Die Tochter des Kardinals
Haupteslänge. »Kardinal Pozzi stellt eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben Seiner Heiligkeit dar. Ich habe Informationen darüber, dass er einen Umsturz plant. Solange Pozzi noch atmet, schwebt der Heilige Vater in Lebensgefahr.«
Quintino wirkte unsicher und eingeschüchtert. »Dennoch glaube ich, dass wir den Heiligen Vater zuvor unterrichten sollten.«
»Als Vizekanzler der heiligen Mutter Kirche«, sagte Carafa, »befehle ich Euch, Quintino, Kardinal Primo Pozzi auf der Stelle hinzurichten, um eine große Gefahr für das gesamte Christentum abzuwenden!«
Castagna trat hinzu. »Als Großinquisitor des Heiligen Offiziums bestätige ich Urteil und Befehl des Vizekanzlers.«
Mit einem blauen Seidentuch wischte sich Quintino den Schweiß von der Stirn. »Also gut«, sagte er. An zwei Wachen gab er die Order, Kardinal Pozzi zur Richtstätte zu führen. Einen weiteren Soldaten schickte er zum Scharfrichter.
Carafa und Castagna folgten den Soldaten, die Pozzi aus seinem Verlies holen sollten. Die Männer gingen in die Zelle und zerrten Pozzi auf den Gang hinaus. Sie banden ihm die Hände auf dem Rücken zusammen und zogen ihn mit sich.
Pozzi sah die Kardinäle an. »Carafa! Castagna!«, rief er. »Was habt Ihr vor? Lasst Ihr mich frei?«
Während Carafa dem entsetzten Blick Pozzis standhielt, starrte Castagna betreten zu Boden. Eine Antwort auf Pozzis Fragen gab keiner von ihnen.
Dem festen Griff der Soldaten hatte Pozzi nur wenig entgegenzusetzen. Stattdessen rief er den ganzen Weg zur Richtstätte nach den beiden Kardinälen. Hin und wieder schaffte er es, den Kopf so weit zu drehen, dass er sie sehen konnte. Doch seine bettelnden Rufe hallten unerwidert von den starken Mauern des Kerkers wider.
Die Richtstätte befand sich oberhalb der Kerker. Ein schmuckloser, kalter Raum ohne Fenster und mit nur einem Zugang. In der Mitte des Raumes stand ein zwei Ellen breiter Richtblock, vor dem ein Weidenkorb aufgestellt war. Daneben standen der maskierte Scharfrichter mit einem breiten zweischneidigen Schwert in den Händen und Präfekt Quintino.
Als Pozzi den Henker sah, schrie und tobte er wie ein Wahnsinniger. Drei Wachen waren nötig, um ihn vor dem Richtblock in die Knie zu zwingen. »Carafa, das ist alles Eure Schuld, Ihr dreimal verfluchter Höllenfürst!«, brüllte er. »Ohne Euch und Eure Intriganz wäre dies alles nicht geschehen! Bindet mich los! Auf der Stelle!«
Carafa rührte sich nicht. Castagna dagegen stellte sich neben Pozzi und sprach leise Gebete.
Pozzi sah Castagna an. »Giambattista«, keuchte er. »Nehmt Euch vor Carafa in Acht. Er hat mir diese Falle gestellt, die mich nun den Kopf kostet. Traut ihm nicht, wenn Euch Euer Leben lieb ist.«
Castagna trat zur Seite, und Carafa gab dem Henker ein Zeichen.
Der Scharfrichter presste Pozzis Kopf auf den Richtblock und holte weit aus. Die schwere Klinge sauste hinab, durchschlug Pozzis Hals und trennte den Kopf vom Körper. Blut spritzte in alle Richtungen. Der Kopf fiel in den Weidenkorb, der noch zuckende Leib neigte sich zur Seite und fiel zu Boden.
»Möge Gott der Vater seiner Seele gnädig sein«, sagte Castagna, woraufhin sich die Anwesenden stumm bekreuzigten.
Auf dem Weg aus der Präfektur hinaus blieb Castagna unvermittelt stehen. »Ihr seid Euch im Klaren darüber«, sagte er, »dass Ihr Euch für die Hinrichtung eines Kardinals vor dem Papst verantworten müsst?«
Carafa lachte auf. »Wieso ich?«, fragte er. »Euer Urteil hat Pozzi ebenfalls den Kopf gekostet.«
Castagna starrte Carafa entsetzt an. »Aber ich …«
Carafa legte seinem Gegenüber eine Hand auf die Schulter. »Kehrt heim, Castagna«, sagte er. »Um den Heiligen Vater kümmere ich mich allein. Sorgt Euch nicht.« Ohne ein weiteres Wort wandte er sich um und verließ mit schnellen Schritten die Präfektur.
20
Am darauffolgenden Morgen versammelten sich die Nonnen in der kleinen Kapelle des Petersdoms zum Frühgebet. Mutter Prudenzia hielt nur eine kurze Predigt. Danach gingen die Nonnen ihren Aufgaben nach.
Giulia hielt nach Fulvia Ausschau, doch diese war nirgends zu finden. Sie begab sich nach oben in die Gemächer des Papstes. Gazetti nahm sie in Empfang, instruierte sie knapp über den Tagesablauf, dann betraten beide die päpstlichen Räume. Giulia richtete die Blumen auf dem breiten Tisch Seiner Heiligkeit, goss Wasser in den goldenen Becher und achtete darauf, dass alles sauber und ordentlich war.
Es dauerte nicht lange, und Sixtus V. erschien.
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