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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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unseres Volkes, Gaspare. Sollen die Aragóner mit den Franzosen kämpfen. Und die Genueser gegen die Pisaner. Warum aber jene Kriege miteinander verbinden?«
    Das Licht der Mondsichel fiel auf Gaspare, nicht strahlend, sondern schmutzig. Wie Staubfaden zogen Wolken daran vorbei, zu dünn, um es zu verstellen, aber ausreichend, um Schatten in Gaspares Gesicht tanzen zu lassen.
    »Das weißt du so gut wie ich«, erwiderte jener. »Jeder Krieg dieser Welt hat mit irgendeinem anderen zu tun. Die Franzosen stehen auf Seite der Weifen und folglich auf der Seite Genuas. König Pere hingegen ist ein Schwiegerenkel des Staufers Friedrich, was ihn zu dessen Parteigänger macht, und die Pisaner ...«
    Er brach ab, als wäre damit genug gesagt. Er hatte ruhig gesprochen, erklärend wie zu einem Kind. Und doch verriet sein heiserer Tonfall höchste Anspannung, desgleichen, dass seine Worte nicht Vorspiel eines seichten Geplänkels über die großen Ereignisse der Zeit waren, sondern unterdrückte Drohung.
    »Pah! «, rief Ramón abfällig aus. »Komm mir nicht mit Politik. Die interessiert mich nicht. Hier auf der Insel zählt auch nicht, was die hohen Herren tun und denken und planen. Hier geht es um Macht und um Land. Und du, Gaspare, du bist zu spät gekommen. Wir haben gemeinsam mit Corrado de Lancia die Franzosen ganz ohne dein Zutun von Malta vertrieben!«
    »Dein Pech nur, Ramón«, gab Gaspare leise zurück, »dass der König mir das nicht vorwirft, weil er selbst mich schließlich just in dieser Zeit an seinen Hof geschickt hat. Er weiß genau, dass er auf mich zählen kann – ich war in Collo sein wichtigs- ter Verbündeter, habe damals fast sämtliche Verhandlungen mit den Muselmanen geführt. Und später in Sizilien habe ich ausreichend bewiesen, dass ich keinen Kampf scheue. Ja, der König weiß, dass sich sein Vertrauen in mich lohnt!«
    »Und ich weiß, dass du hier nichts verloren hast! Genauso wenig wie die Sizilianer, die sich hier mehr und mehr breitmachen, weil sie denken, Pere hätte nicht nur ihre eigene Insel für sie befreit, sondern diese hier gleich mit. Alle miteinander habt ihr sie nicht verdient!«
    Seine Stimme wurde nicht lauter, aber giftiger.
    »Darüber hast du ganz gewiss nicht zu entscheiden«, entgegnete Gaspare mürrisch. »Ich mach dir freilich gern ein Angebot: Ich bin nicht gekommen, um mich mit dir zu bekriegen, Ramón. Dieses karge Fleckchen Erde ist gewiss nicht groß, sollte aber für uns beide langen. Also mag gelten: Ich mache dir nichts streitig. Tu du es desgleichen nicht. Dieser Bursch und dieses Mädchen gehören mir. Sie haben den Rang von Sklaven – und Sklaven, die ihrem Herrn davongelaufen sind, dürfen von niemandem anderen aufgenommen werden. So ist das Gesetz, und das weißt du so gut wie ich.«
    Ramón löste seine Arme von der Brust, langte mit einer Hand nach Caterina, ohne sie freilich anzufassen.
    »So soll ich dir also die Seejungfrau wiedergeben? Nicht wirklich hübsch, aber jung. Gefällt sie dir? Das sollte mich wundern. Man sagt dir nach, dass du noch nie eine Frau hattest – dich nur nach deiner schönen Mutter verzehrst.«
    Caterina sah aus den Augenwinkeln kaum mehr als einen Schatten huschen. Dann stand Gaspare schon direkt vor Ramón: Er hatte lautlos seinen Dolch gezückt und hielt die silbrig glitzernde Waffe an des Fetten Kehle. So viel Schnelligkeit schien jener seit langem nicht mehr erlebt zu haben, denn kurz schwand seine Gelassenheit, und seine Augen weiteten sich schreckerfüllt.
    »Gemach, gemach«, murmelte er, nicht länger knurrend, sondern kieksend. »Ich habe ihr nichts getan. Und der Bursche ist kräftig. Der verträgt ein paar Fauststöße. Wenn du unbedingt willst – dann behalte sie eben!«
    In Gaspares Miene regte sich nichts. Nur die Lippen schienen noch bläulicher zu glänzen.
    »Gut«, sagte er leise, zog den Dolch zurück und drehte sich um, ohne noch länger auf Ramón zu achten. Mit starrem Rücken ging er zurück zum Boot und blickte sich selbst nicht um, als er seinen Männern den Befehl zurief: »Fesselt sie an Händen und Füßen und bringt sie zurück aufs Schiff.«
    Schmerzhaft schnitt das Hanfseil in Caterinas Gelenke. Eben noch für die wundersame Rettung dankbar, ward sie so roh zum Boot geschleift, dass erneut nichts anderes ihren Geist ausfüllte als Schmerz und Furcht.
    Ray schien es ähnlich zu ergehen, denn er war bleich und stumm wie sie. Erst als sie das Deck erreicht hatten und die Männer – offenbar einem

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