Die Tochter des Goldsuchers
glaube, ich kann die fünfundzwanzig Cent aufbringen.«
»Du kannst besser als Jim Carlson schießen. Er liegt in Führung.« Johnny blickte zu Jim hinüber, der gerade in angeberischer Manier seine brandneue Smith & Wesson um den Zeigefinger wirbeln ließ. »Kriegst du das auch fertig?«
»Wozu? Das hilft einem nicht, besser zu schießen.« Er schnipste Johnny eine Fünfundzwanzig-Cent-Münze zu. »Na, dann geh mal und trag mich ein.«
»Ja, Sir! Sofort!« Schon rannte Johnny los.
»Du willst auch beim Wettschießen um die Satteldecke mitmachen?«, ließ Lucius sich vernehmen, der plötzlich hinter Jake aufgetaucht war.
»Denke gerade drüber nach.« Aber in Wahrheit beobachtete er Jim Carlson. Ihm war eingefallen, dass dieser einen großen weißen Wallach ritt, und in der Nacht, als Sarahs Scheune abgebrannt war, war es ihm so vorgekommen, als hätte einer der Männer, die er damals wegreiten sah, auf einem Schimmel gesessen. »Und du? Willst du dich auch mit den Meisterschützen messen?«
»Nein«, entgegnete Lucius und beobachtete, wie Will Metcalf vier von sechs Flaschen traf. »Ich dachte nur, es würde dich interessieren, dass Burt Donley gerade in die Stadt geritten ist.«
Jake kniff die Augen zusammen. »Tatsächlich? Ich dachte, er sei droben in Wyoming, in Laramie.«
»Nicht mehr. Kam eines Tages hier an, während du in New Mexico warst. Arbeitet jetzt für Carlson.«
Lässig drehte sich Jake um und ließ den Blick schweifen. »Donley verdingt sich nicht als Cowboy.«
»So sagt man. Vielleicht hat ihn Carlson für einen anderen Zweck angeheuert.«
»Kann sein«, stimmte Jake zu und sah, wie Donley sich auf die Menge zu bewegte.
Er war groß, besaß kräftige Schultern und war etwas füllig um die Taille. Das ergrauende Haar reichte ihm in den Nacken. Und er war schnell. Jake hatte guten Grund zu wissen, wie schnell. Hätte zwei Jahre zuvor nicht das Gesetz eingegriffen, so wäre einer von ihnen beiden jetzt nicht hier.
»Man hört, ihr seid mal aneinandergeraten.«
»Ein bisschen.« Über die Menge hinweg begegneten sich Jakes und Donleys Blicke. Es bedurfte keiner Worte. Es gab noch eine unerledigte Angelegenheit zwischen ihnen.
Unterdessen stand Sarah neben Liza und ließ Jake nicht aus den Augen. Sie zitterte leicht. Jetzt tobte die Menge, als der nächste Wettbewerbsteilnehmer alle sechs Flaschen zerschmetterte.
»Schau mal.« Liza fasste Sarah am Arm. »Jetzt kommt Jake dran. Ich weiß, es gehört sich nicht, aber ich habe mir schon immer gewünscht, mal zu sehen, wie er das macht. Man hört so viele Geschichten über ihn. Da war eine …« Ihr blieb der Mund offen stehen, als Jake feuerte. »Ich hab nicht mal mitbekommen, wie er den Colt gezogen hat«, flüsterte sie. »Plötzlich lag er in seiner Hand.«
»Er hat sie alle getroffen.« Sarah zog sich den Umhang enger um die Schultern. Jake hatte sich kaum bewegt. Der Colt rauchte noch, als er ihn wieder einsteckte.
Donley trat hinzu, bezahlte seinen Vierteldollar und wartete, bis neue Flaschen aufgestellt waren. Sarah beobachtete, wie er seine große Hand über dem Knauf des Revolvers hielt, wie er zog und feuerte.
»Meine Güte, auch er hat alle getroffen. Damit sind noch Dave Jeffrey, Jim Carlson, Jake und Burt Donley im Rennen.«
»Wer ist das?«, fragte Sarah, weil Jake so aussah, als wollte er ihm am liebsten an die Kehle springen. »Der Mann in der Lederweste.«
»Donley? Er arbeitet für Samuel Carlson. Auch über ihn habe ich allerlei gehört – in der gleichen Weise wie über Jake. Nur …«
»Nur?«
»Nun, du weißt ja, wie Johnny immer hinter Jake her ist und ihn keinen Augenblick in Ruhe lässt. Ich kann nicht sagen, dass mich das beunruhigt. Wenn er sich aber nur einmal in Burt Donleys Nähe erwischen ließe, dann würde ich ihm gehörig die Meinung sagen. Verstehst du mich?«
Die Zuschauermenge wich zurück, als Cody den Anschlag um fünf Fuß zurückverlegte. Der erste Mann feuerte und verfehlte zwei Flaschen. Sarah sah, wie Johnny Jake am Ärmel zog und ihm etwas zuflüsterte. Zu ihrer Überraschung lachte Jake und fuhr dem Jungen durchs Haar. Welche Wärme Jake ausstrahlen kann, dachte sie. Aber im nächsten Augenblick erinnerte sie sich wieder an den Ausdruck in seinen Augen noch vor wenigen Minuten.
Wer bist du, hätte sie ihn am liebsten gefragt.
Als hätte er sie gehört, wandte Jake den Kopf. Ihre Blicke begegneten sich. Sarah fühlte eine Welle von Emotionen in sich hochsteigen und wünschte, sie
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