Die Tochter des Goldsuchers
ich empfinde«, sagte sie, »wenn meine Gefühle nicht erwidert werden.«
»Woher wollen Sie das wissen? Vielleicht fällt es ihm nur schwer, es offen zuzugeben, aber ich dachte immer, eine Frau hätte einen siebten Sinn für solche Dinge.«
»Nicht immer.« Seufzend erhob sich Sarah. »Auf geht’s, es gibt jede Menge Arbeit.«
»Jawohl, Ma’am.«
»Noch eine Frage. Was hast du in der Mine zu tun?«
»In der Mine, Miss Sarah?«
»Du hast selber gesagt, ich hätte ein gutes Auge. Ich weiß, dass du dort drinnen warst. Ich möchte wissen, warum.«
»Ja, nun.« Lucius hüstelte. »Ich hab mich nur mal umgesehen.«
»Nach Gold?«
»Kann sein.«
»Meinst du, du findest welches?«
»Matt war immer der Überzeugung, dass sich in dem Felsen eine reiche Ader verbergen würde, und als Jake …« Lucius brach ab.
»Als Jake was? Dir sagte, du sollst dich mal umschauen?«
»Könnte sein, dass er mal davon gesprochen hat.«
»Verstehe.« Sarah blickte zum Berggrat hinauf. Sie hatte sich immer gefragt, was Jake eigentlich von ihr wollte. War dies nun die Antwort? Gold schien auf Männer eine starke Anziehungskraft auszuüben. »Ich habe nichts dagegen, dass du in der Mine arbeitest, Lucius. Eigentlich ist es sogar eine ganz gute Idee. Du musst es mir sagen, wenn du irgendwelches Werkzeug brauchst.« Fest sah sie Lucius an. »Wenn du das nächste Mal in die Stadt reitest, kannst du Jake ausrichten, dass ›Sarah’s Pride‹ mir gehört.«
»Jawohl, Ma’am. Wenn Sie es wünschen.«
»Ich bestehe darauf.« Sie schaute zur Straße hinüber. »Dort kommt eine Kutsche.«
Lucius spie aus und hoffte, dass es nicht Carlson war. Soweit es ihn betraf, hatte sich der Mann in den letzten Wochen mit seinen Besuchen zu viel herausgenommen.
Es war nicht Carlson. Als der Einspänner näher kam, erkannte Sarah eine junge Frau, die jedoch zu ihrer Enttäuschung nicht Liza war. Die dunkelhaarige, zierliche Gestalt war ihr völlig unbekannt.
»Guten Morgen.« Sarah lehnte das Gewehr an die Hauswand.
»Guten Morgen.« Die junge Frau lachte nervös. »Sie leben aber ganz schön weit draußen.«
»Ja.« Da ihre Besucherin es nicht eilig zu haben schien, vom Wagen zu steigen, kam Sarah ihr langsam entgegen. »Ich bin Sarah Conway.«
»Ja, Ma’am, ich weiß. Ich heiße Alice. Alice Johnson. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
»Ich freue mich auch, Miss Johnson. Kommen Sie auf ein Tässchen Tee herein?«
»Oh nein, Ma’am, das kann ich nicht.«
Alice schien zutiefst erschrocken. Bestürzt machte Sarah einen neuen Versuch. »Haben Sie sich vielleicht verfahren?«
»Nein, ich wollte mit Ihnen reden, aber ich kann nicht hereinkommen. Das wäre nicht schicklich.«
»Ach? Warum denn das?«
»Nun, wissen Sie, Miss Conway, ich bin eins von Carlottas Mädchen.«
Carlotta? Mit großen Augen betrachtete Sarah ihre Besucherin jetzt eingehender. Sie war noch sehr jung, schätzungsweise zwei Jahre jünger als sie selbst. Ihr Gesicht war ungeschminkt und ihr Kleid war schlicht und unaufdringlich.
Während Sarahs Musterung senkte Alice die dichten Wimpern über ihren dunklen Augen, und ihre Wangen liefen rot an.
»Sie wollen sagen, Sie arbeiten im ›Silver Star‹?«
»Ja, Ma’am, fast drei Monate sind es jetzt schon.«
»Aber …« Sarah hielt inne, als sie sah, dass Alice sich auf die Unterlippe biss. »Miss Johnson, wenn Sie mit mir reden wollen, dann gehen wir lieber hinein. Es ist viel zu heiß, um hier in der Sonne herumzustehen. Schließlich wollen wir uns ja keinen Sonnenstich holen.«
Alice zögerte. Es schien einfach nicht recht – nicht wenn Miss Conway eine echte Lady war. Aber wenn sie jetzt zurückfuhr und Carlotta nicht berichten konnte, dass sie ihren Auftrag ausgeführt hätte, würde sie gewiss bestraft werden. Carlotta merkte es immer, wenn man sie anlog, und dann musste man dafür büßen.
Sarah ging hinein und setzte Wasser auf. Jetzt hörte sie Schritte. Noch bevor sie sich umdrehen und Alice einen Platz anbieten konnte, plapperte diese schon drauflos.
»Ach, ist das hübsch hier, Miss Conway! Das haben Sie sich wirklich gemütlich eingerichtet.«
»Danke. Ich fühle mich auch mehr und mehr zu Hause hier. Setzen Sie sich doch bitte, Miss Johnson. Ich mache uns Tee.«
»Das ist wirklich lieb von Ihnen, aber es erscheint mir nicht richtig, dass Sie mir Tee anbieten. Es ist nicht richtig.«
»Natürlich ist es richtig. Dies ist mein Haus, und Sie sind mein Gast. Ich hoffe, die Kekse schmecken Ihnen. Ich
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