fühlte, war ich sogar dankbar, dass er mich in einem falschen Licht sah.
Ich murmelte meinen Dank, und dann ließ er mich gehen, erinnerte mich aber daran, dass seine Tür immer offen für mich sei.
Im Grunde war ich über das Ergebnis dieses Besuchs sehr erleichtert, doch gleichzeitig fürchtete ich mich vor dem Weg, den ich unwiderruflich eingeschlagen hatte. Ich schlich auf demselben Weg heimlich in den Palazzo zurück, den ich gekommen war, und war noch nicht lange in meinen Räumen, als Vittoro zu mir kam und mir ausrichtete, dass Madonna Lucrezia eine Botschaft geschickt und nach mir verlangt habe.
13
Ob es wohl einen Römer gibt, dem die campagna nicht über alles geht? Wir sind stolze Bewohner dieser Stadt, und doch nutzen wir jede Gelegenheit, um einen Ausflug aufs Land zu machen, die jungen Triebe der Pflanzen zu bewundern, den Tieren nachzustellen und uns in jeder Weise zum Narren zu machen. Und welche Jahreszeit ist dazu besser geeignet als der Sommer, wenn die Stadt in der Hitze schmachtet und, seien wir ehrlich, stinkt?
Genau einen solchen Ausflug hatte sich Giulia la Bella ausgedacht, um ihrem gehetzten Liebhaber eine kleine Erholung zu gönnen, und Lucrezia hatte mich dazu eingeladen. Anfangs zögerte ich, sah mich aus Pflichtbewusstsein genötigt, zu Hause im Palazzo zu bleiben. Doch eine Ablehnung hätte Argwohn erregt. Außerdem nahm der Kardinal an dem Ausflug teil, und ich war dazu angehalten, ihm überallhin zu folgen.
In mehreren Barken ruderten wir den Tiber hinauf und führten zwei Haushalte mit uns: Wachen, Gefolgsleute, Musikanten, Diener, Köche und Priester, ganz zu schweigen von zahllosen Hunden, Pferden und La Bellas Papagei, der den ganzen Tag lang krächzte, und einem Schwein. Was ein
Schwein auf einem Ausflug zu suchen hatte, war mir ein Rätsel, aber da es auch bei der Rückfahrt noch an Bord war, vermutete ich, dass sich jemand das Schwein als Haustier hielt.
Einige Meilen nördlich der Stadt legten wir an einer hübschen kleinen Villa an, die La Bella von ihrem Ehemann Orsino Orsini als Geschenk erhalten hatte. Das Haus lag ein Stück weit außerhalb der Stadt inmitten wunderschöner Wälder, Bäche und Wiesen, trotzdem konnte man es für einen Tagesausflug nutzen. Die Dienerschaft stand entlang des Ufers aufgereiht, um uns willkommen zu heißen und alle Kisten, Körbe und Bündel auszuladen, die für den Tag benötigt wurden.
La Bella selbst wurde von keinem Geringeren als dem Kardinal persönlich, der mit zarter Umsicht über ihr
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