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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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damit David meine Zweifel nicht mitbekam. Ausgerechnet an diesem Ort sollte David Zuflucht suchen?
    Santa Maria Sopra Minerva wurde einst von den Dominikanern
auf den Ruinen eines Tempels der Göttin der Weisheit errichtet und diente dem Orden seitdem als Kapitelhaus. In der Krypta ist der Leichnam der heiligen Katharina beigesetzt, von der bereits die Rede war, doch ihr Kopf ruht nach wie vor in einem Grab in Siena. Mir ist die Vorstellung nicht geheuer, aber so können ihre Anhänger sie an beiden Orten verehren.
    »Ich habe hier einen Freund«, sagte Rocco. Ich konnte nur hoffen, dass er recht hatte.
    Es ist betrüblich, wie viele Kirchen in Rom über Nacht verschlossen sind, um sie vor Plünderung zu schützen. Wer ein dringendes Anliegen hat und Beistand sucht, muss also bis zum Morgen warten. Da der Dominikanerorden großen Respekt genießt, stellt ihre Kirche, die sich die Muttergottes mit der Göttin der Weisheit teilt, eine rühmliche Ausnahme dar.
    Wir erreichten eine Seitentür, über der ein Relief hing, eine Darstellung von Hunden auf der Jagd und somit eine Anspielung auf die Domini canes . Die Mitglieder des Ordens sahen sich als Hunde des Herrn. Einen Augenblick lang fürchtete ich, dass David sich weigern würde, die Kirche zu betreten. Misstrauen und Abscheu spiegelten sich deutlich auf seinem Gesicht.
    Ich nahm seine Hand und drückte sie.
    »Rocco ist ein guter Mensch. Ich vertraue ihm in jeder Beziehung. Er bringt sich selbst in Gefahr, indem er uns hierherbringt.«
    David sah zwar nicht überzeugt aus, doch er war zumindest einverstanden, dass wir das Gebäude betraten. Kurz darauf standen wir im Seitenschiff, nicht weit von dem
Altar der Muttergottes entfernt. Die Kerzen, die vor der Statue brannten, waren das einzige Licht. Obwohl ich früher schon einmal hier gewesen war, hatte ich die Pracht des Innenraums im Vergleich zu der schlichten Fassade völlig vergessen: die roten Rippen des Gewölbes, die den dunkelblauen Sternenhimmel einrahmten, und die polierten Marmorsäulen entlang des Schiffs, in denen sich das ewige Licht über dem Altar spiegelte. Ich überlegte, wie lange wir in der Burg gewesen waren und wie lange unsere Flucht gedauert hatte. Meiner Rechnung nach befanden wir uns irgendwo zwischen der Complet, die den Tag beendete, und der Vigil, mit der die Mönche den anbrechenden Tag begrüßen. Bevor die Mönche zu ihren Gebeten in die Kirche kamen, mussten wir unser Versteck erreicht haben.
    »Hier entlang.« Rocco deutete auf die Stufen, die vom Altar hinunter in die Krypta führten. Ich zögerte, weil ich inzwischen von engen Räumen ein für alle Mal genug hatte. Doch zum Glück war die Krypta dank der ewigen Lichter vor den ungefähr ein Dutzend Sarkophagen nicht völlig dunkel. Die heilige Katharina ruhte in entspannter Pose auf dem Deckel ihres Sarkophags, doch wenn ich an den kopflosen Leichnam im Inneren dachte, schauderte es mich.
    Aber die Heilige war in der Krypta nicht allein. Ganz hinten an der Wand, wo David und ich erschöpft auf den Boden sanken, ragte das gemeißelte Gesicht einer Frau aus der Wand. Ein ernstes Gesicht mit vornehmen Zügen, das Haar in Zöpfen um den Kopf geflochten.
    »Minerva?«, fragte ich Rocco.
    Er nickte.
    »Vermutlich. Wenn dies ihr Heiligtum war, so gab es
auch eine Quelle. Die Brüder halten den Brunnen seit langem instand.« Er verschwand in der Dunkelheit und kehrte einige Augenblicke später mit einem Eimer Wasser zurück. David und ich stürzten uns darauf. Nachdem der erste Durst gelöscht war, wuschen wir uns, so gut es der Anstand unter diesen Umständen zuließ. Erschöpft lehnten wir uns schließlich gegen die Mauer. Mir fielen schon fast die Augen zu, als ich Davids Stimme hörte: »Wie wahrscheinlich ist es, dass jemand hier herunterkommt?«
    »Einer kommt bestimmt«, antwortete Rocco. »Und auf ihn zähle ich.«
    Ich fühlte, wie David neben mir förmlich erstarrte. Da er heute schon einmal in eine Falle gegangen war, konnte ich ihm deswegen keinen Vorwurf machen.
    »Euer Freund?«, fragte ich.
    Rocco nickte.
    »Nachdem Guillaume ins Kapitelhaus nach Rom versetzt wurde, haben wir uns vor einigen Jahren zufällig auf der Straße getroffen. Ich hatte große Sorge, dass er mich verraten würde. Aber Guillaume hat mein Geheimnis bewahrt.«
    David war immer noch misstrauisch.
    »Welches Geheimnis denn?«
    »Ich war früher Dominikaner«, erklärte Rocco voller Würde.
    David gab einen Laut von sich, der zwischen Unglauben und

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