Die Tochter des Kardinals
Tagen«, sagte Gazetti. »Die Vorbereitungen beginnen schon heute.«
Giulia dachte nach. »Wer begleitet uns?« Sie hoffte, dass auch Fulvia dem päpstlichen Gefolge angehören würde.
»Soldaten der Schweizergarde unter dem Kommando von Capitano Geller«, sagte Gazetti. »Die Kardinäle Rinaldi und Petit, Ordensleute der Benediktiner und Jesuiten, ausreichend Diener, um für das Wohl Seiner Heiligkeit und der hohen Herren zu sorgen, und wir beide.«
Die Enttäuschung, dass Fulvia nicht mitreisen sollte, überwand Giulia in Gedanken an Geller. Sie wäre am liebsten vor Freude in die Luft gesprungen, als sie hörte, dass der Capitano selbst die Gardisten anführen würde. »Ich bereite alles vor, Monsignore«, sagte sie.
»Noch ein Wort«, sagte Gazetti und hielt sie zurück. »Ich ersuche Euch um allergrößte Verschwiegenheit. Allein Ihr, der Capitano und die mitreisenden Kirchenmänner wissen um die Pläne Seiner Heiligkeit. Niemand darf zu früh davon erfahren.«
»Gewiss, Monsignore«, sagte Giulia. Sie verabschiedete sich und verließ die päpstlichen Gemächer.
Ihr Weg führte sie, wie an fast jedem anderen Tag auch, zu Kardinal Carafa. Seit der von ihm aufgedeckten und vereitelten Verschwörung durch Kardinal Pozzi hatte sie großes Vertrauen zu Carafa gefasst. Obwohl er ihr noch immer unheimlich war, hatte sie beschlossen, sein kühles, unergründliches Auftreten als Eigenart abzutun, die jeder Mensch besaß.
Sie betrat die Räume des Kardinals im Petersdom. Carafa stand grübelnd am Fenster.
»Der Frühling naht«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
»Ja«, sagte Giulia und trat näher. »Es ist wunderschön.«
Carafa wandte ihr das Gesicht zu. »Wunderschön?«, echote er und sah wieder hinaus. »Ja, vielleicht ist es das.«
»Ich habe Neuigkeiten zu berichten, Eminenz«, sagte sie.
Erst jetzt richtete Carafa seine Aufmerksamkeit auf die Nonne. »Ich höre.«
Giulia erzählte alles, was sie von Gazetti über die anstehende Reise des Papstes erfahren hatte.
»Wann bricht der Tross auf?«
»Schon in vier Tagen, Eminenz.«
Nachdenklich rieb Carafa über sein kantiges, glatt rasiertes Kinn. »Es ist gut«, sagte er. »Hab Dank, mein Kind.«
»Habt Ihr Order für mich für diese Reise, Eminenz?«, fragte Giulia.
»Nur die eine«, antwortete Carafa. »Schütze das Leben Seiner Heiligkeit, und wenn es dein eigenes Leben kosten sollte. Sei achtsam zu jeder Stunde.«
Giulia nickte, wandte sich um und ging.
Bis in den späten Nachmittag hinein saß Carafa fast unbeweglich da. Dann stand er auf, ließ seine Sänfte bereitmachen und kehrte heim in seinen Palazzo am Campo de’ Fiori.
In seinem Schlafgemach wartete Allegra auf ihn. Er beachtete sie kaum, sondern rief nach seinem Diener und ließ sich Straßenkleidung bringen.
Allegra ging auf Carafa zu. Dabei öffnete sie ihr Kleid und zeigte ihre üppigen Brüste. »Du schenkst deinen Dienern mehr Beachtung als deiner Geliebten, Callisto«, sagte sie.
Carafa zog ihr das Kleid bis über die Schultern hoch. »Ich habe keine Zeit für deine Spielchen«, sagte er. Aus einer Schublade zog er zwei Pistolen und lud sie.
Der Diener machte sich daran, Carafa auszuziehen, doch dieser schickte ihn fort.
»Du gehst wieder zu Anatol«, sagte Allegra.
»Ich gehe«, gab Carafa zurück. »Das sollte dir reichen.«
»Hm«, machte Allegra. Sie schlich um Carafa herum. »Das letzte Mal, als du zu Anatol gingst, hat ein Unbekannter zwei Tage später versucht, Seine Heiligkeit zu ermorden.«
Carafa sah sie an. »Was willst du damit sagen?«
»Nichts«, sagte Allegra. »Ich frage mich nur, ob das Leben des Heiligen Vaters erneut in Gefahr ist.«
»Um abschätzen zu können, ob du alsbald die Geliebte des neuen Papstes bist?«, fragte er.
Allegra lächelte. »Wie kommst du darauf?«
»Ich kenne dich und deinen Ehrgeiz, Allegra«, sagte Carafa. »Dir hat es nie gereicht, die Hure des Vizekanzlers zu sein. Du wolltest schon immer höher hinaus. Doch solltest du anderen gegenüber auch nur ein einziges Wort über das verlieren, was hier geschieht, wirst du dir wünschen, tot zu sein.«
Er wartete nicht auf ihre Antwort, sondern verließ den Palazzo und stieg auf sein Pferd.
Im Hurenviertel angekommen, hielt er auf Anatols windschiefes Haus zu. Er band sein Pferd davor an und ging hinein.
Anatol saß an dem kleinen Tisch gegenüber der Tür. Darauf standen zwei leere Flaschen, ein volles Glas und eine Pistole, deren Lauf zur Tür zeigte. »Ihr habt lange nichts
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