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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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Joseph und war nicht mehr bei Bewusstsein.
    Benjamin brachte etwas zu essen und zu trinken, aber trotz seiner Ermahnungen trank ich nur einen Schluck Wein und aß ein wenig Brot. Dann rebellierte mein Magen. Während der Nachmittag verging, hielt ich Josephs Hand, und David betete in einer Sprache, die ich nicht kannte. Ich betete, wie ich es gelernt hatte, zur Muttergottes und erinnerte sie an Josephs Mutter, die vermutlich schon tot war und ihren Joseph genauso geliebt hatte wie Maria ihr Kind. Ich bat sie, gut auf ihn aufzupassen.
    Kurz darauf starb Joseph. Wie es aussah, war es ein friedlicher Tod, aber besonders tröstlich war das nicht. Als wir sein Gesicht bedeckten, war Rebecca bereits bewusstlos. Seit sie das Blut getrunken hatte, verschlechterte sich ihr Zustand zusehends. Eine Stunde später erkannte sie uns nicht mehr, und nach der zweiten Stunde glühte sie vor Fieber. Nachdem Joseph tot war, setzte ich mich neben sie und wusch ihr Gesicht und ihre Glieder mit kühlem Wasser.
    »Sie spürt das doch gar nicht mehr«, sagte David. Er war sehr blass, wie ich vermutlich auch, und seine Hände zitterten, als er die Schüssel hielt.
    »Das kann man nie wissen«, entgegnete ich. »Keiner von uns war dem Tod schon so nahe, um das zu wissen.«
    »Wie könnt Ihr so etwas sagen? Vielleicht habe ich es ja schon erlebt.«
    Ich sah Rebecca an und schüttelte den Kopf.
    »Sie ist schon sehr weit fort. Von dort kommt niemand mehr zurück.«
    Nach einiger Zeit kam Sofia herein, und wir warteten
zusammen, bis Rebecca starb. Kurz vor dem Ende öffnete die alte Frau plötzlich die Augen und erschreckte uns zutiefst. Was auch immer sie sah, es war für unsere Augen unsichtbar. Sie befand sich nicht mehr in unserer Welt. Ich kann nur sagen, dass sie in völliger Ruhe und ohne jeden Kampf entschlafen ist. Ich kniete neben der Pritsche nieder und sprach ein Gebet, dass Rebecca alle wiederfinden möge, die sie geliebt und verloren hatte.
    Rebeccas Gesicht war noch kaum bedeckt, als ich Benjamin zu mir rief und ihm einen Brief aushändigte, den ich auf Sofias Papier geschrieben hatte.
    »Geh in die Gasse der Glasbläser«, schärfte ich ihm ein und beschrieb ihm den Weg. »Frage nach Rocco Moroni und übergib ihm diesen Brief. Er weiß, was zu tun ist.«
    Nachdem Benjamin fort war, wartete ich geduldig, während Sofia Rebecca zur Ader ließ. Wir hatten uns für Rebeccas Blut entschieden, weil es so frisch wie möglich sein sollte, wenn wir in der Engelsburg ankamen.
    Während ich wartete, überkam mich eine wohltuende Benommenheit. »Ich muss in der Stadt sein, bevor das Tor verriegelt wird«, sagte ich leise, als Sofia das Blut in ein Fläschchen abfüllte und versiegelte.
    Trotz des langen und schmerzvollen Tages war mir nur zu bewusst, wie die Sonne langsam unterging. Wenn ich mir zu lange Zeit ließ, ereilte mich dasselbe Schicksal. Das Blut würde seine Wirkung verlieren, und die Chance, es zu ersetzen, würde mit jedem Sandkorn, das durch das Stundenglas rann, geringer werden.
    »Ich gehe mit Euch«, erklärte David.
    Ich unternahm einen halbherzigen Versuch, sein Angebot
abzulehnen, doch er ging nicht darauf ein. Minuten bevor das Tor verriegelt wurde, gelangten wir in die Stadt zurück. Was würde der nächste Morgen für die Juden bringen, wenn unser Anschlag misslang und wir entlarvt wurden? Den Zorn des aufgebrachten Pöbels? Feuer und Tod? All das und wahrscheinlich noch weit Schlimmeres.
    Ich sah noch einmal über die Schulter zurück und dachte an Sofia und Benjamin, an all die Kranken und Sterbenden in der Apotheke und an die vielen leidenden Menschen, die ich bei meinen Besuchen gesehen hatte.
    Wahrlich, die Wege des Herrn sind unergründlich.
    David ergriff meine Hand, und während die Nacht über Rom herabsank, setzten wir unseren Weg gemeinsam fort.

16
    Wir hatten gerade die Hälfte des Wegs zu Roccos Werkstatt zurückgelegt, als uns die ersten Plünderer begegneten. Bis zu diesem Zeitpunkt waren wir nur den üblichen Nachtschwärmern, Huren und Ratten begegnet, die nachts die römischen Straßen bevölkerten. Während sich die Menschen in den Tavernen drängten, strömten die Ratten in Massen aus den antiken Abflussrohren und Katakomben hervor. Ganz gleich, wie viel die Rattenfänger auf Straßen und Plätzen Nacht für Nacht erlegten – es gab noch unzählige Ratten unter der Erde, die die Stadt überschwemmten.
    Ich verabscheue Ratten, was mich eigentlich wundert, da ich Tiere eigentlich mag. Mit Ausnahme

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