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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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aber trotzdem, wen kümmert’s. Statt der Uxor hat mich die Concubina geworfen. Gute Frauen, alle beide. Leider auch mausetot. Und mit ihnen hinüber ist all das Geld, das wir noch hatten. Meinem Alten wollte der fromme König Louis ja nichts wiedererstatten. Er hat’s nicht so gut getroffen wie deiner. Irgendwas musste der angestellt haben, dass man ihm die Rückkehr zur heiligen Kirche glaubte. Nun gut, die Weiber, so sie denn brav waren, wurden vom Urteil der heiligen Inquisition gerne mal ausgespart. Und darum bekam meine Muter eine Rente, von der sich leben ließ ... äh, meine Stiefmutter natürlich. Sagt man so zur Gattin seines Vaters, dessen Bastard man ist? ... Oh, ich sehe schon, der Wein macht mir das Sprechen schwer. Ich sollte nichts trinken. Man denkt ja gern von einem wie mir, dass ich ein Säufer wär, so liederlich, wie ich daherkomme. Aber soll ich dir etwas verraten, liebe ... wie heißt du noch? Bist du eigentlich meine Base? Oder meine Tante, meine Nichte? Sei’s drum. Jemand wie ich also ...«
    Er machte eine Bewegung, als würde er sämtliche Knochen durcheinanderschütteln, um sie hernach neu zu erheben, wie eine Marionette, deren Fäden eine Weile lasch hängen, ehe sie wieder gezogen werden.
    Immerhin brachte jene Geste den munteren Fluss an Worten zum Versiegen. Caterina schüttelte sich, als wäre sie klatschnass davon. Unmöglich war es ihr, jedem einzelnen Satz nachzugehen, wiewohl er so viele Fragen forderte.
    »Ich ... ich brauche deine Hilfe«, stammelte sie, hoffend, dass er schweigen würde, wenn sie nicht in den Tiefen des Gesagten stocherte. Sie wollte auch gar nicht wissen, was darunter vergraben war. Genug zumindest, was nach Unanständigem, Gottlosem, Sündigem schmeckte. »Mein Vater ... sie haben meinen Vater der Ketzerei bezichtigt. Sie sind gekommen, mitten in der Nacht, die Männer ... und auch Lorda ist tot ... sie haben das Haus über unserem Kopf angezündet.«
    Die Worte brachen aus ihr heraus, aber schienen ihn nicht zu erreichen, sondern sich in der dunstigen Luft zu verfangen.
    »Bitte!«, klagte sie. »Bitte, du musst mir helfen!«
    Jetzt endlich zog Ray die rechte Augenbraue ein wenig nach oben.
    »Das trifft sich gut«, raunte er plötzlich und grinste verschwörerisch. »Ich brauche nämlich unbedingt jemanden, der mich hier rausholt.«
    Sie verstand weder seine Worte noch das Augenzwinkern, das ihnen folgte. Sie hatte auch keine Zeit, es zu deuten, denn plötzlich stöhnte Ray in einem fort »O Gott, o Gott, o Gott!«, kippte nach vorne, um sich gequält den Leib zu halten, und wurde so leichenblass, als würde er augenblicklich sterben.
    »Ist es besser? Geht es dir wieder gut?«
    Die Fragen klangen mäßig besorgt. Auf dass sie keine Fontäne seines restlichen Mageninhalts treffen könne, blieb Caterina Ray fern, kaum dass sie das Wirtshaus verlassen hatten. Beim Weg hinaus hatte sie ihn noch gestützt, schwankend, ob es besser war, die Berührung mit einem Mann zu meiden, gleichwohl er ein Verwandter war, oder ob sie das Mindestmaß an gebotener Fürsorglichkeit für einen ganz offensichtlich Leidenden aufbringen sollte.
    Schließlich entschied sie sich für das Zweite, weil keiner der anderen in der Wirtsstube bereit war zu helfen, lediglich die Wirtin – offenbar einzig an ihrer Zeche interessiert – zu brüllen begann, dass Ray sich hüten möge, ihr erneut den Boden vollzuspucken oder womöglich gar vor ihren aufgeschwemmten Füßen zu krepieren.
    »Frische Luft!«, hatte Ray gestöhnt. »Ich brauche frische Luft! Sonst sterbe ich!« 68
    So hatte ihm Caterina denn den Arm geboten und er ihn genommen, beängstigend weiß im gelblichen Licht. Draußen war der Tag – fast ohne Dämmerung – vom matten Nachmittags- licht in den schwarzen Abend verrutscht, erhellt einzig vom Mond. In dessen gebrochenem Schein war Ray kaum mehr ein dunkler Schatten. Immerhin schien er allein stehen zu können, ja, wurde von Atemzug zu Atemzug kräftiger.
    Also stirbt er nicht, dachte Caterina erleichtert.
    Freilich erklang da schon ein Laut aus seinem Mund, der jeglicher Ahnung widersprach, wonach es um seine Lebenskraft knapp bestellt gewesen wäre. Anstatt erneut zu würgen, warf Ray den Kopf in den Nacken und kicherte los. »Gut gemacht, Base! Bist vorzüglich auf mein Spiel eingegangen!«
    »Aber ...«
    Aus dem leisen Kichern wurde ein lautes Lachen, gefolgt von kecken Sprüngen im Kreis, von denen Caterina vermeinte, dass solche nur eine Höllenkreatur vollziehen

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