Die Tochter des Kardinals
Anschuldigungen?«
»In der Tat, Euer Heiligkeit«, sagte Carafa. »Die habe ich. Nach Pozzis Hinrichtung habe ich gemeinsam mit den Soldaten des Präfekten Pozzis Palazzo aufgesucht. Wir haben diese Dokumente dort gefunden.« Er zog ein Bündel Papiere hervor und breitete sie vor dem Papst aus.
Giulia erschrak. Sie erkannte das Siegel der spanischen Krone und wusste sogleich, dass dies die Dokumente sein mussten, die Pozzi damals in Carafas Gemächern so eilig verborgen hatte. Genau die Dokumente, die sie gemeinsam mit Fulvia aus Pozzis Palazzo stehlen wollte. Nun sollte sich zeigen, was es mit diesen Papieren auf sich hatte.
»Was ist das?«, fragte der Papst.
»Dies ist die Korrespondenz zwischen dem spanischen König und seinen Botschaftern Don Olivares und Don Sessa, Euer Heiligkeit«, erklärte Carafa. »Der Inhalt ist nicht weiter von Belang. Wichtig allein ist, wie diese Dokumente in Pozzis Besitz gelangten.«
»Wir hören.«
»Ihr erinnert Euch der beiden Mordbuben, die mit den Papieren der spanischen Botschafter zu Euch vordrangen, um Euch zu töten?«, fragte Carafa.
Der Papst schnaufte. »Wie können Wir das vergessen?«
»Nun, Euer Heiligkeit«, sagte Carafa, »einige Tage nach dem Attentatsversuch erschien Kardinal Pozzi in meinen Gemächern. Er berichtete mir von seinem Plan, Euch zu ermorden, um selbst auf den Heiligen Stuhl zu gelangen. Er sagte mir, dass einige von ihm angeheuerte Männer die spanischen Botschafter getötet hätten, um in den Besitz ihrer Papiere zu gelangen. Als Beweis zeigte er mir die vor Euch liegenden Dokumente, die er den Botschaftern zusammen mit den Legitimationen nach deren Tod abnehmen ließ.«
»Das ist ja ungeheuerlich!«, empörte sich der Papst. »Aus welchem Grunde habt Ihr Uns nicht sogleich darüber unterrichtet?«
»Ich hatte keinerlei Beweise, Euer Heiligkeit«, sagte Carafa. »Hätten Eure Heiligkeit mir geglaubt, ohne diese Dokumente in Händen zu halten?«
»Wir hätten unverzüglich Anweisung gegeben, Pozzis Palazzo zu durchsuchen.«
Carafa lächelte. »Es war keineswegs gewiss, dass Pozzi die Dokumente dort verwahrte. So war es unabdingbar, Pozzi im Glauben zu lassen, seine schändliche Verschwörung hätte noch immer Aussicht auf Erfolg. Nur auf diese Weise vermochte ich ihn unauffällig beschatten zu lassen und letztendlich Euer Leben zu retten, Euer Heiligkeit.« Er kniete vor dem Papst nieder und senkte sein Haupt. »Nun richtet über mich.«
»Carafa«, sagte der Papst nach einer Weile mit seiner tiefen, dröhnenden Stimme. »Wir haben Euch falsch beurteilt. Eure Beweise zeigen Uns, dass es Euer alleiniges Bestreben war, Unser Leben zu schützen. Dafür sind Wir Euch Unseren allergrößten Dank schuldig.«
Bedächtig richtete Carafa sich auf. »Gott der Herr hat in Seiner unergründlichen Weisheit mein Tun gelenkt, Euer Heiligkeit«, sagte er. »Ich war Sein Werkzeug. Wenn Euer Heiligkeit erlauben, ziehe ich mich nun zurück und versuche, die übrigen Verschwörer zu enttarnen.«
»Dafür habt Ihr Unseren Segen. Geht und findet die Männer.«
Carafa verneigte sich und verließ den Raum.
Kaum hatten die Gardisten die Tür hinter Carafa geschlossen, griff sich der Papst ans Herz und sackte mit einem leisen Stöhnen in sich zusammen.
»Euer Heiligkeit!«, rief Gazetti und stürzte auf den Papst zu.
Auch Giulia eilte herbei und goss Wasser nach. Gazetti öffnete die obersten Knöpfe vom Gewand und fächelte dem Heiligen Vater Luft zu. Dessen Gesicht war aschfahl, die Wangen waren eingefallen, sodass er uralt aussah. Gazetti nahm den Becher und schüttete vorsichtig Wasser zwischen die faltigen Lippen. »Holt den Medicus!«, rief er einem Gardisten zu.
Nur langsam erholte sich der Papst. Er schlug die Augen auf und blickte umher. Als er Giulia sah, zeichnete sich ein Lächeln auf seinem Mund ab. Er nahm ihre Hand in die seinen und sprach leise: »Es tut Uns altem Mann gut, in dein liebreizendes, warmes Antlitz zu sehen, mein Kind. Gott sei es gedankt, dass Er dich zu Uns sandte.«
Schon eilte der Medicus herbei. Er stieß Gazetti und Giulia unsanft zur Seite und begann sogleich mit der Untersuchung. »Euer Heiligkeit benötigen Ruhe«, stellte er fest. »Sehr viel Ruhe.«
»Was wollt Ihr damit sagen?«
»Ihr dürft Euer Bett eine Woche lang nicht verlassen, wenn Ihr in zwei Wochen noch leben wollt, Euer Heiligkeit«, sagte der Arzt.
Plötzlich spürte der Papst, wie Kraft und Entschlossenheit zurückkehrten. »Ihr scherzt!«, brummte
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