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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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von Euch hören lassen«, lallte er.
    »Du trinkst zu viel«, meinte Carafa.
    »Das Privileg der Sünder«, meinte Anatol.
    »Werde nüchtern«, befahl Carafa. »Ich habe einen Auftrag für dich.«
    »Bei Eurem letzten Auftrag habe ich um ein Haar mein Leben gelassen«, sagte Anatol. »Könnt Ihr nicht einen anderen Mann auftreiben, der für Euch mordet? Rom beherbergt genügend Schurken.«
    Carafa ging ohne ein Wort zu sagen in den Nebenraum. Gleich darauf kehrte er mit einem Eimer voll Wasser zurück und kippte es Anatol mitten ins Gesicht. Dann warf er den Eimer achtlos fort, packte Anatol am Kragen und zog ihn vom Stuhl hoch. »Hör mir genau zu«, zischte er. »Ich habe dir ein Vermögen für deine Dienste bezahlt. Glaubst du, es ist deine Entscheidung, einen Auftrag anzunehmen oder abzulehnen? Du tust, was ich dir sage. Hast du mich verstanden, Trunkenbold?«
    Anatol versuchte, sich aus dem Griff zu befreien, doch Carafas Hände waren stärker. Schließlich sackte er in sich zusammen. Tropfnass stand er da und blickte in Carafas rabenschwarze Augen. »Verzeiht«, sagte Anatol. »Das untätige Herumsitzen in diesem Haus und der Wein haben mich geschwächt und irre gemacht. Gewiss tue ich alles, was Ihr mir befehlt.«
    Carafa ließ von ihm ab. »Ich will dir deinen Ungehorsam verzeihen.«
    »Habt Dank«, sagte Anatol und neigte den Kopf.
    »Nun höre, was ich dir zu sagen habe«, sagte Carafa. »In vier Tagen begibt der Papst sich auf eine Reise in seine alte Heimat. Du nimmst ebenfalls an dieser Reise teil.«
    » Ich? «, fragte Anatol. Verwirrt sah er den Kardinal an. »Wie soll ich zu der erlesenen Gesellschaft stoßen?«
    »Du bist noch im Besitz der Gardeuniform?«
    »Ja«, sagte Anatol. Dann schien ihm zu dämmern, worauf der Kardinal hinauswollte. »Ihr verlangt von mir, dass ich mich unter die Gardisten mische, die den Papst eskortieren?«
    »Genau das«, sagte Carafa.
    »Und wenn man mich erkennt?«, fragte Anatol.
    »Hast du mir nicht selbst gesagt, dass niemand, der dich gesehen hat, noch unter den Lebenden weilt?«, fragte Carafa.
    »Das waren meine Worte«, sagte Anatol. Offenbar wollte er noch etwas hinzufügen, denn er öffnete den Mund. Aber dann schaute er nur zu Boden und schwieg.
    »Ich sorge dafür, dass du ordentliche Papiere erhältst«, sagte Carafa. »Begib dich in drei Tagen zu später Stunde in den Petersdom. Trag die Kleider der Garde und such mich in meinen Räumen auf.«
    Anatol nickte. »Wann soll ich den Heiligen Vater töten?«
    »Den Zeitpunkt wählst du selbst«, erklärte Carafa. »Es ist mir egal, ob du ihn auf der Hinreise, in seinem Heimatort oder auf dem Rückweg nach Rom tötest. Wichtig ist nur, dass er die Stadt nicht mehr lebend betritt.«
    »Meine Bezahlung?«, fragte Anatol.
    Carafa lächelte kalt. »Ich habe dir zehntausend Scudi für die Ermordung des Papstes gegeben«, sagte er. »Du hast deinen Auftrag nicht erfolgreich abgeschlossen. Hiermit gebe ich dir eine zweite Chance.«
    »Ich verstehe«, sagte Anatol.
    Carafa wandte sich um und verließ das ärmliche Haus.
    Anatol ging in einen Nebenraum, kehrte mit einer vollen Flasche Wein zurück und goss sein Glas voll bis zum Rand.
    Am Abend vor der Abreise standen Giulia und Fulvia mitten auf dem staubigen Petersplatz vor dem riesigen Obelisken, der in den römischen Himmel ragte. Es war stockdunkel, allein das Licht des Mondes fiel auf die Gesichter der Nonnen.
    »Ich werde dich vermissen«, sagte Fulvia.
    »Es ist sehr schade, dass du nicht mit uns reisen darfst«, sagte Giulia. Trauer schwang in ihrer Stimme mit.
    Ein schiefes Lächeln zeichnete sich auf Fulvias Gesicht ab. »Ich gehöre nicht zum engsten Kreis Seiner Heiligkeit«, sagte sie. »Aber Capitano Geller leistet dir gewiss Gesellschaft, wenn du dich einsam fühlst.«
    Giulia versuchte, Spott auf Fulvias Gesicht zu entdecken, doch es war zu dunkel. »Du verhöhnst mich.«
    »Keineswegs«, entgegnete Fulvia. »Doch kannst du nicht verleugnen, dass ihr euch nahesteht. Ach, könnte ich ihm nur so nah sein wie du.«
    »Für eine Braut Christi bist du recht keck«, meinte Giulia.
    »Ich bin ehrlich«, sagte Fulvia. »Ich gebe zu, dass auch mich in der einen oder anderen Nacht die Fleischeslust überkommt. Nur dass ich nicht in die Zelle einer anderen Schwester schleiche, wie das bei einigen Nonnen üblich ist.«
    Giulia glaubte, sich verhört zu haben. »Was hast du gesagt?«, fragte sie mit aufgerissenen Augen.
    Fulvia stemmte die Arme in die Hüften.

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