Die Tochter des Goldsuchers
einem blauen Bach durchschnittene und von Hügeln umgebene Land.
»Es ist großartig, Sie müssen sehr stolz darauf sein.«
»Was nützt einem der Stolz, wenn man ihn für sich allein hat? Wie oft habe ich es bedauert, keine Frau zu haben, die hier mit mir lebt. Ich hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben. Bis jetzt.« Er nahm ihre Hand und hob sie an seine Lippen. »Sarah, nichts würde mich glücklicher machen, als wenn Sie diese Frau sein könnten.«
Sarah wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte, obwohl dieser Antrag sie kaum überraschte. Carlson hatte ihr ja offen den Hof gemacht. Schweigend musterte sie sein Gesicht. Er war alles, was sie sich immer erträumt hatte: gut aussehend, schneidig, zuverlässig, erfolgreich. Und er bot ihr an, wovon sie immer geträumt hatte: ein Zuhause, eine Familie, ein erfülltes, zufriedenes Leben.
Schon wollte sie Ja sagen, wollte seine Wange streicheln. Aber sie brachte es nicht fertig. Sie sah weg, suchte nach den passenden Worten.
Plötzlich entdeckte sie eine Silhouette am Horizont: einen Mann zu Pferde. Ohne sein Gesicht zu erkennen, seine Stimme zu hören, wusste sie, dass es Jake war. Allein, ihn in ihrer Nähe zu wissen, ließ ihren Puls schneller schlagen, ihre Sehnsucht erwachen.
Sie wandte sich Carlson zu. »Samuel, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich Ihr Angebot ehrt.«
Er spürte die unausgesprochene Ablehnung, doch obgleich sofort Wut in ihm hochstieg, entgegnete er lächelnd: »Bitte antworten Sie jetzt noch nicht. Überlegen Sie es sich. Ich weiß, wir kennen uns erst seit so kurzer Zeit, und Ihre Gefühle mögen noch nicht so stark sein wie meine. Geben Sie mir die Möglichkeit, das zu ändern.«
»Danke.« Sie wehrte sich nicht, als er erneut ihre Hand küsste. »Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen.« Das versprach sie sich selbst. »Ich bin Ihnen sehr dankbar für die Geduld, die Sie mit mir haben. So viele Dinge beschäftigen mich gerade jetzt. Fast habe ich mein Leben wieder unter Kontrolle, und nun, da ich die Mine wieder eröffnen will …«
»Die Mine?« Unwillkürlich verstärkte sich der Druck seiner Hand um ihre. »Sie wollen die Mine öffnen?«
»Ja.« Verwundert sah sie ihn an. »Stimmt etwas nicht?«
»Nein, nein, ich dachte nur an die damit verbundenen Gefahren.« Schnell hatte er sich wieder gefangen. »Und ich befürchte, dass es Sie zu sehr aufregen könnte. Schließlich ist Ihr Vater darin umgekommen.«
»Ich weiß. Aber sie gab ihm auch Zuversicht. Ich bin überzeugt, er hat gewollt, dass ich weitermache.«
»Wollen Sie etwas für mich tun?«
»Ich werde es versuchen.«
»Denken Sie über Ihr Vorhaben noch einmal sorgfältig nach. Sie bedeuten mir einfach zu viel, und es täte mir leid, wenn Sie Ihre Energien für einen Traum verschwenden.« Er schnalzte den Pferden zu und lächelte. »Und wenn Sie mich heiraten, sorge ich dafür, dass weiter in der Mine gearbeitet wird.«
»Ich will darüber nachdenken.« Doch ihr Kopf war angefüllt mit ganz anderen Gedanken, als sie über die Schulter zurückschaute nach dem einsamen Reiter auf dem Hügel.
9. K APITEL
Sarah freute sich auf den Unabhängigkeitstag wie nie zuvor auf eine Feier, denn an diesem Tag sollte in der Stadt ein Fest stattfinden. Am Nachmittag des 4. Juli nahm sie ihr bestes Seidenkleid heraus. Es war von einem blassen Lavendelblau, mit Spitze besetzt. Ihr Korsett schnürte sie so eng, dass ihr die Rippen wehtaten, doch sie hoffte, es würde sich lohnen. Gern hätte sie sich die Brosche ihrer Mutter angesteckt, doch die war, wie so vieles, verloren.
Sarah wollte so vorteilhaft wie möglich aussehen. Darauf kam es ihr an, denn falls sie Jake begegnete, sollte er sehen, was er sich hatte entgehen lassen. Sie legte sich ihr weißes Spitzentuch um, prüfte den Inhalt ihres Beutels und trat nach draußen.
»Halleluja!« Lucius stand, den Hut in der Hand, neben dem Wagen. Er hatte sich gewaschen, ohne dass sie ihn dazu auffordern musste, und war seinen Bartstoppeln mit dem Rasiermesser zu Leibe gerückt. Als Sarah ihn anlächelte, fühlte er sich gleich zehn Jahre jünger und fast bereit, mit Jake in Konkurrenz um ihre Gunst zu treten.
Mit aller Eleganz, deren er fähig war, half er Sarah auf den Wagen.
»Den Leuten werden die Augen aus dem Kopf fallen, wenn sie Sie so sehen.«
»Hoffentlich.« Wenigstens bei einem wünschte sie sich das sehnlichst. »Du wirst mir doch einen Tanz mit dir freihalten, Lucius?«
»Mit dem größten Vergnügen.
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