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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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sein können, dass Fauressas Sohn noch auf sie wartete, sie wieder zurückbringen würde zu seiner Mutter, sie dort bei ihr leben könnte. Oh, wie gerne würde sie nun bei der klagenden, spuckenden Alten sitzen, und wär’s auch in einer raucherfüllten Stube – nur nicht in einer, die stank wie diese: nach Wein, nach Schweiß, nach dicht aneinandergedrängten, johlenden Leibern. Zumindest kam es ihr vor, als wären die Münder sämtlich geöffnet und man würde schreien.
    Caterina hielt sich die Ohren zu, drang jedoch beherzten Schrittes tiefer in den niedrigen Raum vor, Nein, Fauressas Sohn würde nicht draußen warten, sie nicht zurückbegleiten, und Fauressa selbst würde sie nicht ewig durchfüttern. Sie musste den Vetter ihres Vaters finden, auch wenn dies bedeutete, dass nun einige der hier Sitzenden, Würfelnden auf sie aufmerksam wurden, grinsend die schiefen Mäuler verzogen, ihr manches Wort zuriefen.
    »Hast dich verlaufen, Kleine? Oder kommst du, um uns zu unterhalten?«
    Irgendeiner streckte die Hand nach ihr aus, berührte sie sacht an der Schulter. Es traf sie wie ein Keulenschlag. Die Menschen, denen sie in den letzten Wochen begegnet war, hatten ihr mit ihren Stimmen, ihren Gerüchen zugesetzt – aber sie niemals angefasst. Das hatte auch der Vater nie getan, zumindest nicht in der Zeit, an die sie sich erinnern konnte, desgleichen nicht die Mutter. Nur an Lordas dickem Leib hatte sie manchmal den Kopf ausgeruht – wenn die gutmütige Frau sie an sich presste, überzeugt, dass man ein Kind nicht nur mit religiöser Unterweisung und Unterricht im Schreiben und im Lateinischen aufzieht, sondern auch mit Umarmungen und Liebkosungen.
    Nun zuckte sie zusammen, riss die Hände von den Ohren, fuchtelte damit um sich, um der Berührung zu entgehen – ziel- los, denn die Luft war zu dick und diesig, als dass sie etwas hätte erkennen können.
    »Hehe, Mädchen! Nicht so wild! Schutt mir meinen Wein nicht aus!«
    »Das wäre gar nicht mal das Schlechteste! Hast eh schon zu viel gesoffen!«
    Jene Stimme gehörte der einzigen Frau in der Spelunke, der Statur Lordas gleichend, aber ohne deren warmen, zugleich immer ein wenig empörten, weil verständnislosen Blick. Blaue Augen, fast ins Weiße übergehend, als wäre sie blind, richteten sich auf Caterina, stechend und verächtlich.
    »Was willst du, Mädchen?«, fragte sie streng.
    Caterina war so abrupt dem Mann ausgewichen, der nach ihr gefasst hatte, dass sie unversehens an eine andere Gruppe der hier Sitzenden stieß. Jene hatten das Mädchen kaum beachtet, aber drehten sich jetzt belustigt nach ihr um. Wieder erreichten sie zotige Wortfetzen, doch diesmal verstand sie sie nicht. Auch ohne dass sie sich schützend die Hände davor hielt, schienen die Ohren mit einem Male taub zu werden, desgleichen wie das Bild vor ihren Augen in viele kleine, unzusammenhängende Pünktchen zerstob. Der lange Fußmarsch bis zu diesem Dorf und die stickige, schlechte Luft hier drinnen ließen sie schwindeln. Obwohl sie wusste, dass dies nicht der richtige Augenblick war, um ohnmächtig zu werden, deuchte es sie zugleich doch auch verheißungsvoll, solcherart von diesem Ort zu entfliehen.
    Die Wirtin ließ es freilich nicht zu, kam schweren Schrittes auf sie zugetrabt, packte sie am Arm und wiederholte die Frage. »Was willst du, Mädchen!«
    Die Haut ihres Gesichts war so bläulich hell wie die Augen, eingefallen um Nase und Mund, aufgeschwemmt am Kinn. Ihr harter Griff brachte Caterina wieder zur Besinnung, sie schüttelte den Kopf, hörte ein Rauschen, und das Bild vor ihren Augen klärte sich wieder.
    »Fasst mich nicht an!«, schrie sie panisch. »Fasst mich nicht an!«
    »Ich schmeiß dich gleich raus, du! Das ist kein Ort für dich!«
    »Wo ... wo ist Raimon de Mont-Poix? Er ist der Vetter meines Vaters, und ich suche ihn!«
    Mit einem Mal wurde es sehr still in der Gaststätte. Das belustigte Rufen erstarb, desgleichen das stetige Gemurmel, nur das Klappern von Würfeln war nun zu hören.
    Die Wirtin, die Caterina immer noch gepackt hielt, musterte sie von oben bis unten. Ihr stechender Blick wurde ungläubig. »Das glaub ich ja nicht, dass eine wie du Rays Geschmack trifft«, meinte sie abfällig. Offenbar hatte sie von Caterinas Worten nur jene wahrgenommen, wonach sie Ray suchte, nicht, dass er ihr Verwandter wäre.
    Caterina schoss das Rot ins Gesicht.
    »Ray!«, rief da jedoch schon jener Mann, der sie zuerst berührt hatte. »Ray! Ich wusste gar nicht, dass

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