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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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einen großen Raum mit zahllosen Tontöpfen, die mir bis zu den Hüften reichten und in Holzgestellen standen, damit sie nicht umfielen. Offenbar war dies das Öllager der Engelsburg. Am anderen Ende des Raums blieb Vittoro stehen.
    In der Ferne hörten wir laute Kommandos und die schweren Schritte der Wachsoldaten.
    »Jetzt kommt der schwierige Teil«, sagte Vittoro.
    Das wollte ich zu diesem Zeitpunkt nicht hören, aber das behielt ich für mich.
    »An dieser Stelle der Burg ist ein Schacht, der durch die Mauern nach unten führt und über einem Graben endet.« Er sah uns an. »Könnt ihr schwimmen?«
    David und ich nickten. Allerdings waren wir nicht allzu begeistert angesichts der Aussicht, in einen Graben steigen zu müssen, weil Burggraben normalerweise verdreckt sind und stinken.
    »Der Schacht liegt auf der Seite der Burg, wo es weder
Gänge noch versteckte Eingänge gibt. Diese Zugänge werden besonders bewacht.«
    Während er redete, entrollte er das Tau, mit dem er uns aus unserem Gefängnis emporgezogen hatte. »Der Schacht verläuft beinahe senkrecht, sodass sich eine Wache an dieser Seite der Burg erübrigt. Einen Absturz aus dieser Höhe überlebt niemand.«
    »Wir können also nicht einfach hinunterrutschen?«, fragte David.
    »Außer ihr wollt eurem Schöpfer begegnen.« Vittoro hob das Seil in die Höhe. »Wer ist der Erste?«

19
    David löste den Umhang, zog das weiße Habit über den Kopf und warf die Sachen auf den Boden.
    »Das beschwert mich im Wasser nur unnötig«, erklärte er, als ich ihn erstaunt ansah. Dabei war mir völlig klar, warum er seine Sachen ablegte, aber wenn er glaubte, dass er sich als Erster abseilen würde, so täuschte er sich.
    »Wir wissen doch gar nicht, wie breit der Schacht ist, nicht wahr?«, wandte ich ein. »Ich komme auf jeden Fall durch und kann gleichzeitig feststellen, ob der Schacht groß genug für euch ist. Stellt euch nur vor, ihr bleibt auf halbem Weg stecken. Dann sind wir hier in der Burg gefangen.«
    »Da muss ich Euch recht geben«, räumte Vittoro ein, auch wenn es ihm schwerfiel. »Ich habe nur ein Tau hinabgelassen, aber hinuntergeklettert bin ich nie. Ich kann die Maße nur ungefähr schätzen.«
    »Aber es ist viel zu gefährlich«, protestierte David. »Dann seid Ihr allein im Wasser.«
    »Davor fürchte ich mich am wenigsten.« Ohne auf ihre Zustimmung zu warten, entledigte ich mich der Kutte und aus Vernunftgründen auch meines Überkleids. Vittoro hatte inzwischen eine Schlaufe in das Ende des Taus geknotet, die
ich mir über den Kopf streifte, bis sie fest unter meinen Armen saß.
    Anschließend warf ich einen kurzen Blick in den Schacht und atmete tief ein. »Ich bin bereit.«
    Natürlich war ich das nicht, aber auf eine solche Aufgabe kann man sich nur schwer vorbereiten. Am besten bringt man sie einfach hinter sich. Ich befolgte Vittoros Anweisungen und setzte mich an den Rand des Schachts.
    »Lasst Euch ganz langsam hinunter«, riet er. »Ich lasse das Seil nur jeweils um eine Handbreit nach. Falls es zu sehr einschneidet, solltet Ihr Euer Gewicht mit Armen und Beinen an den Wänden abstützen. Sollte es ein Problem geben, so zerrt an dem Seil. Dann hole ich Euch wieder herauf.«
    Ich nickte, als ob ich jedes Wort verstanden hätte. Dabei dachte ich nur, dass ich jetzt in die Dunkelheit eintauchen musste, und, falls alles gut ging, anschließend in einem übelriechenden, morastigen Graben versinken würde. Bevor ich das Seil ergriff, sah ich zu David auf.
    »Wenn Ihr im Wasser seid, so schluckt bloß nichts von dieser Brühe. Normales Wasser kann Durchfälle verursachen, aber was in diesem Morast herumschwimmt, ist tödlich.«
    »Nur schade, dass wir es nicht Innozenz einflößen können«, entgegnete er mit schiefem Grinsen.
    Vittoro stand bereit. Ich erkannte die Sorge in seinen Augen und brachte ein Lächeln zustande.
    »Macht Euch keine Gedanken. Ich schaffe das schon. Ihr habt mich nicht vor Morozzi bewahrt, damit ich jetzt in einer stinkenden Brühe ertrinke.«
    »Ich hoffe, dass Ihr recht behaltet.« Seine Stimme klang heiser.

    Ich drückte Vittoros Hand.
    »Mein Vater hat Euch als seinen Freund betrachtet. Inzwischen weiß ich auch, warum.«
    »Giovanni wäre stolz auf Euch«, sagte Vittoro leise. »Jeder Vater wäre das.«
    Meine Brust wurde eng. Ich nickte kurz und atmete so tief wie möglich ein. Ich vertraute meine Seele Gott und dem heiligen Michael, aber vor allem diesem tapferen Soldaten an, der sich in den Löwenkäfig

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